Debatte über "Taurus"-Lieferung Die Union will es noch mal wissen
Die Unionsfraktion will den Kanzler zur "Taurus"-Lieferung an die Ukraine bewegen. Dafür reicht sie heute erneut einen Antrag im Bundestag ein - und setzt auf Abweichler der Ampel. Die wertet das als parteitaktisches Spielchen.
Die Union lässt nicht locker. Nach nur zwei Wochen legt sie im Bundestag erneut einen Antrag zur Abstimmung vor, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, unverzüglich der ukrainischen Bitte nach Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern in größtmöglichem Umfang zu entsprechen.
Es gehe, mahnte Fraktionschef Friedrich Merz, um die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine. "Wer diese Hilfe an die Ukraine verweigert, erhöht nicht etwa die Friedenschancen, sondern erhöht die Kriegsgefahr."
Der Marschflugkörper vom Typ "Taurus" ist rund fünf Meter lang und wiegt fast 1.400 Kilogramm. Er ist mit einem eigenen Triebwerk und mehreren Navigationssystemen ausgestattet, die einen autonomen Tiefflug durch gegnerisches Gebiet ermöglichen. Das bedeutet, die Marschflugkörper können im Krieg aus sicherer Entfernung von Kampfflugzeugen abgefeuert werden und Ziele in bis zu 500 Kilometern Entfernung treffen und zerstören.
Da die Marschflugkörper besonders tief fliegen und relativ klein sind, können sie von der gegnerischen Flugabwehr nur schwer getroffen werden. Die Bundeswehr hat das Waffensystem "Taurus" seit 2005. Es kann mit den Kampfflugzeugen "Tornado" und "Eurofighter" zum Einsatz gebracht werden. Hersteller ist eine Tochterfirma des Rüstungskonzerns MBDA.
Der Marschflugkörper "Taurus" ist das deutsch-schwedische Gegenstück zu den parallel entwickelten britisch-französischen Marschflugkörpern "Storm Shadow" und "Scalp".
CDU und CSU hoffen auf Stimmen aus der Ampel
Die Union gibt sich optimistisch, dieses Mal eine Mehrheit hinter sich und ihren Antrag zu bringen. Eine Reihe von Ampel-Politikern hätte sich in den vergangenen Tagen und Wochen öffentlich sehr klar für "Taurus"-Lieferungen ausgesprochen, so der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Alexander Dobrindt: "Wir geben diesen Kollegen auch in dieser Woche die Möglichkeit, im Deutschen Bundestag ihr Abstimmungsverhalten in dieser Frage ihren öffentlichen Äußerungen anzupassen."
Die Ampel spricht von parteipolitischen Spielchen
Was als Appell daherkommt, Haltung zu zeigen, ist aus Sicht der Fraktionsspitzen von SPD, FDP und Grünen nichts anderes als parteipolitisches Kalkül. Ein taktisches Spielchen, um innenpolitisch Geländegewinne zu machen.
Der Antrag der Union, so der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, sei nichts anderes als ein symbolischer Akt, der in der Sache nicht weiterhelfe: "Über die Lieferung von Waffen an andere Länder entscheidet ja nicht der Deutsche Bundestag, sondern die Bundesregierung."
Auch aus Sicht der Parlamentarischen Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, gibt es in diesem Fall keinen Grund, gegen die Fraktions- und Koalitionsdisziplin zu verstoßen. Sie rechnet in ihrer Fraktion nicht mit Abweichlern. Allen sei bewusst, dass der Antrag der CDU/CSU-Fraktion rein innenpolitisch motiviert sei.
Nicht alle teilen die Haltung des Kanzlers
Doch auch wenn es vermutlich trotz einzelner Abweichler wieder keine Mehrheit für den Unionsantrag geben wird: Die Debatte um die Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine wird weitergehen. Denn in der Ampelkoalition, vor allem in den Reihen der Grünen und der FDP, hadern viele mit der Entscheidung des Bundeskanzlers.
Olaf Scholz hat in dieser Woche mehrfach sein Nein zu direkten und indirekten "Taurus"-Lieferungen bekräftigt. Für ihn ist ein Einsatz des weitreichenden Waffensystems nicht ohne Beteiligung deutscher Soldaten denkbar: "Das ist eine Grenze, die ich nicht überschreiten will."
Pistorius steht hinter Scholz
Eine Entscheidung, die Verteidigungsminister Boris Pistorius mitträgt. Er widersprach Spekulation, dass im Hintergrund Vorbereitungen für mögliche Lieferungen laufen würden. Dass die "Taurus"-Bestände modernisiert würden, habe nichts mit der Ukraine zu tun. "Sondern es geht schlicht und ergreifend darum, seiner Verantwortung gerecht zu werden, die Systeme, die wir haben, die wir teilweise auch schon sehr lange haben, in den Status zu versetzen, in den sie gehören, wenn wir verteidigungsfähig sein wollen", so der SPD-Politiker.
In Russland wird all das aufmerksam verfolgt. Man werde sehen, worauf man sich in Deutschland einige, erklärte Präsident Wladimir Putin im russischen Staatsfernsehen. Und empfahl, gut nachzudenken. Ein Satz, der vor allem eines soll: abschrecken.