Dieselstreit Es ist kompliziert
"Es gibt eben Sachen, die sind ein bisschen kompliziert": Sagt die Kanzlerin über das leidige Dieselproblem und hat wohl recht: Umtausch, Rückkauf, Nachrüstung - wer will was? Ein Überblick.
Rückkauf, Umtausch, Hardware-Nachrüstung. Grenzwerte, Stickoxide, Euro 4, 5 und 6 sowie Euro 6d-TEMP: Die Sache ist verzwickt, das merkt man, wenn man sich reinkniet. Die Bundeskanzlerin hat das notgedrungen bereits getan. "Das muss man schon in Ruhe erzählen. Es gibt eben Sachen, die sind ein bisschen kompliziert. Da kann ich auch nix dafür", sagt Angela Merkel.
Es geht darum, die Luft in Innenstädten besser zu machen, um von Gerichten angeordnete Fahrverbote abzuwenden. Der Dreck, um den es geht - Stickoxide - kommt ganz überwiegend aus den Auspuffen von Diesel-Pkw. Das zu ändern, ist grundsätzlich auf zwei Wegen möglich: Dreckige Autos aus dem Verkehr ziehen und durch neue ersetzen, oder die Motoren technisch nachrüsten.
Verkehrs- gegen Umweltministerium
Das CSU-geführte Verkehrsministerium findet ersteres besser, das SPD-geführte Umweltministerium zweiteres. Am Ende wird eine Mischung stehen, das ließ Verkehrsminister Andreas Scheuer am Freitag im Bundestag bereits durchblicken. "Sie haben dann verschiedene Optionen, wie sie sich entscheiden. Und die Hersteller sind in der Pflicht."
Scheuer setzt auf großzügige Umtauschprämien der Autoindustrie. Etliche Tausend Euro an Rabatt, die gewährt werden, wenn einer sein altes, dreckiges Auto gegen ein neues eintauscht. Am Wochenende machten Meldungen die Runde, diese Angebote sollten sich auf die 14 Städte mit der dreckigsten Luft beschränken, aber das Verkehrsministerium widersprach - es gehe um eine Lösung mit Flächenwirkung. Weil Umtausch für die Autobesitzer aber bedeutet, mit viel Geld einen neuen Wagen zu kaufen, wenn auch mit Rabatt, soll es für Euro-5-Diesel auch die Möglichkeit der Hardware-Nachrüstung geben.
Wahlkämpfer Bouffier redet auch mit
Den Widerstand dagegen hat das Verkehrsministerium aufgegeben - nach Druck aus den eigenen Reihen, von Hessens CDU-Regierungschef Volker Bouffier, der seine Position im Bericht aus Berlin nochmal bekräftigt. "Umstiegsprämien, Austausch, das kann man alles machen. Ich halte die Hardware-Nachrüstung auch für einen zwingenden Teil" - und zwar auf Kosten der Hersteller, zur Not zusätzlich mit ein bisschen Steuergeld - und auf keinen Fall nur in den 14 dreckigsten Städten. Da wäre nämlich die größte hessische Stadt Frankfurt nicht dabei, für die ein Gericht gerade erst Fahrverbote angeordnet hat.
"Frankfurt ist die Pendler-Hauptstadt Deutschlands, Hunderttausende von Menschen sind davon betroffen. Es muss eine Lösung geben, die Frankfurt mit umfasst. Alles andere kann von mir überhaupt nicht akzeptiert werden", so Bouffier. Zumal die Hessen in vier Wochen einen neuen Landtag wählen, und Bouffier gerne Ministerpräsident bleiben möchte.
Und die Autokonzerne?
Also, Nachrüstungen plus Umtauschprämien - an den Details wird noch gefeilt. Die Bundesregierung muss sich da nicht nur untereinander, sondern auch mit den Autoherstellern einig werden. Die Angebote sollen übrigens nicht nur für Autos gelten, bei denen die Hersteller bei der Motorsteuerung getrickst haben - denn auch regelkonforme ältere Dieselautos stoßen viel Stickoxid aus. Die Bundesregierung verhandelt mit den deutschen Herstellern, hofft aber, dass so viel Druck entsteht, dass Importeure mit entsprechenden Angeboten nachziehen.
Einzelheiten dann am Abend - jedenfalls geht's im Koalitionsausschuss mal um was Inhaltliches, nicht ums Personal - das passt zum Motto, das Merkel nach dem großen Maaßen-Streit ausgegeben hat: Zurück zur Sacharbeit. Neben dem Diesel soll auch noch über das Einwanderungsgesetz gesprochen werden.