Habeck und Graichen im Bundestag Wie weit geht die Offenheit in der "Trauzeugen-Affäre"?
Die "Trauzeugen-Affäre" ist heute Thema im Bundestag. Wirtschaftsminister Habeck und Staatssekretär Graichen haben volle Offenheit bei den Fragen der Abgeordneten zugesagt. Das Ministerium setzte schon vorab auf Transparenz.
Wie weit reichen die familiären Verstrickungen in der Führungsetage des Bundeswirtschaftsministeriums? Für Friedrich Merz, den CDU-Chef und Oppositionsführer im Bundestag, kann es auf diese Frage nur eine Antwort geben: "Herr Habeck muss sich von diesem Staatssekretär trennen. Eine andere Lösung gibt es nicht mehr."
Dabei geht es Merz gar nicht so sehr um die Person von Patrick Graichen, den Staatssekretär für Energiefragen. Merz hält die ganze Politik aus dem Hause Habeck für verfehlt. "Wir sprechen hier über ein Gebäude-Energie-Gesetz, das aus dieser Clique, aus dieser Vetternwirtschaft heraus vorgeschlagen worden ist, das nicht nur die privaten Haushalte überfordert, sondern dem gesamten Klimaschutz schweren Schaden zufügt."
Scholz steht hinter Habeck
Das Bundeswirtschaftsministerium selbst setzt unterdessen auf Vorwärtsverteidigung und veröffentlicht Listen mit Förderprojekten. Mehr als 500.000 Euro flossen zum Beispiel an das Öko-Institut für eine Studie zum Batterierecycling. 300.000 Euro bekam der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) für Ausbildungsprojekte zum Thema Klimaschutz.
Bei Öko-Institut und BUND haben die Geschwister von Staatssekretär Graichen wichtige Positionen. Deswegen seien die Gelder gerade nicht über Graichens Schreibtisch oder den seines Schwagers, Staatssekretär Michael Kellner, geflossen, sagt das Ministerium.
Und der Bundeskanzler? Der stellte sich zuletzt hinter seinen Wirtschaftsminister und Vizekanzler. "Er hat gesagt, dass Entscheidungen, die falsch gelaufen sind und die kritisierbar sind, korrigiert werden müssen. Das ist passiert", so Olaf Scholz.
"Aufklärungswunsch ist nachvollziehbar"
Deswegen wird Graichens Trauzeuge Michael Schäfer wohl nicht zum hochdotierten Chef der bundeseigenen Energieagentur Dena. Aber reicht das aus? Robert Habecks Umgang mit dem Fall ist längst auch innerhalb der Ampelkoalition ein Thema.
Christian Dürr, FDP-Fraktionschef, sieht der heutigen Anhörung von Habeck und Graichen im Wirtschaftsausschuss des Bundestages mit einem gewissen "Interesse" entgegen. "Ich kann die irritierten Nachfragen der Öffentlichkeit natürlich verstehen. Insofern ist es gut, dass die Herrschaften in den Ausschuss kommen und sich dort entsprechend äußern. Dass da der Aufklärungswunsch besteht, ist nachvollziehbar", so Dürr.
"Nicht vernuscheln, vertuschen oder wegreden"
Dass die "Trauzeugen-Affäre", wie sie im Regierungsviertel genannt wird, auch das Image des grünen Hoffnungsträgers Habeck beschädigt, ist wohl unvermeidbar, auch wenn der Wirtschaftsminister selbst beteuert: "Da wo Fehler passieren, soll man sie nicht vernuscheln, vertuschen oder wegreden. Umgekehrt da, wo keine Fehler passiert sind, wo Transparenz hergestellt wurde, wo Brandmauern eingezogen wurden, da muss man dann auch sagen, das muss man voneinander trennen." Seine persönlichen Umfragewerte stünden überhaupt nicht zur Debatte.
Am Nachmittag wird Habeck diese Trennung wohl auch im Bundestag versuchen. Das Parlament beschäftigt sich in einer Aktuellen Stunde mit den Brandmauern und den Familienbanden im Bundeswirtschaftsministerium.