Migrationspolitik Kabinett beschließt neues Aufenthaltsrecht
Der Bund will geduldeten Ausländern bessere Möglichkeiten verschaffen, legal dauerhaft in Deutschland zu bleiben. Das Kabinett verabschiedete einen entsprechenden Gesetzentwurf. Zudem soll die Abschiebehaft verlängert werden.
Die Bundesregierung will Tausenden seit Jahren in Deutschland lebenden Ausländern ohne gesicherten Aufenthaltstitel eine langfristige Bleibeperspektive eröffnen. Den Gesetzentwurf zum sogenannten Chancen-Aufenthaltsrecht beschloss das Bundeskabinett. "Für rund 135.000 Menschen ist das die Brücke in ein besseres Leben in Deutschland, für mehr Menschlichkeit statt Misstrauen im Aufenthaltsrecht", sagte die Integrationsbeauftragte der Regierung, Reem Alabali-Radovan.
Die geplante Regelung soll für Menschen gelten, die zum Stichtag 1. Januar 2022 seit mindestens fünf Jahren in Deutschland gelebt haben und sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Wer mehrfach falsche Angaben gemacht oder über seine Identität getäuscht hat, um seine Abschiebung zu verhindern, soll von dieser neuen Möglichkeit jedoch nicht profitieren können.
Ebenfalls ausgenommen sind Straftäter, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder Verurteilungen nach dem Jugendstrafrecht, die nicht auf Jugendstrafe lauten, kein Hindernis darstellen sollen.
Verlängerung der Abschiebehaft auf sechs Monate
Teil des ersten Migrationspakets der Ampelkoalition ist außerdem eine Verlängerung der Abschiebehaft für bestimmte Straftäter von drei Monaten auf maximal sechs Monate. Diese Verlängerung soll den Behörden mehr Zeit geben, eine Abschiebung vorzubereiten, etwa die Identität zu klären, fehlende Papiere zu beschaffen und einen Platz in einem Flugzeug zu organisieren.
Der Entwurf sieht auch eine Verstetigung von Regelungen aus dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz vor sowie die Erleichterung des Familiennachzugs zu Fachkräften und IT-Spezialisten. Zudem sollen mehr Menschen Zugang zu Sprach- und Integrationskursen erhalten.
Noch vor Jahresende will die Ampelkoalition zudem ein zweites Migrationspaket auf den Weg bringen. SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag unter anderem Erleichterungen bei der Einbürgerung für Menschen aus der sogenannten Gastarbeitergeneration und die Einführung einer "Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems" für die Arbeitsmigration vereinbart.
Die Integrationsbeauftragte Alabali-Radovan sagte: "Heute setzen wir den ersten Meilenstein, im Herbst werden weitere folgen: Wir wollen Beschäftigungsverbote abschaffen, unser Einwanderungsrecht modernisieren und mehr Einbürgerungen ermöglichen."
Hilfsorganisationen geht Entwurf nicht weit genug
Mehrere Hilfsorganisationen kritisierten das geplante Gesetz als unzureichend. Der Gesetzentwurf greife nur einen kleinen Teil der im Koalitionsvertrag angekündigten Verbesserungen auf, kritisierten zwölf Organisationen vorab. "Das Ziel ist gut und richtig: Menschen eine Chance zu geben, die bislang keinen sicheren Status haben", sagte "terre des hommes"-Vorstand Joshua Hofert. "Der von der Ampel-Regierung angekündigte Paradigmenwechsel in der Flucht- und Migrationspolitik ist noch nicht in Sicht."
Die Regelungen müssten so gestaltet sein, dass nicht von vornherein ganze Personengruppen herausfallen, darunter viele Minderjährige. Die Hilfsorganisationen kritisierten ebenso, dass Arbeits- und Ausbildungsverbote für geflüchtete Menschen dem Entwurf zufolge nicht abgeschafft werden sollen.