Ines Schwerdtner spricht bei einer Linken-Veranstaltung in ein Mikro (Archiv)

Linkspartei Mindestens zwei Interessenten für die Parteispitze

Stand: 20.08.2024 15:33 Uhr

Nach dem Rückzug Wisslers und Schirdewans braucht die Linke eine neue Parteispitze. Kandidieren wollen die Publizistin Schwerdtner aus Sachsen-Anhalt, der Ex-Bundestagsabgeordnete van Aken - und womöglich Thüringens Staatskanzleichef.

Nach dem angekündigten Rückzug der Linken-Bundesvorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan haben sich Interessenten mehrerer Lager in Stellung gebracht.

So will die Publizistin Ines Schwerdtner neue Bundesvorsitzende werden. Auch der ehemalige Bundestagsabgeordnete Jan van Aken strebt eine Bewerbung an. Zudem schloss Thüringens Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff eine Kandidatur nicht aus.

Schwerdner wirbt für neue politische Kultur

"Ich habe mich entschieden, auf dem kommenden Parteitag in Halle für den Vorsitz unserer Partei zu kandidieren", teilte die 1989 in Sachsen geborene Schwerdtner auf ihrer Website mit. Bei der Europawahl stand sie auf Listenplatz fünf, verpasste aber den Einzug ins Parlament.

Schwerdtner arbeitet als freiberufliche Journalistin und Publizistin. Sie gründete das Jacobin-Magazin in Deutschland mit und war dort Chefredakteurin. Zudem engagierte sie sich unter anderem in der Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" sowie einer Kampagne gegen steigende Preise. Nach Angaben des Linken-Landesverbands Sachsen-Anhalt ist Schwerdtner im Kreisverband Anhalt-Bitterfeld organisiert.

Schwerdner erklärte, es sei notwendig, eine neue politische Kultur in der Partei zu etablieren. Notwendig sei ein Umgang, der von gegenseitigem Vertrauen und einem Fokus auf die gemeinsamen politischen Ziele geprägt sei. 

Van Aken setzt auf Greenpeace-Erfahrung

Der 63-jährige van Aken verkündete seine Pläne auf X. Er werde auf dem Parteitag im Oktober kandidieren, postete er. Es brauche "eine starke linke Kraft (...), die die Interessen der Menschen vertritt. Gegen die soziale Kälte, gegen den Rechtsruck, gegen den Krieg." Er bringe "eine echte, tiefe Zuversicht mit, dass wir gewinnen können", schrieb van Aken. Dies sei "ein Feuer, das hoffentlich ansteckend ist".

Van Aken verwies auf seine Erfahrung als Gentechnikexperte für Greenpeace und Biowaffeninspekteur für die Vereinten Nationen. Bei Greenpeace habe er "Kampagne gelernt und bei den Vereinten Nationen Diplomatie", schrieb van Aken auf X. Er ist derzeit Referent für internationale Krisen und Konflikte bei der parteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung. Van Aken war von 2009 bis 2017 über die Hamburger Landesliste der Linkspartei im Bundestag.

Ex-Parteichef Bernd Riexinger sprach sich für van Aken aus. Er habe die richtige Art aufzutreten und bringe "reichlich Erfahrung und politisches Gespür mit", sagte er dem Nachrichtenmagazin Spiegel.

Jan van Aken

Bei Greenpeace und den Vereinten Nationen gelernt - so wirbt Jan van Aken für sich selbst.

Hoff erwägt Kandidatur

Eine Kandidatur erwägt außerdem Thüringens Staatskanzleichef und Kulturminister Hoff. Er sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Diese Frage würde ich mir gegebenenfalls stellen, wenn ich aus der Partei heraus gebeten werden sollte."

Hoff gilt als Stratege und enger Vertrauter von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke).

Benjamin-Immanuel Hoff im Plenarsaal des Thüringer Landtag (Archiv)

Benjamin-Immanuel Hoff, hier vor einer Regierungserklärung zum Thüringen-Monitor im Landtag Ende April.

Rufe nach strukturellen Veränderungen

Wissler und Schirdewan hatten am Sonntag ihren Rückzug angekündigt. Beim Parteitag in Halle (Saale) im Oktober wollen sie nicht mehr antreten. Hintergrund ist die wachsende Kritik an den beiden Vorsitzenden, auch die Abspaltung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) schwächte die Partei. Aktuellen Umfragen nach würde die Linke den Wiedereinzug in den Bundestag verfehlen.

Mehrere Politiker der Linken hatten zuletzt strukturelle Veränderungen und eine bessere Einbindung der Landesverbände gefordert. Die Linke hat eine Serie von Wahlniederlagen hinter sich, schon 2021 kam sie nur über eine Sonderregel mit drei Direktmandaten in den Bundestag. Bei der Europawahl im Juni erhielt die Linke nur noch 2,7 Prozent der Stimmen.