Schatten einer Familie
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Geplante Entlastungen Was sich bei Kindergeld und Steuertarif ändert

Stand: 20.12.2024 12:29 Uhr

Mehr Kindergeld, weniger Steuern: Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat für den Ausgleich der kalten Progression und für mehr Unterstützung für Familien gestimmt. Was heißt das konkret?

Es geht um ein Gesetz mit zwei maßgeblichen Inhalten: Die sogenannte kalte Progression bei der Einkommensteuer soll ausgeglichen werden und Familien sollen mehr Unterstützung bekommen.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte betont, nach dem Bruch seiner Ampelkoalition dieses Gesetz unbedingt vor Weihnachten noch durchbringen zu wollen. Die Entlastungen sollen auch helfen, die Wirtschaft aus ihrer Flaute zu holen. Was wurde konkret beschlossen?

Kindergeld, Sofortzuschlag, Freibetrag

Das Kindergeld steigt 2025 um fünf Euro auf 255 Euro monatlich, 2026 um weitere vier Euro auf 259 Euro.

Der Kindersofortzuschlag steigt von 20 Euro auf 25 Euro im Monat. Der Zuschlag wird seit Juli 2022 Kindern und Jugendlichen gewährt, die Bürgergeld oder Sozialhilfe beziehen oder deren erwerbstätige Eltern nur über ein geringes Einkommen verfügen.

Der steuerliche Kinderfreibetrag wird zum Januar um 60 Euro auf 6.672 Euro angehoben werden. Im Jahr 2026 steigt er um weitere 156 Euro auf 6.828 Euro. 

Durch diese Maßnahmen wird laut Berechnung der Grünen eine Familie mit zwei Kindern und einem Einkommen von 60.000 Euro im kommenden Jahr um 306 Euro entlastet. 

Kalte Progression

Durch den ansteigenden Steuertarif müssten Bürgerinnen und Bürger ohne die Reform ab Januar auch dann mehr an den Fiskus zahlen, wenn ihre Gehaltserhöhung nur die Inflation ausgleicht. Diesen Effekt nennt man kalte Progression.

Um das zu verhindern, werden mehrere Eckwerte im Steuertarif so verschoben, dass höhere Steuersätze erst später greifen. Unter anderem wird der Grundfreibetrag um 312 Euro auf dann 12.096 Euro angehoben, also der Teil des Einkommens, der nicht besteuert wird. Im Jahr 2026 steigt er noch einmal, dann auf 12.348 Euro.

Grundlage sind Berechnungen zum Effekt der Inflation und zum Existenzminimum in Deutschland. Die anderen Eckwerte des Steuertarifs werden um 2,6 Prozent verschoben. Das sorgt dafür, dass man nicht allein wegen der Inflation mehr Steuern zahlen muss.

Auch die Freigrenze für den Solidaritätszuschlag wird angepasst. Nur die Grenze für die Reichensteuer, die noch über dem Spitzensteuersatz liegt, bleibt gleich.   

Kalte Progression
Die kalte Progression entsteht, wenn moderate Gehaltserhöhungen nur die Inflation ausgleichen, der Arbeitnehmer durch sie aber in einen höheren Einkommensteuertarif rutscht. So muss er mehr Steuern zahlen (Progressionseffekt). Weil die Inflation die Erhöhung einerseits auffrisst, und wegen der höheren Steuern andererseits sinkt seine Kaufkraft also.

Weil die Finanzbehörden von diesem Modell überproportional profitieren, sprechen Politiker, die die kalte Progression abschaffen wollen, auch von "heimlichen Steuererhöhungen". Bekämpft werden kann der Effekt, indem der Verlauf der Steuertarife geändert wird - auch "Steuerbremse" genannt.

Weniger Einnahmen für Länder

Besonders die Anpassungen im Steuertarif sorgen dafür, dass den Bundesländern Steuereinnahmen verloren gehen. Nach Rechnung des Haushaltsausschusses nehmen die Länder durch das Gesetz im kommenden Jahr rund 2,6 Milliarden Euro weniger ein, im Jahr 2026 sogar fast 5,2 Milliarden. 

Bund, Länder und Gemeinden zusammen müssen im nächsten Jahr mit Mindereinnahmen von fast 7,2 Milliarden rechnen. Perspektivisch haben sie sogar Kosten von mehr als 13,5 bis 14,8 Milliarden Euro. 

Laut Rechnung trotzdem weniger Netto vom Brutto

Das Institut der deutschen Wirtschaft hat errechnet, dass viele Haushalte trotz der Entlastungen im neuen Jahr weniger Geld zur Verfügung haben werden. Denn gleichzeitig steigen die Sozialabgaben - und die Steuerentlastungen könnten das nicht ausgleichen. 

Für einen Single mit einem Durchschnittseinkommen von 50.000 Euro brutto im Jahr würde sich die Mehrbelastung demnach nur von 233 Euro auf 38 Euro netto im Jahr reduzieren. Auch bei Alleinerziehenden reichten Kindergelderhöhung und veränderter Einkommensteuertarif oft nicht aus, um aus dem Minus ein Plus zu machen. Nur gemeinsam veranlagte Paare mit Kindern könnten sich je nach Einkommenshöhe über mehr Geld freuen.

Wirkung wohl nur rückwirkend

Auch wenn das Gesetz noch vor Jahresende beschlossen wird, werden Bürgerinnen und Bürger die steuerlichen Entlastungen wohl im Januar noch nicht konkret spüren.

Wie es im Finanzministerium hieß, dauert es eine Weile, bis sie in der Verwaltung nachvollzogen sind und dann auf Gehaltszetteln sichtbar werden. Das höhere Kindergeld dagegen soll im Januar bereits ausgezahlt werden.

Die Vorhaben sind Bestandteile des ursprünglich von der Ampel-Regierung geplanten Steuerfortentwicklungsgesetzes. Dieses sah zudem auch Entlastungen für die Wirtschaft vor, etwa zur Förderung der E-Mobilität oder durch günstigere Abschreibungsregeln. Dies scheiterte jedoch am Widerstand von Union und FDP. Auch eine ursprünglich geplante Änderung des Systems der Steuerklassen wurde gestrichen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 20. Dezember 2024 um 11:00 Uhr.