Christian Lindner
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Kriselnde FDP Reif für einen kompletten Neuanfang

Stand: 02.12.2024 16:19 Uhr

Die FDP ist angeschlagen und das Image von Parteichef Lindner angeknackst, meint Lissy Kaufmann. Die Liberalen brauchen Veränderung - auch personell. Das weiß auch Lindner.

Ein Kommentar von Lissy Kaufmann, ARD-Hauptstadtstudio

Buschmann soll es richten. Der Ex-Justizminister soll die FDP jetzt als Generalsekretär durch einen schwierigen Wahlkampf führen. Erwartbar und nachvollziehbar. Echtes Aufräumen in der Partei sähe aber anders aus. Buschmann ist ein enger Vertrauter Christian Lindners und war Teil des FDP-Zirkels, der den Ampel-Bruch mit vorbereitet hat. Der Schmutz der "D-Day"-Affäre klebt auch an ihm.

Vielmehr müsste die FDP sich jetzt fragen, ob es nicht langsam Zeit ist für einen echten Neuanfang. Für eine komplett neue Spitze. Eine, die vielleicht sogar weiblicher ist. Gerade mit Blick auf junge Wähler. Und mit Blick auf die miserablen Umfragewerte und die Angst, dass die Partei es wieder nicht in den Bundestag schafft.

Wenig Raum für die neue FDP-Generation

Die FDP hat nach dem Desaster der vergangenen Wochen und Monate dringend frischen Wind nötig. Das Problem: Politischen Nachwuchs gibt es zwar. Aber der ist längst nicht so weit, schon jetzt die Verantwortung übernehmen zu können. Eine neue Politiker-Generation in der FDP konnte sich in den vergangenen Jahren kaum in Stellung bringen.

Die FDP ist eine Lindner-Partei geworden. Eine, in der vor allem nur die engsten Vertrauten Lindners in Spitzenämter gekommen sind. Es sind fast ausschließlich Männer.

Lindners Ego wirft große Schatten

Der Erfolg hat Christian Lindner unumstritten und unantastbar gemacht: Unter ihm ist die FDP wieder zu einer Regierungspartei geworden, nachdem sie 2013 aus dem Bundestag geflogen war. Lindners Ego wirft so große Schatten, dass Nachwuchs-Pflänzchen in der Partei nicht wirklich heranwachsen konnten. Kritik? Nicht zu hören. Konkurrenz? Fehlanzeige. Revolution gegen den Parteichef? Ausgeschlossen. Bisher.

Die FDP ist angeschlagen. Das Image von Lindner angeknackst. So selbstbewusst er sich auch geben mag: Lindner weiß selbst, dass es Veränderung braucht. Allerdings: Wenn er jetzt sagt, man müsste "ein kleines bisschen mehr Milei und Musk wagen", dann ist das sicher nicht der Neuanfang, den die freien Demokraten in Deutschland wirklich nötig hätten. Sie brauchen sicher nicht den Geist eines größenwahnsinnigen Milliardärs, der Verschwörungstheorien einen Raum gibt. Und auch nicht den Geist eines populistisch-aggressiven argentinischen Präsidenten.

Wie wäre es stattdessen, mal zu schauen, wer in der Partei schon in den Startlöchern steht? Da gäbe es zum Beispiel die 35-jährige Gyde Jensen oder den gleichaltrigen Konstantin Kuhle.

Alles wird jetzt davon abhängen, wie erfolgreich Parteichef Lindner und Generalsekretär Buschmann die Partei durch die kommenden Wochen führen. Und ob es die FDP wieder in den Bundestag schafft. Spätestens wenn das nicht gelingt, muss die Partei einen echten Neuanfang wagen. Sie sollte sich schon jetzt darauf vorbereiten. 

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Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 02. Dezember 2024 um 13:25 Uhr.