Vorwürfe gegen Ex-Unionspolitiker Anklage in Aserbaidschan-Affäre
Aserbaidschan soll Politikern im Europarat Millionen überwiesen haben - das Land hoffte offenbar auf eigene Vorteile. Wegen Bestechungsvorwürfen ist nun Anklage gegen zwei Ex-Unionsabgeordnete erhoben worden.
In der sogenannten Aserbaidschan-Affäre, einer mutmaßlichen Korruptionsaffäre im Europarat, hat die Generalstaatsanwaltschaft München Anklage gegen zwei frühere Bundestagsabgeordnete erhoben. Es geht unter anderem um die Vorwürfe der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern. Die früheren Politiker Eduard Lintner (CSU) und Axel Fischer (CDU) sollen Geld aus Aserbaidschan angenommen haben.
Lintner soll das Geld teilweise an die inzwischen gestorbene Bundestagsabgeordnete Karin Strenz (CDU) weitergeleitet haben, damit diese sich im Europarat für Aserbaidschan einsetze. Fischer soll sich selbst im Europarat für das Land engagiert haben.
Ausländische Briefkastenfirmen?
Lintner wird vorgeworfen, über ausländische Briefkastenfirmen einen Betrag von mehreren Millionen Euro erhalten zu haben. Zwei seiner Gesellschaften hätten mit einem staatseigenen aserbaidschanischen Unternehmen Verträge geschlossen, die monatliche Vergütungen für angeblich erbrachte Leistungen vorgesehen hätten.
Mit dem Geld habe Lintner Strenz angeworben. Diese habe zugesagt, dass sie im Europarat gemäß den Vorgaben Aserbaidschans handeln werde. Sie habe knapp 150.000 Euro Bestechungsgeld erhalten und in den Jahren 2015 und 2016 zugunsten Aserbaidschans abgestimmt, hieß es.
Da Strenz inzwischen starb, kann gegen sie kein Strafverfahren mehr angestrengt werden, wie die Generalstaatsanwaltschaft erläuterte. Das Geld, das sie als Bestechungslohn erhalten habe, könne aber von ihren Erben eingezogen werden. Die Behörde beantragte die Einziehung aller Gelder, die durch die Taten erlangt worden seien.
Vorwurf: Bestechung von Mandatsträgern
Fischer habe mit einem Vertreter Aserbaidschans vereinbart, gegen Bargeld "nach Anweisung im Interesse Aserbaidschans" im Europarat tätig zu werden, "insbesondere durch positive Redebeiträge, die frühzeitige Übermittlung von vertraulichen Dokumenten und durch sein Abstimmverhalten", erklärte die Generalstaatsanwaltschaft. Er habe sich in den Jahren 2015 und 2016 für Aserbaidschan eingesetzt und mindestens einmal zugunsten des Landes abgestimmt. Dafür habe er knapp 22.000 Euro erhalten.
Lintner wirft die Generalstaatsanwaltschaft die Bestechung von Mandatsträgern vor, Fischer Bestechlichkeit von Mandatsträgern und Beihilfe zur Bestechlichkeit. Außerdem erhob die Behörde gegen zwei weitere Angeschuldigte Anklage. Ihnen werde im Wesentlichen Beihilfe zu den Taten vorgeworfen, erklärte sie.
Lintner: "Großer Unsinn"
Lintner bezeichnete den Verdacht der Bestechung gegenüber der Nachrichtenagentur dpa als "großen Unsinn". Nach Ende seiner Zeit als Abgeordneter habe er sich als Lobbyist dafür eingesetzt, dass die Konfliktregion Berg-Karabach Aserbaidschan zugerechnet werde - ein aus seiner Sicht "völkerrechtlich korrekter Zustand". Dafür habe die Regierung dort auch Geld an seine Gesellschaften gezahlt. Andere Abgeordnete habe er damit aber nicht bestochen.
Fischer: "Vorverurteilung"
Fischer sagte der dpa, die Vorwürfe gegen ihn "treffen nicht zu, sie dienen einzig der Vorverurteilung". Das Verfahren sei "nicht nur für meine Familie und besonders für meine Kinder belastend und gefährlich, sondern es zerstört auch mein berufliches und soziales Leben". Für beide Beschuldigte gilt bis zu einer Verurteilung die Unschuldsvermutung.
Laut der Behörde waren es komplexe Ermittlungen. Unter anderem seien bundesweit etwa 20 Objekte durchsucht worden, darunter auch Abgeordnetenbüros. Über die Zulassung der Anklage und ein mögliches Hauptverfahren entscheidet nun das Oberlandesgericht München.
Der Europarat setzt sich für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit ein. Er hat keine legislativen Befugnisse, versteht sich aber als "Gewissen Europas". In die Parlamentarische Versammlung des Europarats werden nationale Abgeordnete aus den Mitgliedsländern entsandt. Aserbaidschan trat dem Europarat im Jahr 2001 bei.