Aktion auf Flughafen BER Merz nennt Klimaaktivisten "kriminell"
Nach der Aktion der "Letzten Generation" am Flughafen BER fordert SPD-Ministerpräsident Woidke rechtsstaatliche Konsequenzen. CDU-Chef Merz spricht gar von "schwersten Straftaten" der Klimaaktivisten. Ein Soziologe sieht das etwas anders.
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat die jüngste Aktion der der Klima-Protestgruppe "Letzte Generation" auf dem Hauptstadtflughafen BER scharf verurteilt. "Das sind keine Klimaaktivisten, das sind kriminelle Straftäter", sagte Merz auf einem Parteitag der Berliner CDU. "Das hat mit Demonstrationsrecht oder Meinungsfreiheit nichts mehr zu tun. Das ist der blanke Vandalismus", meinte er. "Das sind schwerste Straftaten, die das Ziel, wofür sie da angeblich auf den Flughafen gehen, diskreditieren."
BER-Sprecher: "Hochgefährlich und hochriskant"
Um auf die Klimakatastrophe aufmerksam zu machen, blockieren Mitglieder der "Letzten Generation" immer wieder Straßen, indem sie sich auf dem Asphalt festkleben. Aktivisten bewarfen auch in mehreren Museen Kunstwerke mit Flüssigkeiten.
Merz bezog sich auf die Aktion am Donnerstag, bei der sich mehrere Aktivisten Zugang zum Gelände des Hauptstadtflughafens BER verschafft hatten. Auf einem Video, das die Aktivisten selbst verbreiteten, ist zu sehen, wie sie einen Zaun am Airport durchknipsen und auf das Gelände gehen. Einige von ihnen klebten sich am Boden fest. Der Flughafen stoppte aus Sicherheitsgründen vorübergehend den Betrieb auf beiden Start- und Landebahnen. Flughafensprecher Hannes Hönemann nannte das Vorgehen der Klimademonstranten "hochgefährlich und hochriskant".
Woidke: Aktion hat Grenze überschritten
Der Hauptstadtflughafen BER liegt vor den Toren Berlins in der Gemeinde Schönefeld im Bundesland Brandenburg. Dessen Ministerpräsident Dietmar Woidke hält staatliche Konsequenzen für notwendig. "Wir dürfen solche Vorkommnisse nicht bagatellisieren", sagte der SPD-Politiker der "Märkischen Allgemeinen Zeitung". Der Rechtsstaat müssen und werde handeln. Details nannte er zunächst nicht.
Spätestens mit der Aktion auf dem Flughafen BER sei eine Grenze überschritten worden. Die Aktivisten nähmen bewusst die Gefährdung von Menschen und Strukturen in Kauf, um Aufmerksamkeit für sich zu erzeugen. Damit werde dem wichtigen Anliegen des Klimaschutzes geschadet.
CDU-Chef Merz hatte schon nach früheren Aktionen scharfe Kritik geübt und unter anderem eine "Verschärfung der Straftatbestände zur Sachbeschädigung und Nötigung" gefordert. Die Aktion am BER war aber auch von allen anderen im Bundestag vertretenen Parteien scharf kritisiert worden. Lediglich die Linkspartei zeigte Verständnis. Linken-Chef Martin Schirdewan sagte t-online, die Aktionen seien zwar umstritten, "aber sie legen auch den Finger in die Wunde der politischen Untätigkeit angesichts der Klimakatastrophe".
Soziologe: "Bestrafungsphantasien sind gefährlicher"
Ähnlich äußerte sich auch der Soziologe Matthias Quent. Über Jahrzehnte hätten Politik und Industrie Klimaschutzmaßnahmen - insbesondere im Verkehrssektor - ausgebremst und verhindert, sagte der Wissenschaftler der Fachhochschule Magdeburg-Stendal der Nachrichtenagentur dpa. "Angesichts dessen ist es auch eine Ausrede, wenn man den Aktivisten vorwirft, sie würden dem Klimaschutz schaden, weil sie die Finger in die Wunde legen. Man mag die Aktionen gut finden oder nicht, aber die Verantwortung für die Klimakrise liegt woanders", so Quent.
Die Form des Protestes, die die "Letzte Generation" wählt, sei "mild im Vergleich zu anderen Protesten", sagte der Soziologe mit Blick auf Ausschreitungen wie beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg. "Autoritäre Gegenreaktionen und Bestrafungsphantasien sind für die demokratische Kultur gefährlicher als die kurzen Störaktionen an sich."
Aktivisten in München aus Polizeigewahrsam entlassen
In München waren 19 Klimaaktivisten, die an Festklebe-Aktionen beteiligt waren, "vorbeugend" in Polizeigewahrsam genommen worden. Sie sind inzwischen wieder frei. "Wir sind ja ständig angehalten, die Voraussetzungen von Gewahrsam zu überprüfen", sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums München. "Das hat dazu geführt, dass wir am Freitagnachmittag zu dem Schluss gekommen sind, dass die Voraussetzungen für Gewahrsam nicht mehr vorliegen, sprich dass weitere Straftaten der in Gewahrsam Befindlichen zumindest aktuell nicht zu erwarten sind."
Nach dem bayerischen Polizeiaufgabengesetz können Bürger auf Grundlage einer richterlichen Entscheidung bis zu zwei Monate lang festgehalten werden, um die Begehung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder eine Straftat zu verhindern. Das Gesetz ist umstritten.
Die Klimaaktivisten hatten zuvor eine Unterbrechung ihrer Proteste in Berlin und München bis Ende kommender Woche angekündigt. Wie die Gruppe am Freitagabend mitteilte, hofft sie auf Taten in der letzten Sitzungswoche des Bundestags im laufenden Jahr. Allerdings kommt der Bundestag nicht nur in der kommenden, sondern auch noch in Woche vom zwölften bis 16. Dezember zusammen. Gleichzeitig warnte die Gruppe vor einem Neustart der Proteste mit mehr Schlagkraft.