Bundes-SPD und die Niedersachsen-Wahl Aufatmen im Willy-Brandt-Haus
Trotz des Siegs in Niedersachsen sind bei der SPD in Berlin keine Freudenschreie zu hören - es ist eher ein Aufatmen: Der Rüffel für die Politik im Bund bleibt aus. Sorgen machen sich die Genossen um die Balance in der Ampel.
Erleichterung ist wohl das richtige Wort, um die Stimmungslage im Willy-Brandt-Haus an diesem Wahlabend zu beschreiben. So ganz hatte man den Umfragen nicht getraut, obwohl viele einen SPD-Sieg vorhergesagt hatten. Zu schwer war wohl für die SPD einzuschätzen, wie die Wählerinnen und Wähler in Niedersachsen auf die Krisenbewältigung der Ampel-Koalition in Berlin reagieren würden.
Dass Stephan Weil nun Ministerpräsident bleiben kann, hilft wohl auch Bundeskanzler Olaf Scholz und der SPD insgesamt, sagt der Politikwissenschaftler Thorsten Faas dem ARD-Hauptstadtstudio. Der Erfolg beruhige die Partei. "Beim Gewinnen ist ja erst mal egal, wer da wie viel beigetragen hat", so Faas.
Remis in der bundesweiten Wahlbilanz
Auch Scholz kann sich also als Sieger des Wahlabends in Hannover sehen. Am Ende des Jahres ist die Bilanz der SPD bei Landtagswahlen mindestens ausgeglichen. Das ist nicht selbstverständlich im ersten Jahr einer Regierung auf Bundesebene.
Im Saarland hat die Partei Anfang des Jahres die absolute Mehrheit geholt. Dann folgten zwei Niederlagen aus der Opposition heraus in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Nun verteidigt sie die Staatskanzlei in Hannover klar und kann sich wahrscheinlich sogar den Koalitionspartner aussuchen. Das werden wohl die Grünen werden. Damit würde auch die letzte Große Koalition auf Landesebene verschwinden.
Weil kann auch Widerworte
In Berlin erhofft man sich dadurch mehr ampeltreue Politik als von der bisher in Niedersachsen regierenden rot-schwarzen Koalition. Im Bundesrat gäbe es dann ein Land weniger, dessen Abstimmungsverhalten von der Union mitbestimmt wird.
Ob das dazu führt, dass die Ampel einfacher regieren kann, ist aber längst nicht ausgemacht. Gerade in den vergangenen Wochen - zum Beispiel bei der Diskussion um Gaspreisbremse und Krisenfinanzierung - hat Weil gezeigt, dass er die Interessen seines Landes auch gegen die Regierung im Bund artikulieren kann, egal ob der Kanzler ein Genosse ist. Der niedersächsische Regierungschef wird das wohl auch weiterhin tun.
Als Kopf der MPK spielt Weil auch bundespolitische Rolle
In den kommenden sechs Monaten ist er Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), auch das ist für die SPD nicht unwichtig. Zwar ist es üblich, dass der Chef der MPK überparteilich agiert und die Interessen aller Länder berücksichtigt, trotzdem ist die Position gerade in der aktuellen Krise wichtig. Der MPK-Vorsitzende leitet die Sitzungen des Gremiums und vertritt die Ergebnisse nach außen.
Hätte die CDU die Landtagswahl gewonnen, wäre der Posten an Bernd Althusmann gefallen. Nun bleibt Weil der Vorsitzende und kann damit auch eine sichtbare Rolle in der Bundespolitik einnehmen, auch wenn demnächst weiter zwischen Bund und Ländern über die Finanzierung der Krisenpolitik verhandelt wird. In der Kommunikation kann es für die SPD dadurch angenehmer werden. Denn auch wenn der MPK-Vorsitzende die Position der Länder vertreten soll, kann er natürlich entscheiden, ob er eher Trennendes oder Verbindendes betont.
Die größte Sorge der Bundes-SPD gilt aber ausnahmsweise gar nicht der eigenen Partei. Das schwache Ergebnis der FDP sorgt für Unsicherheit. Die Sorge bei den Sozialdemokraten ist groß, dass die Liberalen in der Ampelkoalition nun noch weniger kompromissbereit sind.