Neues Klimaschutzgesetz Einfach mal pragmatisch denken
Einer aufgeladenen Debatte zum Trotz hat die Bundesregierung beim Klimaschutzgesetz richtig entschieden. Denn die bisherigen Sektorziele hatten etwas von Klima-Planwirtschaft. Auf die Gesamtbilanz kommt es an.
Die Reform des Klimaschutzgesetzes ist richtig. Die bisherigen Regeln - mit ihren jahresgenauen Sektorzielen - waren allzu statisch und unflexibel, hatten etwas von Klima-Planwirtschaft.
Prognosen sind bekanntlich schwierig - vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Als das Klimaschutzgesetz 2019 in Kraft trat, konnte niemand wissen, dass Russland 2022 die Ukraine überfallen würde. Das führte unter anderem dazu, dass Russland den Gashahn zudrehte, Deutschland alte Kohlekraftwerke wieder ans Netz brachte und nebenbei auch noch die letzten Atomkraftwerke abschaltete. Für die Klimabilanz des Energiesektors war das schlecht. Aber eben auch nicht vollständig planbar.
Gut ist, dass Deutschland im vergangenen Jahr seine selbst gesteckten Klimaziele in der Summe trotzdem erreicht hat. Das ist entscheidend. In der Landwirtschaft und in der Abfallwirtschaft geht es nämlich schneller voran als erwartet. Und die zusätzlichen Einsparungen von Treibhausgasen dort machten sogar die Lücke im Verkehr und bei den Gebäuden wett. Warum soll man nicht alles miteinander verrechnen, wenn die Gesamtbilanz stimmt?
Für viele gibt es nur noch Schwarz oder Weiß
Kritikern der Reform sei gesagt, dass Deutschlands bisheriges Klimaschutzgesetz in seiner Kleinteiligkeit international ziemlich einmalig ist. Die sehr klimabewusste Europäische Union verzichtet in ihrer Klimaschutzverordnung - trotz strenger Vorgaben - auf jahresgenaue Sektorziele für die Einzelstaaten.
Auch Länder mit eigenen Klimaschutzgesetzen lassen viel Raum für Pragmatismus, ohne das Gesamtziel aus den Augen zu verlieren. Aber mit Pragmatismus tut sich Deutschland leider häufig schwer, wenn Debatten erstmal ideologisch aufgeladen sind. Und beim Klimaschutz ist das der Fall.
Für viele gibt es nur noch Schwarz oder Weiß. Klima-Apokalyptiker stehen Klimawandel-Leugnern gegenüber - häufig unversöhnlich, auf manchen Straßen mitunter sogar handgreiflich, wenn die Klimakleber mal wieder unterwegs sind.
Im internationalen Vergleich sehr ambitioniert
Dabei verfolgt diese Bundesregierung eine sehr ambitionierte Klimapolitik - auch im internationalen Vergleich. Schon heute wird hierzulande der Strom über das Jahr gerechnet fast zur Hälfte durch Erneuerbare erzeugt. Deren Ausbautempo soll nun sogar verdreifacht werden.
Dreistellige Milliardensummen investiert der Staat in den Klimaumbau. Und die Industrie soll auf grünen Wasserstoff umgerüstet werden, was erstmal sehr viel kostet und kurzfristig Wettbewerbsnachteile bringen dürfte. Ob das Versprechen des nachhaltigen Wohlstands in den 2030er-Jahren aufgeht, ist ungewiss. Es kann gelingen, es kann aber auch gewaltig schiefgehen.
Klimaschutzpolitik muss Rücksicht nehmen
Die heftigen Debatten über das Heizungsgesetz haben gezeigt, dass schon jetzt viele Bürger Sorge haben, überfordert zu werden. Klimaschutzpolitik mit der Brechstange mag in grünen Milieus gut ankommen, bei anderen erzeugt sie immer größere Ablehnung. Auch darauf muss eine ambitionierte Klimaschutzpolitik Rücksicht nehmen.
Die Ampelregierung ist gut beraten, in der Verkehrspolitik nicht das nächste politische Schlachtfeld aufzumachen. Auch, wenn der Verkehrsbereich zweifellos bislang am weitesten hinter den Sektorzielen hinterherhinkt. Einfach mal pragmatisch denken: Beim Verkehr dauert der klimagerechte Umstieg noch etwas, anderswo geht es dafür schneller voran.
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