SPD-Fraktionschef Mützenich und Kanzler Scholz

Debatte in SPD über Scholz Zwischen "absolutem" Rückhalt und verhaltenem Lob

Stand: 05.09.2024 17:47 Uhr

Die Wahlen in Sachsen und Thüringen haben die SPD erschüttert. Zum Auftakt der Fraktionsklausur wird in der Partei auch über Kanzler Scholz diskutiert. Vom SPD-Fraktionschef bekommt er "absoluten" Rückhalt. Das Lob des Parteichefs klingt verhaltener.

SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich hat Kanzler Olaf Scholz trotz der Wahldebakel in Thüringen und Sachsen und schlechter Umfragewerte auf Bundesebene demonstrativ den Rücken gestärkt. "Der Rückhalt für den Bundeskanzler ist bei mir absolut", sagte Mützenich zum Auftakt der SPD-Fraktionsklausur im brandenburgischen Nauen. "Ich unterstütze ihn in einer wirklich herausfordernden Zeit, die sowohl international als auch im Kampf um jeden einzelnen Arbeitsplatz (...) alle Konzentration braucht."

Zum Auftakt der traditionellen Klausurtagung nach der Sommerpause gab es eine Aussprache mit dem Kanzler auch über die Wahlergebnisse. Dabei gab es mehr als 30 Wortmeldungen, die von Teilnehmern als kontrovers, aber auch konstruktiv beschrieben wurde.

Die SPD hatte am Sonntag in Thüringen und Sachsen mit 6,1 und 7,3 Prozent ihre bisher schlechtesten Werte erzielt. Das Ergebnis in Thüringen war sogar das schlechteste bei einer Landtagswahl überhaupt.

"Ihre Verantwortung erkennen"

Danach hatte es vereinzelt offene Kritik an der Parteiführung gegeben. Der Bundestagsabgeordnete Mahmut Özdemir schrieb auf Facebook: "Führungsriegen, die zusehen, wie seit anderthalb Jahrzehnten die SPD sinkende Mitgliedszahlen und geringere Zustimmung in der Bevölkerung verzeichnet, müssen ihre Verantwortung erkennen." Die Menschen vertrauten der SPD nicht mehr.

Mützenich sagte, er sehe trotzdem keinen Grund, die mehr als 200 Bundestagsabgeordneten zur Ordnung zu rufen. "Ich brauche meine Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion nicht um Disziplin nachzufragen." Die Fraktion habe in den letzten drei Jahren in der Ampel-Koalition bewiesen, dass sie auch so zusammenhält. "Ich bin kein Erzieher, der dort vorne vor der Fraktion irgendwelche Turnübungen macht", betonte Mützenich.

Brandenburg-Wahl am 22. September

In den Umfragen zur Bundestagswahl liegt die SPD derzeit bei 14 bis 16 Prozent hinter CDU/CSU und AfD. 2021 war sie noch mit 25,7 Prozent stärkste Partei geworden.

Die bevorstehende Wahl in Brandenburg am 22. September ist für die SPD noch wichtiger als die beiden Wahlen in Thüringen und Sachsen, weil sie dort seit 1990 durchgehend die Ministerpräsidenten stellt. In den Umfragen ist in Brandenburg derzeit aber die AfD die stärkste Partei, CDU und BSW liegen nicht weit hinter der SPD.

Klingbeil glaubt nicht an Pistorius-Effekt

Sollte der SPD-Regierungschef Dietmar Woidke in Brandenburg nicht wiedergewählt werden, stehen der größten Partei in der Berliner Ampel-Koalition turbulente Tage und Wochen bevor. Es wird jetzt schon darüber spekuliert, dass dann auch Scholz als erneuter Kanzlerkandidat in Frage gestellt werden könnte. Sein Verteidigungsminister Boris Pistorius schneidet in den Umfragen deutlich besser ab und gilt als beliebtester Politiker Deutschlands.

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil erwartet allerdings nicht, dass die Krise seiner Partei durch einen Kanzlerkandidaten Pistorius gelöst wäre. "Ich glaube nicht an so einfache Erklärungen wie: Wir tauschen eine Person aus, und dann wird alles gut", sagte Klingbeil den Funke-Zeitungen. "Wir müssen uns Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern zurückerkämpfen. Da sind jetzt alle in der Verantwortung."

"Froh, dass Olaf Scholz unser Bundeskanzler ist"

Klingbeil wollte sich in dem Interview auf Nachfrage nicht dem Urteil von Gesundheitsminister Karl Lauterbach anschließen, wonach Scholz "der beste Bundeskanzler" sei, "den wir je gehabt haben". Er sei "froh, dass Olaf Scholz unser Bundeskanzler ist", sagte Klingbeil auf eine entsprechende Frage. Er wolle sich "gar nicht entscheiden müssen", welcher der vier SPD-Bundeskanzler der beste sei.

Auf die Frage, ob er die Rolle des Kanzlers kritisch sehe, entgegnete Klingbeil: "Wir reden jeden Tag miteinander. Durchaus auch kritisch, aber vertraulich." Als Parteichef dränge er darauf, "dass sich Sachen ändern".

Die Bundestagswahl soll nach jetzigem Stand am 28. September 2025 stattfinden.