Ein Auto der Polizei Nordrhein-Westfalen

Mitüberwachung von Unbeteiligten NRW-Polizeigesetz teils verfassungswidrig

Stand: 03.01.2025 16:35 Uhr

Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts muss das Land NRW sein Polizeigesetz ändern. Streitpunkt war die verdeckte Überwachung eines Mannes, von der auch die Freundin betroffen war.

Von Alena Lagmöller, ARD-Rechtsredaktion

Ein Rechtsextremist wurde für längere Zeit von der Polizei in Nordrhein-Westfalen beobachtet. Der Mann war wegen Totschlags und anderen schweren Straftaten zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Um ein Abtauchen oder neue Straftaten nach Ende der Haft zu verhindern, wurde der Mann observiert. Davon war aber auch eine unbeteiligte Dritte betroffen, auch von ihr wurden Fotoaufnahmen im Rahmen der Observation erstellt.

Die Frau hielt das für rechtswidrig und klagte bis zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig dagegen. Die Richterinnen und Richter hatten grundsätzliche Zweifel an den Regelungen aus Nordrhein-Westfalen. Sie hielten die Vorschriften zu Observation und Bildaufnahmen für verfassungswidrig. Nach der geltenden Regelung ist eine langfristige Beobachtung für die Polizei nämlich schon dann erlaubt, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine Person eine schwere Straftat begehen will.

Besonders schwere Grundrechtseingriffe

Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Vorschriften aus NRW mit einem heute veröffentlichtem Beschluss für verfassungswidrig. Eine Observation unter Anfertigung von Bildaufnahmen kann einen schweren Eingriff in Grundrechte darstellen. Das gelte insbesondere dann, wenn langfristig und dauerhaft heimliche Aufzeichnungen von einer Person erstellt werden.

Obwohl es also um schwere Grundrechtseingriffe geht, sei die Schwelle für solche Maßnahmen im Polizeigesetz NRW zu niedrig und könne dadurch zu schnell angeordnet werden. Eine längerfristige Observation mit Erstellung von Bildaufnahmen sei nur erlaubt, wenn es zumindest eine konkrete oder wenigstens eine konkretisierbare Gefahr gibt, dass eine schwere Straftat begangen wird. Ein vager Verdacht wie bisher reiche nicht aus. Die Polizei müsse Tatsachen vorbringen, die zumindest den Schluss auf ein konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen zulassen.

Anpassung bis Ende 2025

Nordrhein-Westfalen hat nun bis Ende des Jahres Zeit, sein Polizeigesetz anzupassen. Unmittelbar gilt die Entscheidung nur für NRW, doch die darin enthaltenen Maßstäbe müssen auch in den Polizeigesetzen der anderen Bundesländer berücksichtigt werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete WDR "Aktuelle Stunde" am 03. Januar 2025 um 18:45 Uhr.