Lars Klingbeil und Friedrich Merz
Player: videoMoritz Rödle, ARD Berlin, zur Einigung von Union und SPD auf Koalitionsverhandlungen
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Finanzpaket beschlossen Wie geht es mit den Koalitionsverhandlungen weiter?

Stand: 21.03.2025 16:31 Uhr

Das Milliarden-Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur ist beschlossen, nun geht es in den Endspurt der Koalitionsverhandlungen: Welche Themen sind noch strittig und wann soll die Regierung stehen? Ein Überblick.

Das historische Paket mit Milliardenschulden für Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz hat im Bundesrat die letzte große Hürde genommen. Die Länder stimmten mit großer Mehrheit zu, das Paket ist nun beschlossen.

Das dürfte für Erleichterung beim voraussichtlich nächsten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und den Koalitionsverhandlern von Union und SPD sorgen. Denn diese Milliarden sollen die Grundlage für ihre schwarz-rote Bundesregierung bilden.

Welchen Einfluss hat das Paket auf die Koalitionsverhandlungen?

Alle Geldprobleme einer neuen Bundesregierung löst das Finanzpaket nicht. Zwar werden die Milliarden dringend gebraucht, im Haushalt dürfte aber immer noch eine riesige Lücke klaffen. Denn CDU, CSU und SPD haben einige teure Vorhaben beschlossen wie die Ausweitung der Mütterrente, die Anhebung der Pendlerpauschale und eine Steuersenkung für die Gastronomie. 

Das Geld aus dem Infrastrukturtopf dürfen sie nur einsetzen, wenn gleichzeitig im normalen Haushalt angemessen investiert wird. Merz hat deshalb schon angekündigt, nun müsse an anderer Stelle gespart werden. Entsprechend zäh laufen gerade dem Vernehmen nach auch die Gespräche in vielen Gruppen, die am Koalitionsvertrag arbeiten.

Wann ist die Regierungsbildung abgeschlossen?

Wie lange die Regierungsbildung genau dauern wird, ist noch unklar. Der Zeitplan, den CDU-Chef Friedrich Merz ursprünglich vorgegeben hat, ist jedenfalls knapp kalkuliert: Der Koalitionsvertrag soll noch vor Ostern fertig werden und die Wahl zum Bundeskanzler Ende April stattfinden.

Die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD finden derzeit in 16 Arbeitsgruppen weitgehend im Verborgenen statt. Aktuell gibt es allerdings immer wieder Berichte, wonach sich die Verhandlungsteams teils ziemlich verhakt haben sollen.

Am Montag sollen die Arbeitsgruppen eigentlich ihre Ergebnisse vorlegen. CDU-Chef Friedrich Merz deutete jedoch bereits an, dass zumindest die Gesamtdauer der Verhandlungen länger ausfallen könnte, als zunächst geplant - auch wenn wichtige Pflöcke eigentlich schon in den vorherigen Sondierungsgesprächen eingeschlagen wurden.

Denkbar wäre auch eine Regierungsbildung und Kanzler-Vereidigung Anfang Mai, so heißt es nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters unter Verhandlern. In der SPD ist man offen - verweist aber darauf, dass der auf zehn Tage geschätzte Zeitraum für die Mitgliederbefragung nicht ganz in den Osterferien liegen dürfe.

Wie geht es nach den Arbeitsgruppen weiter?

Die Fachpolitiker, die gerade in 16 Arbeitsgruppen verschiedene Themen bearbeiten, haben klare Ansagen bekommen: Sie sollen so viel wie möglich unter sich klären und Einigungen erzielen. Aber es war von Anfang an klar, dass die bis Montag strittigen Themen an die nächste höhere Ebene von CDU, CSU und SPD weitergegeben werden. In den Papieren, die die Arbeitsgruppen dann abgeben müssen, werden die strittigen Punkte in eckige Klammern gesetzt. Es dürfte unter anderem um die Themen Migration, Rente, Mindestlohn und Steuern gehen.

Dazu kommt, dass es wie bei allen Koalitionsverhandlungen inhaltliche Überschneidungen zwischen den Arbeitsgruppen gibt. Beim Lieferkettensorgfaltsgesetz etwa sehen sich mehrere Arbeitsgruppen berufen, eine Lösung zu finden. Bei den teilweise täglichen Rücksprachen mit den Leiterinnen und Leitern der Arbeitsgruppen wurde deshalb nun geklärt, dass sich auf Fachebene Koordinierungsgruppen über die Arbeitsgruppen hinaus zusammensetzen sollen.

Dies gilt auch für Themen wie die angestrebte Reform des Heizungsgesetzes, Rüstungsexporte oder Sozialabgaben. Wenn sich dann die Chefs von CDU, CSU und SPD ab kommender Woche zusammensetzen, sollen alle Themen entscheidungsbereit aufbereitet sein.

Wie nahe sind sich Union und SPD?

Anders als bei den Koalitionsverhandlungen der Ampel-Parteien ist die Distanz zwischen Unterhändlern auf der persönlichen Ebene teilweise groß. Das erklärt laut Informationen von Reuters auch das sehr unterschiedliche Tempo der Arbeitsgruppen. Die Abneigung vieler Politiker der bisherigen Kanzlerpartei SPD gegenüber der "Merz-Union" sei größer als 2021 die Distanz zu Grünen und FDP, heißt es bei den Sozialdemokraten. Man duze sich zwischen Union und SPD nicht automatisch.

In der CDU wiederum hatten viele keinen Hehl daraus gemacht, dass sie lieber mit den Grünen koaliert hätten. Das Misstrauen gegenüber der SPD - und auch deren Verhandlungserfahrung - sei groß, meinen Unionspolitiker. Allerdings müsse dies kein Nachteil sein, wird auf beiden Seiten betont: Denn die Beteiligten wissen diesmal, mit wem sie es zu tun haben. Angestrebt wird eine schwarz-rote Koalition als reine Zweckgemeinschaft. Das bilde eine viel realistischere Grundlage für die Regierungsarbeit als etwaige Freundschaften, die dann zu Fehlurteilen über angeblich gemeinsame Positionen führten.

Wie ist die Stimmung in den Parteien?

Unter Unions-Anhängern hält sich hartnäckig die Einschätzung, CDU-Chef Merz habe das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen vor allem der SPD zugestanden. Deshalb müssten CDU und CSU nun besonders hart verhandeln, grummeln zahlreiche Unions-Politiker. Gerade der konservative Flügel der Union fordert ein Zeichen beim Symbolthema Migration. Tatsächlich hatte Merz schon vor der Abstimmung über die Lockerung der Schuldenbremse und das Sondervermögen betont, dass nun der Konsolidierungsdruck im Haushalt erst recht steige und man klare Beschlüsse brauche.

Allerdings ändern der Druck und die über Medien gespielte Unzufriedenheit mit der harten Haltung der SPD etwa beim Thema Zurückweisungen an der Grenze nichts an der Ausgangslage. Merz kann nur Kanzler und die CDU nur Kanzlerpartei werden, wenn sich Union und SPD einigen und ein Koalitionsvertrag auch das geplante Mitgliedervotum bei den Sozialdemokraten übersteht.

Im Übrigen hatten auch die CDU-Ministerpräsidenten auf das Sondervermögen gepocht, das 100 Milliarden Euro Bundesmittel für Länder und Kommunen vorsieht. "Deshalb sind über die Medien gespielte Aussagen über angebliche Blockaden mit Vorsicht zu genießen", heißt es bei der SPD. Bei den moderaten Unterhändlern der Union klingt dies ähnlich.

Mit Informationen der Nachrichtenagenturen Reuters und dpa