Die Pläne der Ampel-Koalition für eine Anschubfinanzierung stoßen auf Kritik.

Neue Regeln beim Bürgergeld Kritik an 1.000 Euro "Anschubfinanzierung"

Stand: 05.10.2024 15:57 Uhr

1.000 Euro Prämie für Langzeitarbeitslose, wenn sie ein Jahr lang in einem Arbeitsverhältnis sind - dieser Plan der Ampelkoalition kommt nicht bei allen gut an. Von einem "Unding" spricht die FDP, von "blankem Hohn" die CSU.

Die von der Bundesregierung geplante "Anschubfinanzierung" von 1.000 Euro für Langzeitarbeitslose, die einen sozialversicherungspflichtigen Job annehmen, stößt auf Widerstand. "Die 1000-Euro-Prämie ist blanker Hohn für diejenigen, die seit Jahren ihren Job machen. Die Ampel gefährdet den sozialen Frieden und gießt damit noch mehr Öl ins Feuer", sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber der Bild-Zeitung.

Das Kabinett hatte am Mittwoch Änderungen der Regeln für Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger beschlossen. Bei Ablehnung einer Arbeit müssen sie bald mit höheren Strafen rechnen. Teil der Regelungen ist aber auch die sogenannte "Anschubfinanzierung". Langzeitarbeitslose, die mehr als zwölf Monate in einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit beschäftigt sind, sollen einmalig 1.000 Euro erhalten können. 

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete und Sozialpolitiker Frank Bsirske lehnt das Vorhaben ebenfalls ab. "Ich halte die Prämie nicht für erforderlich. Die allermeisten Menschen im Bürgergeld nehmen sowieso einen Job an, wenn sie die Chance dazu haben", sagte er Bild. Der FDP-Haushaltspolitiker Frank Schäffler sagte der Zeitung: "Das Vorhaben ist ein Unding. Die Ausgaben explodieren ja jetzt schon. Die Prämie muss im Bundestag gestoppt werden."

Ministerium verteidigt Pläne

Das Bundeswirtschaftsministerium verteidigte indes das Vorhaben. Das Ministerium betonte, es gehe um reguläre, nicht geförderte Arbeitsverhältnisse. Gedacht sei die Finanzierung als Anreiz zur Suche nach einer existenzsichernden Beschäftigung.

Wer als bisher Langzeitarbeitsloser einen sozialabgabenpflichtigen Job mindestens ein Jahr lang ausgeübt und davon in den letzten sechs Monaten kein Bürgergeld benötigt hat, soll die "Anschubfinanzierung" erhalten. So soll der Anreiz erhöht werden, durch Arbeit das Bürgergeld zu verlassen.

Zudem solle die Prämie ein Gegengewicht bilden zu Verlusten staatlicher Leistungen bei Aufnahme einer Arbeit. "Beschäftigungen mit niedrigeren Einkommen werden durch hohe Abzüge beim Bürgergeld, Kinderzuschlag und Wohngeld unattraktiv", hieß es. Das Problem sei im Rahmen der geltenden Rechtsprechung nur schwer zu mindern. Mit der Prämie spare der Staat unter dem Strich Geld. 

Grundidee von Arbeitsmarktinstitut

Die "Bild"-Zeitung vom Samstag schrieb, die Prämie sei von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) "erdacht" worden. Dies wies sein Ministerium zurück. Tatsächlich handle es sich um ein gemeinsames Vorhaben der Bundesregierung im Rahmen der Wachstumsinitiative.

Die Grundidee für den Vorschlag stammt demnach vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit. In den Verhandlungen zur Wachstumsinitiative sei die Idee von allen drei Koalitionspartnern begrüßt und ausgestaltet worden. "Die Bundesregierung folgt inhaltlich also aktuellen Erkenntnissen der Arbeitsmarktforschung." 

Weitere Maßnahmen geplant

Die "Anschubfinanzierung" ist nur ein Teil dessen, was die Ampelkoalition an Änderungen beim Bürgergeld plant. So sollen Empfänger von Bürgergeld härter sanktioniert werden, wenn sie angebotene Arbeit ablehnen. Auch Schwarzarbeit soll stärker geahndet und an die Zollverwaltung gemeldet werden.

Auch am Arbeitsweg gibt es Änderungen: Für einen Job gilt ein längerer Weg von bis zu drei Stunden täglich für Hin- und Rückfahrt als zumutbar. Bei einer Beschäftigung unter sechs Stunden sind es 2,5 Stunden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 03. Oktober 2024 um 03:00 Uhr.