Anschlag in Magdeburg Todesfahrer nutzte Rettungsweg
Trotz Sicherheitsmaßnahmen konnte der mutmaßliche Täter von Magdeburg auf den Weihnachtsmarkt fahren. Dies gelang ihm nach Angaben der Behörden über den Flucht- und Rettungsweg. Als mögliches Motiv vermutet die Staatsanwaltschaft Unzufriedenheit.
Bei der Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg soll der mutmaßliche Täter über den Flucht- und Rettungsweg auf den zentralen Platz gelangt sein. Bereits da habe es erste Verletzte gegeben, sagte Tom-Oliver Langhans, Direktor der Polizeiinspektion Magdeburg. Bis zur Festnahme habe die Fahrt rund drei Minuten gedauert.
Nach Angaben von Ordnungsdezernent Ronni Krug war der Flucht- und Rettungsweg nicht durch Sperren oder Poller geschützt. Notarzt und Feuerwehr sollten über diesen Weg bei Unfällen oder anderen Einsätzen auf dem Platz gelangen können. Dort seien aber mobile Einsatzkräfte der Polizei stationiert gewesen.
Die Wege seien daher nicht ungeschützt gewesen, verteidigte Krug das Konzept. Der Anschlag sei in dieser Form nicht vorhersehbar gewesen. Man habe es mit einem Fall zu tun, mit dem kein Veranstalter habe rechnen können, so Krug. Das Sicherheitskonzept für den Markt sei immer wieder angepasst und zuletzt im November verschärft worden. Das Konzept sei "nach bestem Wissen und Gewissen" erstellt worden.
Unzufriedenheit als mögliches Motiv
Nach Behördenangaben gibt es insgesamt 205 Opfer - vier Erwachsene und ein neunjähriges Kind wurden getötet. Zum derzeitigen Stand gebe es 41 Schwer- teils Schwerstverletzte, teilte Krug mit.
Die Ermittlungen zum Motiv dauern weiter an. Zwar werten die Behörden den Vorfall als Anschlag - ob es sich aber um einen Terroranschlag handele, sei noch unklar, so der Leitende Oberstaatsanwalt Horst Walter Nopens. Ein möglicher Auslöser der Tat könnte "Unzufriedenheit mit dem Umgang mit saudi-arabischen Flüchtlingen" gewesen sein. Die Vernehmung des Beschuldigten laufe noch. Was von seinen Angaben stimme, müsse noch aufgeklärt werden.
Strafanzeige vor einem Jahr
Wie Langhans sagte, habe die Polizei bereits vor einem Jahr eine Strafanzeige gegen den Verdächtigen erhalten. Damals sei vorgesehen gewesen, eine Gefährderansprache bei ihm durchzuführen - eine Maßnahme, um mögliche Straftaten vorbeugend zu bekämpfen. Dies sei aber nach den bisherigen Erkenntnissen nicht erfolgt. Langhans wollte sich nicht dazu äußern, welche Vorwürfe damals im Raum standen.
Die Staatsanwaltschaft Magdeburg ermittelt gegen den Verdächtigen nun wegen fünffachen Mordes, sagte Nopens. Darüber hinaus werde dem mutmaßlichen Täter versuchter Mord in 200 Fällen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vorgeworfen. Nach der Vernehmung solle ein Haftbefehl gegen den Verdächtigen sowie die Überführung in eine Justizvollzugsanstalt folgen.
Faeser: "Täter war offensichtlich islamophob"
Am Freitagabend war ein Auto auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt in eine Menschenmenge gerast. Der Fahrer war kurz danach von der Polizei festgenommen worden. Bei dem Verdächtigen handelt es sich um einen Arzt aus Bernburg, der aus Saudi-Arabien stammt und seit 2006 in Deutschland lebt. Der Mann bezeichnete sich online als Ex-Muslim und kritisierte den Islam wiederholt unter anderem auf der Plattform X. Nach Angaben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser war er "offensichtlich islamophob".
Bundeskanzler Olaf Scholz war am Morgen zusammen mit mehreren Ministern nach Magdeburg zum Tatort gereist. Er bezeichnete den Anschlag als "furchtbare, wahnsinnige Tat" und kündigte eine sorgfältige Aufklärung an.
Am Abend ist ein Gedenkgottesdienst für die Opfer und Betroffenen des Anschlags im Magdeburger Dom geplant. Laut einem Sprecher des Bundespräsidialamts wird auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier daran teilnehmen.