Finanzierung von Hilfen Früheres Aus der Energiepreisbremse noch unsicher
Finanzminister Lindner hat das Ende der Energiepreisbremsen zum Jahresende zwar angekündigt. Beschlossene Sache sei das aber nicht, betonen SPD und Grüne. Die SPD würde die Hilfen gerne fortsetzen, die Grünen können sich ein früheres Ende vorstellen.
Das von Finanzminister Christian Lindner (FDP) angekündigte vorgezogene Aus für die Energiepreisbremsen zum Jahresende hat geteilte Reaktionen bei Regierungspartnern sowie Vorwürfe seitens der Opposition hervorgerufen. Die Koalitionspartner SPD und Grüne machten deutlich, dass eine Umsetzung von Lindners Ankündigung durch die Ampelkoalition keineswegs sicher sei, sondern Teil von Verhandlungen sein werde.
Die Vizevorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch und Verena Hubertz, sprachen sich trotz der Haushaltskrise für eine Fortsetzung der Maßnahmen aus, für deren Verlängerung bis Ende März der Bundestag erst am 16. November den Weg freigemacht hatte. Lindner müsse bezüglich der Preisbremsen für Strom und Gas "Rechtssicherheit für 2024 schaffen", erklärten Miersch und Hubertz. Mit den Preisbremsen "geben wir Millionen Haushalten und Unternehmen Sicherheit vor überbordenden Energiepreisen". Vor dem Hintergrund des Karlsruher Haushaltsurteils, durch das 60 Milliarden Euro weniger für Klimainvestitionen zur Verfügung stehen, "ist die Konstruktion nun für das kommende Jahr rechtssicher auszugestalten".
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte der "Kölnischen Rundschau", er habe Lindners Ankündigung "mit Erstaunen zur Kenntnis genommen". "Das mag seine Meinung sein - ein Beschluss der Koalition ist es nicht." Ob es 2024 noch Energiepreisbremsen gebe, müsse nun politisch verhandelt werden. "Die SPD hält das für geboten", so Kühnert. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte bei einem Landesparteitag in Schönefeld: "Es war richtig, die hohen Preise für die Bürger herunter zu subventionieren." Die Regierung werde weiter alles dafür tun, die ökonomischen Folgen des Krieges in der Ukraine abzufedern.
Grüne betonen laufende Gespräche über Finanzierbarkeit
Der gerade wiedergewählte Grünen-Chef Omid Nouripour stellte sich hinter das Ende der Preisdeckelung. Er erklärte, die Regierungsparteien seien wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts nun damit beschäftigt, sofort zu stoppen, was später Lösungen erschweren könnte. Dazu zähle auch die Energiepreisbremse. "Diese Entscheidung ist schmerzhaft, aber eine, die genau dazu gehört." Gerade weil der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) nun massiv gefährdet sei, müssten die daraus finanzierten Unterstützungen gestoppt werden.
Nouripours Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang machte zugleich deutlich, dass es trotz Lindners Ankündigung zu einem Ende der Energiepreisbremsen noch keine Einigung der Regierung in dieser Frage gebe. Es sei derzeit lediglich klar, dass der WSF aufgelöst werde, die Schuldenbremse ausgesetzt bleibe und die Energiepreisbremsen bis zum Jahresende gezahlt würden, sagte Lang den Sendern RTL und ntv beim Parteitag in Karlsruhe. Wie jetzt ab 2024 weiterfinanziert werde, "ist natürlich noch in Gesprächen innerhalb der Regierung". Natürlich habe die Regierung bereits über die Energiepreisbremsen gesprochen, derzeit seien aber parallel viele Fragen noch offen. "Da muss man sich am Ende ein Gesamtpaket anschauen und dann schauen, wie kommen wir nicht nur über dieses Jahr, sondern auch über die nächsten Jahre", sagte Lang.
Keine Milliarden für die Finanzierung mehr
Die Preisbremsen waren im März dieses Jahres eingeführt worden und galten rückwirkend auch für Januar und Februar. Sie sollten die Verbraucher davor bewahren, dass sie infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine durch explodierende Energiepreise überfordert werden.
Lindner hatte am Freitag angekündigt, dass die Regierung die staatlichen Milliardenhilfen über die Strom- und Gaspreisbremsen nicht wie geplant bis Ende März 2024 verlängern wird. Sie würden "zum Jahresende beendet", sagte er im Deutschlandfunk.
Die Finanzierung der Preisbremsen erfolgte über den mit bis zu 200 Milliarden Euro ausgestatteten Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Die Karlsruher Richter hatten solche Sondervermögen neben dem regulären Haushalt aber für unzulässig erklärt. Der WSF stehe damit nicht mehr zur Verfügung, sagte Lindner.
Kritik von Gewerkschaften und Union
Die Union sieht im Stopp der Entlastungen eine notwendige Konsequenz aus Urteil des Bundesverfassungsgerichts und sieht die Verantwortung für das Scheitern der Entlastungen klar bei der Regierung. "Es gab eine Verabredung zum Verfassungsbruch, bei der die Ampel von uns durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ertappt wurde", sagte der Chefhaushälter der Unionsfraktion, Christian Haase (CDU). "Dieser selbstverursachte Rechtsverstoß muss jetzt geheilt werden. Das Auslaufen der Energiepreisbremse ist leider das unschöne Ergebnis dieses Urteils." Ähnlich äußerte sich auch CSU-Chef Markus Söder. Er warf der Regierung Planlosigkeit vor.
Kritik kommt zudem vonseiten der Gewerkschaften: "Die Preisbremsen vor dem Winter auslaufen zu lassen, wird für zusätzliche Verunsicherung sorgen", kritisierte etwa Yasmin Fahimi, die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBZ) kritisierte, das "derzeitige Chaos um den Bundeshaushalt" dürfe nicht einseitig zulasten der Verbraucher gehen. "Auf die privaten Haushalte kommen deutlich steigende Preise zu", sagte VZBV-Chefin Ramona Pop.