Debatte über Obergrenze Merz will höchstens 100.000 Flüchtlinge pro Jahr
Mehr als 300.000 Flüchtlinge im Jahr seien zu viele, meint CDU-Chef Merz. Deutschland könne maximal 100.000 integrieren, sagte er in einem Interview. SPD-Chef Klingbeil sieht in der Forderung nur Populismus.
Deutschland soll aus Sicht von CDU-Chef Friedrich Merz nicht mehr als 100.000 Flüchtlinge im Jahr aufnehmen. "Über 300.000 im Jahr, wie im Jahr 2023, sind auf jeden Fall zu viel", sagte Merz im Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Merz bezieht sich dabei auf eine Äußerung von Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer. Dieser hatte sich für die Aufnahme eines Flüchtlingskontigents von jährlich maximal 60.000 bis 100.000 Menschen ausgesprochen. Das beschreibe ungefähr, "was wir heute mit unserer Integrationskraft noch leisten können", so Merz.
Offen für Asylverfahren in Drittstaaten
Ebenfalls offen zeigte sich der Oppositionsführer für sogenannte Drittstaatenlösungen. Dabei werden Asylverfahren in andere, als sichere Herkunftsländer deklarierte Nicht-EU-Staaten ausgelagert.
Sollte er Bundeskanzler werden, wolle er durch die Welt reisen und nach einem geeigneten Land suchen, das die Asylverfahren abwickeln kann. "So eine Reise des Bundeskanzlers wäre längst überfällig“.
Lob für britischen Ruanda-Plan
Die Auslagerung von Asylverfahren nach Ruanda, so wie es Großbritannien plant, sei "im Prinzip eine gute Idee“, sagte der CDU-Chef. Es müsste dabei aber geklärt werden, wie die Verfahren in Ruanda "im Einklang mit unseren menschenrechtlichen Verpflichtungen gestaltet“ werden könnten.
Die konservative britische Regierung will Migranten mit scharfen Gesetzen abschrecken und unerlaubt Eingereiste ohne Berücksichtigung persönlicher Umstände nach Ruanda abschieben.
"Entscheidend ist, dass der humanitäre Schutz nach einem erfolgreichen Asylantrag dann auch tatsächlich in dem Aufnahmeland gewährleistet bleibt", so Merz.
Klingbeil: "Populistische Forderungen"
SPD-Chef Lars Klingbeil verwies darauf, dass die Ampelregierung wirksame Maßnahmen etwa zur Stärkung der Integration und zu schnelleren Rückführungen unternommen habe.
Zur Forderung von Merz sagte Klingbeil, er sei es leid, dass in der politischen Debatte immer wieder populistische Forderungen kämen, die vielleicht eine Überschrift hermachten. "Kein Unionspolitiker konnte tatsächlich erklären, wie man eine solche Obergrenze erreichen will."
2023 rund 50 Prozent mehr Erstanträge auf Asyl
Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellten 2023 in Deutschland 329.120 Menschen erstmals einen Asylantrag - die meisten von ihnen kamen aus Syrien, der Türkei und Afghanistan. Das waren rund 50 Prozent mehr Erstanträge als 2022.
Derzeit leben hierzulande zudem infolge des vor zwei Jahren begonnenen russischen Angriffskriegs rund 1,14 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine, die keinen Asylantrag stellen müssen.