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Gesetzesentwurf im Bundestag Was die Klinikreform vorsieht - und was ihr droht

Stand: 17.10.2024 05:09 Uhr

Zwei Jahre lang hat die Ampelkoalition um die Krankenhausreform gerungen - heute stimmt der Bundestag ab. Auf die Kliniken dürften große Veränderungen zu kommen, wenn die Länder nicht dazwischen grätschen.

Der Bundestag soll heute den Gesetzentwurf zur Krankenhausreform verabschieden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach spricht von der größten Gesundheitsreform seit 20 Jahren. Die Zustimmung im Bundestag heute gilt als gewiss. Die Kritik kommt vor allem aus den Ländern.

Was ändert sich für Patientinnen und Patienten?

Kernstück der Reform ist eine stärkere medizinische Spezialisierung. Vor allem die kleineren Krankenhäuser sollen künftig weniger Leistungen anbieten und sich auf jene Eingriffe beschränken, die sie gut beherrschen. Auf Patientinnen und Patienten könnten also längere Wege bis zum nächsten zuständigen Krankenhaus zukommen - sie sollen dafür aber eine bessere Behandlung bekommen. 

Die einzelnen Behandlungsarten werden durch das Gesetz in 65 Leistungsgruppen eingeteilt - wie etwa Herzchirurgie, Leukämie oder Darmtransplantation. Welches Krankenhaus künftig welche Leistungsgruppen anbieten darf, entscheiden die Behörden der Länder. Die Kliniken müssen dafür ein bestimmtes Qualitätsniveau sowie ausreichend Personal nachweisen können. Nur wenn sie diese Kriterien erfüllen, sollen sie für die Behandlung bezahlt werden können.

Welche Rolle spielt das Geld?

Die schlechte Finanzlage der Kliniken hatte den Anstoß zu der Reform gegeben. Etwa 30 Prozent der Kliniken schreiben rote Zahlen. Die Reform soll eine "Ent-Ökonomisierung" des Krankenhauswesens bringen, sagt Gesundheitsminister Lauterbach.

Wichtigste Änderung: Die bisherige Vergütung über Fallpauschalen soll eingeschränkt werden, weil sie erhebliche Fehlanreize setzt. Sie kann dazu führen, dass Kliniken Behandlungen ausführen, die medizinisch gar nicht erforderlich sind - nur um diese dann finanziell abrechnen zu können. 

Lauterbachs Lösung: Künftig sollen die Kliniken vor allem dafür bezahlt werden, dass sie bestimmte Leistungen anbieten. Dafür erhalten sie eine "Vorhaltepauschale", die 60 Prozent ihrer Kosten decken soll. Die übrigen 40 Prozent sollen wie bislang über die Fallpauschale kommen. Unabhängig von der "Vorhaltepauschale" sollen die Kliniken für wichtige Kernbereiche zusätzliche Mittel bekommen: für Pädiatrie, Geburtshilfe, Schlaganfallbehandlung, Traumatologie und Intensivmedizin.

Werden Kliniken schließen?

Ja, das wird passieren. Für die aktuell 1.719 Krankenhäuser gebe es bereits jetzt nicht genug Personal, viele Kliniken schrieben rote Zahlen und seien von Insolvenz bedroht, sagt Lauterbach. Mit seiner Reform will er das erwartete Kliniksterben begrenzen: "Wenn es am Ende 20 Prozent Krankenhäuser weniger gibt, diese aber bessere Versorgung bieten, dann ist das aus meiner Sicht richtig."

Eine Reihe von Regelungen soll vor allem kleinen Kliniken in ländlichen Regionen helfen: In solchen Häusern sollen Fachärzte ihre Leistungen künftig auch ambulant für Patientinnen und Patienten anbieten dürfen. Der mancherorts weite Weg in eine Fachpraxis entfällt damit. Zudem dürfen sogenannte Sicherstellungshäuser in ländlichen Regionen, die für die Grundversorgung unverzichtbar sind, geringfügig von den strengen Qualitätsvorgaben der Leistungsgruppen abweichen.

Was sagen Kritiker?

Die Bundesländer drohen mit einer Blockade im Bundesrat und der Anrufung des Vermittlungsausschusses. Sie sind skeptisch, ob die Reform das befürchtete Kliniksterben im ländlichen Raum abwenden kann. Zudem fürchten sie hohe Kosten: Das Gesetz sieht vor, die Kliniken für die Phase der Reformumsetzung zehn Jahre lang mit einem sogenannten Transformationsfonds im Volumen von 50 Milliarden Euro abzusichern - die Hälfte der Gelder soll von den Ländern kommen.

Die andere Hälfte sollen die gesetzlichen Krankenkassen zahlen, die dagegen ebenfalls Sturm laufen. Lauterbach hat zugesagt, zur Finanzierung nun auch die privaten Kassen hinzuzuziehen - in welchem Umfang und auf welchem gesetzlichen Weg, bleibt aber noch unklar.

Quelle: AFP