Verteidigungsausgaben NATO-Quote offenbar aus Gesetz gestrichen
Eigentlich wollte die Bundesregierung gesetzlich festschreiben, künftig jährlich mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge wurde dieser Plan nun kurzfristig gestrichen.
Entgegen bisheriger Planung will sich die Bundesregierung nicht gesetzlich verpflichten, jährlich mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Eine entsprechende Änderung der NATO-Quote sei kurzfristig aus dem Entwurf des Haushaltsfinanzierungsgesetzes gestrichen worden, berichten die Nachrichtenagentur Reuters und die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf Regierungsvertreter.
Damit bleibe es bei der geltenden Regelung, dass die NATO-Quote auch im mehrjährigen Durchschnitt von fünf Jahren erfüllt werden könne. Das Kabinett hatte das Haushaltsfinanzierungsgesetz am Vormittag auf den Weg gebracht. Es sieht vor allem Einsparungen vor, um im Haushaltsjahr 2024 die Schuldenbremse einzuhalten. Der Entwurf sah jedoch auch vor, gesetzlich zu verankern, dass Deutschland die NATO-Quote jährlich erfüllen werde.
Mit der Umstellung auf die jährliche Verpflichtung im Haushaltsfinanzierungsgesetz würde Finanzminister Christian Lindner einen Beschluss des NATO-Gipfels von Mitte Juli in Vilnius umsetzen. Die NATO fordert von ihren Mitgliedsstaaten vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs Verteidigungsausgaben von mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Die Bundesregierung will nun im kommenden Jahr erstmals auf diesen Wert kommen. Dies soll durch das nach Beginn des russischen Angriffskriegs beschlossene Sondervermögen für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro möglich werden. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte nach dem Beginn des Krieges im Februar 2022 im Bundestag eine "Zeitenwende" ausgerufen und gesagt, Deutschland werde "von nun an - Jahr für Jahr - mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren".
Noch nach dem NATO-Gipfel in Vilnius hatte Scholz versichert, dass das schon vom kommenden Jahr an gelten solle. Da dieser Passus aus dem Gesetz offenbar gestrichen wurde, ist die jährliche Einhaltung der NATO-Quote rechtlich weiterhin nicht bindend. In der Nationalen Sicherheitsstrategie und im Gesetz zum Bundeswehr-Sondervermögen heißt es, das Ziel müsse nur "im mehrjährigen Durchschnitt" von fünf Jahren erreicht werden.
Bei einem Besuch in Berlin hatte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg dem Kanzler für die zuvor vorgestellte Nationale Sicherheitsstrategie gedankt und die deutsche Ankündigung, vom kommenden Jahr an das Zwei-Prozent-Ziel der NATO erreichen zu wollen, als "historisch" gelobt.
Die Bundesregierung hatte sich in ihrer Sicherheitsstrategie zwar zum Zwei-Prozent-Ziel bekannt - aber auch klarstellt, dass sie dieses Ziel im mehrjährigen Durchschnitt anpeile. Sie ließ sich also eine Hintertür offen für den Fall, dass es nicht in jedem einzelnen Jahr mit den zwei Prozent klappt. "Weil es wegen der Bestellungen ja mal sein kann, dass man in einem Jahr mehr ausgibt - und sich das dann als Welle gewissermaßen ausgleicht", hatte Scholz erklärt.