Daniela Klette
Player: videoProzessbeginn gegen Ex-RAF-Terroristin Klette - ihr werden versuchter Mord und schwerer Raub vorgeworfen

Vorwurf des versuchten Mordes Prozess gegen Ex-RAF-Terroristin Klette gestartet

Stand: 25.03.2025 11:01 Uhr

Nach Jahrzehnten im Untergrund wurde die frühere RAF-Terroristin Klette verhaftet. Nun hat der Prozess gegen sie begonnen. Klette wird versuchter Mord und die Beteiligung an bewaffneten Raubüberfällen vorgeworfen.

Sie tanzte, soll Nachhilfe in Mathe gegeben haben - und alle paar Jahre mit ihren ehemaligen RAF-Komplizen auf Raubzug gegangen sein. Nach 35 Jahren im Untergrund steht Daniela Klette nun vor dem Landgericht Verden. Aus Sicherheitsgründen begann die Verhandlung im Staatsschutzsaal in Celle.

Player: videoAnnette Deutskens, NDR, zum Prozessbeginn gegen Daniela Klette

Annette Deutskens, NDR, zum Prozessbeginn gegen Daniela Klette

tagesschau, 25.03.2025 14:00 Uhr

Schon seit vielen Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft Verden gegen die heute 66-Jährige. Ihre Akte füllt unzählige Ordner, allein die Anklage umfasst laut Gericht mehr als 600 Seiten. Die Ermittler werfen ihr vor, an mindestens 13 Raubüberfällen beteiligt gewesen zu sein. Manchmal fielen Schüsse - so geht es im Prozess auch um versuchten Mord und unerlaubten Waffenbesitz.

Klette führte jahrzehntelang ein Doppelleben

Spätestens 1990 verschwand Klette von der Bildfläche. In ihrer Wohnung in Berlin-Kreuzberg hortete sie Waffen und Bargeld, nach außen führte sie ein normales Leben. Nachbarn schildern "Claudia" - wie sie sich im Untergrund nannte - als freundliche, grauhaarige Nachhilfelehrerin Mitte 60 mit einem langen Zopf und einem Hund.

Anfang März brachten Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung neue Bilder über Klettes Leben ans Tageslicht. Sie zeigen sie mal in geselliger kleiner Runde, mal mit einem Baby auf dem Arm oder mit ihrem mutmaßlichen Komplizen Burkhard Garweg, der sich weiterhin auf der Flucht befindet.

Player: videoProzess gegen die Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette beginnt

Prozess gegen die Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette beginnt

Kristina Hoffman, NDR, Morgenmagazin, 25.03.2025 05:30 Uhr

Überfälle, um Leben im Untergrund zu finanzieren

Was Klettes Nachbarn und Freunde bis zu ihrer Festnahme im Februar 2024 nicht ahnten: Die Frau aus dem fünften Stock soll an einer Reihe von ebenso spektakulären wie professionellen Raubüberfällen beteiligt gewesen sein. Mit Garweg und ihrem anderen mutmaßlichen Komplizen Ernst-Volker Staub soll sie zwischen 1999 und 2016 Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein überfallen haben, um ihr Leben im Untergrund zu finanzieren.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft erbeutete das Trio 2,7 Millionen Euro. Bei den Überfällen sollen die ehemaligen Terroristen auch nicht vor Gewalt zurückgeschreckt haben. Laut Anklage sollen sie ihre Opfer mit Elektroschockern oder Schusswaffen bedroht haben.

So auch bei einem Überfall auf einen Geldtransporter in Stuhr nahe Bremen im Juni 2015: Ein Maskierter schoss mit einem Schnellfeuergewehr dreimal auf das Fahrzeug, eine Kugel drang in die Fahrerkabine ein und blieb in der Lehne stecken. Die Staatsanwaltschaft wertet die Tat als versuchten Mord.

Die Überfälle waren nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft monatelang geplant, nichts wurde dem Zufall überlassen. So entdeckten die Ermittler lange Zeit keinen Zusammenhang zwischen den Taten, bis DNA-Spuren auftauchten.

Von Garweg und Staub fehlt jede Spur

2015 nahm das niedersächsische Landeskriminalamt eine Zielfahndung nach Klette, Garweg und Staub auf. Von den beiden Komplizen fehlt nach der widerstandslosen Festnahme der 66-Jährigen in Berlin weiter jede Spur.

Auf der Suche nach Beweisen nahmen die Ermittler die Wohnung der Angeklagten auseinander und bauten sie in Hannover wieder auf. Sie fanden nach eigenen Angaben eine täuschend echt wirkende Attrappe einer Handgranate, Waffen, Handschellen, Sturmhauben, ein Kilogramm Gold, mehr als 240.000 Euro Bargeld, digitale Medien sowie Fotos.

Und dann gibt es noch die DNA-Spuren von Klette an Fluchtfahrzeugen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Klette am Steuer saß. Für die Verteidigung jedoch kein eindeutiges Indiz: Es handle sich um sehr komplexe Mischspuren, die theoretisch auch schon Wochen vor den Überfällen hinterlassen worden sein konnten.

"Ja, es wird wohl so sein, dass Frau Klette irgendetwas mit den Überfällen zu tun hatte", räumte ihre Anwältin Undine Weyers kurz vor dem Prozess in einem Interview mit der taz ein. "Aber es gibt keinen einzigen Beweis, dass sie an einem der Tatorte war oder welche Rolle sie dabei hatte."

Klette will sich äußern

Klette selbst werde sich über ihre Verteidigung am ersten Prozesstag äußern, jedoch nicht zu einzelnen Vorwürfen. Ob die mutmaßliche Raubserie vor Gericht aufgeklärt werden kann, bleibt abzuwarten.

Zu den Strukturen und Taten der RAF wird es voraussichtlich nur wenige Einblicke geben. Zu diesem Komplex wird eine weitere Anklage erwartet. Dann könnte es unter anderem um Klettes mögliche Rolle bei Anschlägen auf die Deutsche Bank 1990, die US-Botschaft in Bonn 1991 und ein hessisches Gefängnis 1993 gehen.

Für die Verhandlung der Raubüberfälle hat das Landgericht Verden zunächst Termine bis Dezember festgelegt. Doch der Prozess wird vermutlich deutlich länger dauern.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das ARD Morgenmagazin am 25. März 2025 um 05:44 Uhr.