Kritik an Gesetzentwurf der Regierung Kommunen dämpfen Erwartungen an Abschiebepläne
Die Bundesregierung will mit mehr Befugnissen für Polizei und Behörden die Zahl der Abschiebungen erhöhen. Doch der Städtetag und Innenminister aus der Union bleiben skeptisch, ihnen gehen die Maßnahmen nicht weit genug.
Die vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachte Verschärfung der Abschieberegeln wird nach Einschätzung des Deutschen Städtetages und von Innenministern aus der Union kaum Wirkung entfalten. Sie erwarten erst einmal keine deutliche Zunahme von Abschiebungen.
"Das Ziel, Menschen ohne Bleibeperspektive in Deutschland schneller zurückzuführen, ist richtig. Aber wirksam werden diese Maßnahmen erst, wenn die Herkunftsländer diese Menschen auch aufnehmen", sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dafür müssten schnell verlässliche Rücknahmeabkommen mit den jeweiligen Herkunftsländern geschlossen werden.
Die Bundesregierung will mit mehr Befugnissen für Polizei und Behörden die Zahl der Abschiebungen steigern. Der am Mittwoch beschlossene Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von 10 auf 28 Tage zu verlängern, Abschiebungen nicht mehr vorab anzukündigen und die Befugnisse der Polizei bei Durchsuchungen in Gemeinschaftsunterkünften zu erweitern. Die Pläne müssen noch vom Bundestag beraten und verabschiedet werden.
Stübgen: "Probleme nicht gelöst"
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) räumte ein, dass die Regelungen im Gesetz in Einzelfällen Abschiebungen erleichtern und Verwaltungsverfahren beschleunigen werden. "Die Anzahl der Abschiebungen wird durch dieses Gesetz aber nicht nennenswert erhöht werden", sagte Stübgen der "Welt".
Abschiebungen scheiterten in der Regel daran, dass Passpapiere fehlen oder die Herkunftsländer ihre Landsleute nicht zurücknehmen wollen. Diese Probleme würden durch den Gesetzentwurf nicht gelöst.
Neue Abschieberegelungen in der Kritik
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zeigte sich zwar erleichtert, "dass die Bundesregierung beim Thema Migration endlich in Gang" komme. Das Gesetz sei aber kein Allheilmittel. Ähnlich sieht das auch Baden-Württembergs Ministerin für Justiz und Migration, Marion Gentges (CDU). Sie sprach mit Blick auf den Gesetzentwurf von einer "Rückführungsdefensive".
Ganz anders ist die Stimmung bei den Grünen: Viele Mitglieder der Ampel-Partei kritisierten die neuen Regelungen als unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit und in die Privatsphäre. Die neue Co-Chefin der Grünen-Nachwuchsorganisation "Grüne Jugend", Katharina Stolla, nannte die Pläne im Vorfeld "verfassungswidrig". Im Interview mit den tagesthemen verteidigte der grüne Vizekanzler Robert Habeck die neuen Regelungen als "harten, aber notwendigen" Schritt.