Bundeswehreinsatz in Mali Lambrechts rote Linie
Nur widerwillig hat Lambrecht dem Bundeswehreinsatz in Mali bis 2024 zugestimmt. Den Zeitplan knüpft sie an Bedingungen. Sollte diese rote Linie überschritten werden, könnte das auch innenpolitische Konsequenzen haben.
Dass dies ein Besuch im Krisengebiet ist, daran lässt die Szenerie keine Zweifel aufkommen: Während die deutsche Verteidigungsministerin mit ihrem malischen Amtskollegen die Ehrenformation der strammstehenden Soldaten abschreitet, sichern vermummte, mit Sturmgewehren bewaffnete Militärs auf offenen, sandfarbenen Pick-Up-Trucks die Ministerin in alle Himmelsrichtungen ab.
"Gar keine Frage, dass es hier gefährlich ist", bestätigt auch ein Major, der hier in der Hauptstadt Bamako für die UN-Mission MINUSMA seinen Dienst tut. Das gesicherte Camp verlassen die Soldaten nur in gepanzerten Fahrzeugen. "Ein gewisses Level, eine gewisse Anspannung ist immer vorhanden", sagt der Major.
Sowohl die Bewegungsfreiheit als auch die Sicherheitslage ist hier in der Hauptstadt in keiner Weise zu vergleichen mit dem Norden des Landes, wo die Terrormilizen vom sogenannten 'Islamischen Staat' Landstriche beherrschen. Hier haben es die in Gao stationierten rund 1100 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr mit ganz anderen Gefahren zu tun: Mit Beschuss, mit Sprengfallen.
Lambrecht fordert Wahlen
Der eigenen Sicherheit ist dabei wenig zuträglich, dass die Militärjunta den Deutschen in den letzten Wochen immer wieder Flüge von Überwachungsdrohnen rund um das Camp untersagt hat. Das dürfte die Ampel-Koalition in ihrem kürzlich gefällten Beschluss bestärkt haben, aus Mali abzuziehen. Wenn auch nicht sofort: "Das wird beginnen im Sommer 2023 und soll im Mai 2024 endgültig abgeschlossen sein", bekräftigte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht in Bamako.
Und schickte an den neben ihr stehenden malischen Amtskollegen Sadio Camara noch eine unmissverständliche Warnung hinterher. Der Zeitplan sei an Bedingungen geknüpft: "Dazu gehört, dass es dann auch wirklich im Rahmen dieses Transitionsprozesses im Februar 2024 Wahlen geben wird." Das ist Bedingung Nummer eins. Immer wieder hatte das per Putsch an die Macht gekommene Regime versprochen, Präsidentschaftswahlen abzuhalten.
Aufklärungsflüge seien nötig
Bedingung Nummer zwei sei, dass die Bundeswehr auch zu Aufklärungsflügen in der Lage sei, sprich: Dass die Heron-Drohne in Gao auch wirklich starten darf, fuhr Lambrecht fort. Wohl auch aus Rücksicht auf die russischen Söldner, mit denen das Regime zusammenarbeitet und die sich nur ungern auskundschaften wollen, hatte die Militärregierung genau diese Starts untersagt.
Doch Aufklärung sei unerlässlich, stellt Lambrecht im ARD-Interview anschließend noch einmal klar: "Wir werden nicht bis Mai 2024 hierbleiben, wenn wir diese Aufgabe nicht erfüllen können."
Es ist kein Geheimnis, dass die SPD-Politikerin die Bundeswehr lieber eher abgezogen hätte - doch dagegen stemmte sich Annalena Baerbocks Außenministerium, auch aus Rücksicht auf die Vereinten Nationen. Sollte das Militärregime nun Lambrechts rote Linien überschreiten, dürfte das erneut für Zündstoff mit dem Außenministerium führen.
Erstes Treffen mit Camara
Vorerst jedoch versuchte Lambrechts malischer Amtskollege Camara, Bedenken zu zerstreuen, dass die Deutschen gar nicht mehr willkommen sein könnten im Land. Vielmehr lobte er den Ampel-Beschluss, als Abzugsdatum den 24. Mai gewählt zu haben, von "Offenheit und Ehrlichkeit" in der Partnerschaft spricht Camara.
Für Lambrecht und Camara war es das erste Mal überhaupt, dass die beiden sich von Angesicht zu Angesicht begegneten. Bei Lambrechts letzten Besuch im April war der Minister nicht verfügbar gewesen.
Weihnachtsgruß bei 35 Grad: Christine Lambrecht besuchte die deutschen Soldatinnen und Soldaten im Camp Castor in Mali.
Weihnachtsbotschaft bei 35 Grad
Besonders und persönlich betroffen von der malischen Weigerung, deutsche Drohnen starten zu lassen, ist Oberleutnant Lasse. Er ist im Camp Castor, im nordmalischen Gao, für den Betrieb der insgesamt vier Heron-Aufklärungsdrohnen zuständig: "Als Pilot möchte man fliegen." Lasse macht aus seiner Enttäuschung kein Geheimnis. Während er spricht, steht er vor einem Exemplar der Drohne, die er gerade der Ministerin präsentieren durfte.
Die war nach ihrem Besuch in der Hauptstadt Bamako in das Camp der UN-Mission nach Gao geflogen, wo auch die Bundeswehr stationiert ist. Der an die malische Militärregierung gerichteten Warnung ließ sie noch eine Weihnachtsbotschaft folgen - gewidmet war die der deutschen Truppe, die hier im derzeit gefährlichsten Auslandseinsatz der Bundeswehr ihren Dienst tut.
"Gerade in dieser Zeit, vor Weihnachten, ist es so wichtig für Sie zu wissen, dass wir hinter Ihnen stehen", erklärte Lambrecht. Bei über 35 Grad Celsius und im rötlich-braunen Wüstensand eine Weihnachtsbotschaft zu überbringen, dürfte indes eine ungewöhnliche Erfahrung für die Ministerin gewesen sein.