Nach Hinrichtung von Deutsch-Iraner Bundesregierung schließt alle iranischen Generalkonsulate
Nach der Hinrichtung des Deutsch-Iraners Sharmahd hat Außenministerin Baerbock weitere Sanktionen angekündigt. Die drei iranischen Generalkonsulate in Frankfurt, München und Hamburg werden geschlossen. Die Botschaft in Berlin bleibt offen.
Als Reaktion auf die Hinrichtung des deutsch-iranischen Doppelstaatsbürgers Djamshid Sharmahd schließt die Bundesregierung alle drei iranischen Generalkonsulate in Deutschland. Wie Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mitteilte, handelt es sich um die diplomatischen Vertretungen in Frankfurt am Main, Hamburg und München. Die Botschaft in Berlin soll aber geöffnet bleiben, so die Grünen-Politikerin.
Betroffen sind 32 iranische Konsularbeamte, die ihr Aufenthaltsrecht verlieren und ausreisen müssen, sofern sie nicht auch die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Die Reaktion auf die Hinrichtung fällt damit härter aus als von vielen erwartet.
Baerbock: "Kaltblütige Ermordung"
Baerbock teilte mit, die Bundesregierung habe Teheran in der Vergangenheit "unmissverständlich klargemacht", dass eine Hinrichtung Sharmahds "schwerwiegende Folgen" habe. Sie habe erst vor einem Monat mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghchi in New York über den Fall gesprochen. Die "kaltblütigen Ermordung" unterstreiche, dass das iranische "Unrechtsregime auch mit dem jüngsten Wechsel an der Spitze weiter in voller Brutalität agiert".
Die Bundesaußenministerin kündigte außerdem an, sie werde in Brüssel verstärkt darauf drängen, die Iranischen Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste setzten zu lassen. In den USA und Kanada sind die Elitestreitkräfte bereits als Terrororganisation gelistet.
Verurteilung heftig kritisiert
Irans Justiz hatte Sharmahds Hinrichtung am Montag bekanntgegeben. Er wurde im Frühjahr 2023 in einem umstrittenen Prozess nach Terrorvorwürfen zum Tode verurteilt. Hintergrund dürfte sein Engagement in der iranischen Exil-Oppositionsgruppe "Tondar" (Donner) sein. Die iranische Staatsführung wirft der Organisation vor, für einen Anschlag im Jahr 2008 in der Millionenstadt Schiras mit mehreren Todesopfern verantwortlich zu sein.
Die Bundesregierung, Angehörige und Menschenrechtler wiesen die Anschuldigungen gegen Sharmahd vehement zurück und bezeichneten den Prozess gegen ihn als grob unfair. Er durfte keinen eigenen Anwalt wählen, und sein Aufenthaltsort blieb bis zuletzt unbekannt. Geständnisse, die im Staatsfernsehen ausgestrahlt wurden, könnten unter Folter erzwungen worden sein. Den Vorsitz im Sharmahd-Prozess hatte Abolghassem Salawati, auch bekannt als "Richter des Todes", der von den USA und der Europäischen Union mit Sanktionen belegt wurde.
Neuer Tiefpunkt der Beziehungen
Die ohnehin schon stark eingeschränkten deutsch-iranischen Beziehungen sind mit der Schließung der Generalkonsulate auf einem neuen Tiefpunkt angelangt. Es ist gut möglich, dass der Iran zu Gegenmaßnahmen greift. Bereits nach dem Todesurteil gegen Sharmahd hatte das Auswärtige Amt zwei iranische Diplomaten ausgewiesen. Der Iran reagierte mit der Ausweisung derselben Zahl deutscher Diplomaten. Das ist ein übliches Vorgehen in solchen Fällen.
Baerbock sagte, dass die deutsche Botschaft in Teheran weiter aufrechterhalten werde, auch um die Fälle weiterer Deutscher, die im Iran zu Unrecht in Haft seien, zu betreuen. Der deutsche Botschafter in Teheran, Markus Potzel, wurde zu Konsultationen nach Deutschland zurückbeordert. Er hat den Iran inzwischen verlassen. Wann er zurückkehrt, ist völlig offen.
Die Europäische Union berät auch über weitere Sanktionen gegen den Iran. Dabei könnte es um Personen gehen, die mit der Hinrichtung, Inhaftierung oder dem Gerichtsverfahren zu tun haben.
Drastische diplomatische Reaktion
Generalkonsulate verfolgen vor allem Aufgaben im Rechts- und Konsularwesen - etwa die Ausstellung oder Verlängerung von Ausweispapieren. Diese Aufgabe wird künftig die iranische Botschaft in Berlin wahrnehmen müssen, die weiter geöffnet bleibt. In Deutschland leben dertzeit rund 300.000 Menschen mit iranischen Wurzeln.
Die Anordnung zur Schließung ausländischer Konsulate gilt im Instrumentenkasten der Diplomatie als besonders drastische Maßnahme. Bisher griff die Bundesregierung nur einmal zu einer solchen Strafmaßnahme: Infolge des Angriffs auf die Ukraine wurden vier russische Generalkonsulate geschlossen, allerdings mit Verzögerung.
Die Entscheidung wurde erst 15 Monate nach der russischen Invasion im Mai 2023 als Reaktion auf die Ausweisung Hunderter deutscher Staatsbediensteter getroffen und erst zum Jahreswechsel 2023/2024 umgesetzt.