Videobotschaft des Ministers Pistorius wird nicht SPD-Kanzlerkandidat
Verteidigungsminister Pistorius tritt nicht als SPD-Kanzlerkandidat an. Stattdessen sagte er mit Blick auf sein Amt: "Ich bin hier noch nicht fertig." In den tagesthemen forderte er die SPD auf, Scholz zu unterstützen.
Lange wurde spekuliert, nun steht fest: Boris Pistorius wird nicht für die SPD als Kanzlerkandidat antreten. "Soeben habe ich unserer Partei- und Fraktionsspitze mitgeteilt, dass ich nicht zur Verfügung stehe für die Kandidatur um das Amt des Bundeskanzlers", erklärte Pistorius in einem Video, das auf der Internetseite der SPD hochgeladen wurde. Er habe die Debatte nicht angestoßen und sich nicht ins Gespräch gebracht, sagte er.
Rückendeckung für Scholz
Im Interview mit den tagesthemen forderte Pistorius die SPD auf, sich nun geschlossen hinter Olaf Scholz zu stellen. "Ich glaube, dass er sehr gute Chancen hat, Bundeskanzler zu werden", sagte Pistorius. Dies sei aber nur der Fall, "wenn wir als Partei geschlossen hinter ihm stehen, geschlossen und engagiert Wahlkampf machen und diese Debatten über dieses oder jenes beenden und uns auf den politischen Gegner konzentrieren."
Er vertraue auf Scholz, betonte Pistorius: "Er hat in den dreieinhalb Jahren als Kanzler einen guten Stand gehabt, indem er eine schwierige Koalition geführt hat." Seine Partei sei gut beraten, bei Scholz zu bleiben.
Deutsche wünschen sich Pistorius
In Umfragen kommt Pistorius auf deutlich höhere Beliebtheitswerte als Scholz. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend, für den von Montag bis Mittwoch Wahlberechtigte in Deutschland befragt wurden, gaben 60 Prozent an, Pistorius wäre ein guter Kanzlerkandidat. Bei Scholz waren es nur 21 Prozent. Auch bei den befragten SPD-Anhängern war Pistorius beliebter. Nur 14 Prozent der Befragten gaben an, die SPD zu wählen, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre.
"Was in den letzten Tagen passiert ist, hat der SPD massiv geschadet", sagte auch Markus Preiß, Leiter des ARD-Hauptstadtstudios. Nach ARD-Informationen gab es vor der Veröffentlichung des Videos ein Treffen der SPD-Spitzen.
Der Wahlkampf beginnt
Pistorius setzte die Lobeshymnen auf den aktuellen Bundeskanzler in seiner Botschaft trotzdem wie zuletzt fort: Scholz habe dafür gesorgt, dass Deutschland wieder ein stärkerer NATO-Bündnispartner sei, betonte Pistorius. Seine Vernunft und Besonnenheit sei in unsicheren Zeiten "von besonderer Bedeutung", so Pistorius. "Olaf Scholz ist ein starker Kanzler und er ist der richtige Kanzlerkandidat."
Scholz soll am kommenden Montag vom SPD-Vorstand als Kanzlerkandidat für die Neuwahl des Bundestags nominiert werden. "Wir werden jetzt sehr schnell in den Gremien, Montag im Parteivorstand, dann auch Klarheit schaffen: Wir wollen mit Olaf Scholz in die nächste Wahlauseinandersetzung gehen", sagte der Parteivorsitzende Lars Klingbeil in Berlin.
Pistorius forderte die Parteimitglieder auf, gemeinsam und geschlossen für eine zweite Amtszeit von Scholz zu kämpfen. "Ich werde in den kommenden Wochen gemeinsam mit euch kämpfen."
"Amt des Verteidigungsministers kein Karrieresprungbrett"
Auch sein Bundestagsmandat und Deutschlands Sicherheit sowie die Bundeswehr schloss er in diesen Kampf ein. "Das Amt des Verteidigungsministers ist für mich kein Karrieresprungbrett", sagte Pistorius. Das "Vertrauen der Truppe", das er sich erarbeitet habe, sei ihm wichtig. Er will seine Arbeit fortsetzen: "Ich bin noch nicht fertig." Es gebe noch viel zu tun.
"Jetzt beginnt der Wahlkampf", sagte auch ARD-Korrespondent Preiß aus dem Hauptstadtstudio. In der SPD müsse noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden - auch intern.
FDP-Chef Lindner reagiert
Von der politischen Konkurrenz reagierte als erstes FDP-Chef Christian Lindner, den Scholz am 6. November im Dauer-Streit um den Kurs der Ampel in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik als Bundesfinanzminister entlassen hatte. "Es ist mir recht, wenn Herr Scholz der Kanzlerkandidat der SPD ist", schrieb Lindner auf der Plattform X. Die Menschen würden mit Scholz wissen, was sie bekämen - und was sie nicht bekämen, nämlich eine Wirtschaftswende, so Lindner.
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken begrüßte den Verzicht von Pistorius. "Die Entscheidung von Boris Pistorius ist souverän und ein großes Zeichen der Solidarität zur SPD und Bundeskanzler Olaf Scholz", sagte Esken der "Rheinischen Post". "Boris Pistorius ist ein hervorragender Verteidigungsminister, und wir kämpfen im kommenden Bundestagswahlkampf auch darum, dass er dieses Amt in der nächsten Regierung weiter ausführen kann."