Steuerskandal um Warburg-Bank Union fordert Untersuchungsausschuss
Die Union will den Steuerskandal um die Warburg-Bank politisch aufarbeiten lassen - und fordert dazu nun einen Untersuchungsausschuss. Dieser soll auch die Rolle von Kanzler Scholz klären. Die nötige Stimmenzahl hat die Fraktion.
Zur politischen Aufarbeitung des Cum-Ex-Steuerskandals um die Hamburger Warburg-Bank will die Union einen Untersuchungsausschuss im Bundestag einsetzen. Das kündigte Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) an. Das Gremium solle in der ersten Sitzungswoche nach den Osterferien beantragt werden. Die Unionsfraktion hat im Parlament allein die dafür nötige Stimmenzahl von mindestens einem Viertel der Abgeordneten.
Der Ausschuss soll klären, ob der jetzige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister politischen Einfluss auf den Steuerfall genommen hat und ob auf Rückforderungen gegen die Bank in Millionenhöhe verzichtet werden sollte. Hierzu soll auch der damalige Hamburger Finanzsenator Peter Tschentscher befragt werden. Auch soll geprüft werden, ob die Erinnerungslücken, auf die sich der Kanzler in dem Zusammenhang beruft, glaubhaft sind.
Treffen mit Bank-Gesellschaftern
Hintergrund sind Treffen von Scholz mit den Bank-Gesellschaftern Christian Olearius und Max Warburg 2016 und 2017. Nach den ersten Treffen hatte die Hamburger Finanzverwaltung im Dezember 2016 eine ursprünglich geplante Rückforderung von 47 Millionen Euro wegen zu Unrecht erstatteter Kapitalertragssteuern an die Bank doch nicht erhoben und zunächst in die Verjährung laufen lassen. Eine zweite Forderung über weitere 43 Millionen Euro war Ende 2017 erst kurz vor der Verjährung auf Weisung des Bundesfinanzministeriums erhoben worden.
Nach einem Gerichtsurteil hatte die Bank 2020 eigenen Angaben zufolge schließlich alle ausstehenden Steuerrückforderungen beglichen, versucht aber auf juristischem Weg weiter, das Geld zurückzubekommen.
Erinnerungslücken bei Hamburger Untersuchungsausschüssen
Scholz hatte bei seinen bislang zwei Vernehmungen vor einem Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zwar eingeräumt, dass die Treffen stattgefunden haben, sich hinsichtlich der Inhalte der Gespräche aber auf Erinnerungslücken berufen. Den Verdacht einer politischen Einflussnahme wies er dabei stets zurück. Einen Beweis für eine Einflussnahme hat der Hamburger Untersuchungsausschuss in zweieinhalb Jahren Tätigkeit bislang nicht erbracht.
Die Unionsfraktion will auch klären lassen, ob Scholz sich bei seinen Befragungen im Finanzausschuss des Bundestags zum "Cum-Ex"-Fall im Juli 2020 noch an ein Treffen mit den Bankern erinnern konnte und wie dann die Erinnerungslücken wenige Monate später zu erklären sind.
Union: "Es geht um Glaubwürdigkeit"
In einem Schreiben der Fraktionsspitze heißt es, die damalige Entscheidung der Hamburger Behörden hinsichtlich der Nichtrückforderung von zu Unrecht erhaltenen Steuererstattungen beträfen nicht nur die Durchsetzung von Bundesrecht, sondern auch ganz konkret die Steuereinnahmen des Bundes.
Es gebe viele Widersprüche und Ungereimtheiten, sagte Matthias Hauer, Obmann der Unionsfraktion im Finanzausschuss. Die Ampelkoalition habe Vorladungen von Scholz in den Finanzausschuss, welche die Union beantragt habe, mehrfach verhindert, sagte der CDU-Politiker. Ein Untersuchungsausschuss im Bundestag sei unausweichlich. Scholz sollte selbst das größte Interesse daran haben, reinen Tisch zu machen. Es gehe um seine Glaubwürdigkeit.
Mögliche Unterstützung der Linken
Für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist ein Viertel der Mitglieder des Bundestages nötig. Dies wären 184 Abgeordnete, die Union hat 197 Abgeordnete im Parlament und könnte das Gremium damit im Alleingang einberufen.
Die Linke im Bundestag kündigte bereits an, eine Unterstützung des Untersuchungsausschusses zu prüfen, sagte ihr finanzpolitischer Sprecher Christian Görke. "Klar ist: Die Widersprüche und offenen Fragen müssen aufgeklärt werden. Ein Untersuchungsausschuss scheint notwendig, da sich der heutige Bundeskanzler weiter weigert, sich den Fragen im Finanzausschuss des Bundestages zu stellen."
SPD wirft Union "parteitaktische Interessen" vor
Die SPD reagierte empört auf die Ankündigung. "Das Thema ist parlamentarisch und gesellschaftlich vollumfänglich aufgearbeitet und transparent", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. "Die Union hat kein Erkenntnisinteresse, sondern folgt parteitaktischen Interessen. Sie bringt Behauptungen vor, die längt widerlegt sind."
Der 2020 in Hamburg zu dem Thema eingesetzte Untersuchungsausschuss habe alle Fragen geklärt, und es gebe kein neues Erkenntnisinteresse, sagte Mast. "CDU-Chef Friedrich Merz bleibt sich treu: Ihm ist jedes Mittel recht."
Finanzamt zahlte Milliarden an Betrüger
Bei "Cum-Ex"-Geschäften wurde in abgesprochenen Aktiengeschäften vorgetäuscht, zu einem bestimmten Zeitpunkt Aktien zu besitzen und Steuern auf entsprechende Aktiengewinne gezahlt zu haben. Auf diese Weise erschlichen die Beteiligten sich Steuerbescheinigungen. Die anfallenden Steuern, die sie nicht gezahlt hatten, ließen sie sich erstatten. Das Finanzamt zahlte Milliardensummen an die Betrüger.