Ausschreitungen in Leipzig Haftbefehle gegen fünf Personen erlassen
Brennende Barrikaden, attackierte Einsatzkräfte: In Leipzig sind die gewalttätigen Proteste in der Nacht weitergegangen. Inzwischen wurden fünf Haftbefehle erlassen. Am Morgen beruhigte sich die Lage langsam.
Die Proteste nach dem Hafturteil gegen die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. sind in Leipzig auch in der Nacht weitergegangen. In der Stadt gebe es "an verschiedenen Stellen Zusammenrottungen von augenscheinlich gewaltbereiten" Menschen, teilte die sächsische Polizei auf Twitter mit.
Einsatzkräfte seien attackiert sowie Barrikaden errichtet und in Brand gesetzt worden. Feuerwehr und Polizei löschten demnach gemeinsam die Barrikaden. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit mehreren Hundertschaften im Einsatz und stellte sich "auf einen gewalttätigen Verlauf in dieser Phase des Einsatzes" ein. "Wir rufen zur Besonnenheit auf, um die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen", hieß es in der Twitter-Mitteilung.
Polizei löscht brennende Barrikaden mit Wasserwerfern
In einer Mitteilung der Polizeidirektion Leipzig war ebenfalls von der Errichtung von Barrikaden die Rede. Um die brennenden Barrikaden zu löschen, habe die Polizei Wasserwerfer eingesetzt. Betroffen von den Krawallen war demnach insbesondere der Stadtteil Connewitz. Ein Polizeiposten sei mit Steinen attackiert worden. Dabei seien zwei Beamte verletzt worden, teilte die sächsische Polizei am Morgen auf Twitter mit.
Am Abend hatte die Polizei damit begonnen, Personalien aufzunehmen. Nach ersten Schätzungen seien Hunderte Menschen eingekesselt worden, hieß es. Die Einsatzkräfte nahmen auch Demonstranten mit auf die Polizeiwache, um Identitäten festzustellen. Noch in den frühen Morgenstunden hatte die Polizei die Demonstranten festgehalten.
Nach Informationen des MDR hat sich Lage am Morgen entspannt: Laut einer Polizeisprecherin seien inzwischen die Personalien von fast 1000 eingekesselten Demonstranten aufgenommen worden. Einige seien in Gewahrsam genommen worden. Außerdem habe die Polizei in der Stadt errichtete Barrikaden geräumt.
Fünf Verdächtige dem Haftrichter vorgeführt
Bereits in der Nacht zum Samstag hatte es gewaltsame Zusammenstöße zwischen der Polizei und mutmaßlich linksextremen Demonstranten gegeben. Fünf Männer, die dabei festgenommen wurden, wurden inzwischen dem Haftrichter am Amtsgericht Leipzig vorgeführt, wie die Polizei mitteilte.
Gegen alle fünf Beschuldigten wurde Haftbefehl erlassen. Der Vorwurf: schwerer Landfriedensbruch. Sie würden in eine Justizvollzugsanstalt gebracht. Es handelt sich den Angaben zufolge um zwei 28-Jährige und drei Männer im Alter von 20, 25 und 32 Jahren.
Kritik der Linken am Vorgehen der Polizei
Die Linke übte Kritik am Vorgehen der Polizei. So warf ihr Parlamentsgeschäftsführer im sächsischen Landtag, Marco Böhme, der Polizei bei Twitter vor, sie habe die Lage durch das "faktische Verbot" eskalieren lassen. Zudem kritisierte er, dass die Eingekesselten teils über Stunden festsaßen. Die Polizei erklärte, alle betroffenen Personen würden versorgt. Es gebe auch die Möglichkeit, ein mobiles WC zu nutzen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, der mit Innenminister Armin Schuster (beide CDU) am Nachmittag das Lagezentrum besucht hatte, dankte der Polizei für ihren Einsatz. "Das Ziel ist Menschen und Sachwerte zu beschützen und Gewalttäter festzunehmen", erklärte der CDU-Politiker via Twitter.
Angekündigte Demo gegen Verurteilung der Studentin Lina E.
In linken Kreisen war bundesweit für die Demonstration am Samstag mobilisiert worden. Anlass ist das Urteil gegen Lina E. und drei Mitangeklagte wegen Überfällen auf vermeintliche oder tatsächliche Neonazis, bei denen mehrere Menschen teils schwer verletzt worden waren.
Die 28-Jährige war am Mittwoch vom Oberlandesgericht Dresden zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden.
Bis zum Nachmittag war die Lage zunächst friedlich geblieben. Trotz des endgültigen Verbots einer großen "Tag X"-Demonstration der linksradikalen Szene war die Polizei mit einem Großaufgebot in der Stadt präsent.
Zudem fanden in der Stadt das Sachsenpokal-Finale, das Stadtfest sowie ein Konzert von Herbert Grönemeyer statt. An Zufahrtswegen in die Stadt sowie am Bahnhof gab es den ganzen Tag Kontrollstellen. Am frühen Samstagnachmittag brannten mehrere Fahrzeuge und Mülltonnen.