Oliver Ruhnert, früherer Geschäftsführer bei 1.FC Union, spricht am 08.12.2024 bei seiner Vorstellung vor den Teilnehmern des Parteitages des BSW Berlin zur Wahl der Landesliste für die Bundestagswahl. (Quelle: dpa-Bildfunk/Carsten Koall)

Berlin BSW wählt Oliver Ruhnert zum Berliner Spitzenkandidaten

Stand: 09.12.2024 07:45 Uhr

Lange Jahre war er Manager des 1. FC Union Berlin, zuletzt als Scout tätig - nun will Oliver Ruhnert für das Bündnis Sahra Wagenknecht in den Bundestag gewählt werden. Am Sonntag setzten ihn die Delegierten auf Platz 1 der Berliner Landesliste.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zieht in Berlin mit Oliver Ruhnert an der Spitze in den Bundestagswahlkampf. Der frühere Manager von Union Berlin wurde am Sonntag auf einem Parteitag in Berlin-Mitte auf Platz eins der Landesliste gewählt. Ruhnert erhielt 87,6 Prozent der abgegebenen Stimmen. Für das BSW ist es der erste Wahlkampf zum Einzug in den Bundestag.
 
Der 53-jährige Sauerländer Ruhnert hatte seine eigene Aufstiegsgeschichte als fünftes Kind einer alleinerziehenden Mutter in den Mittelpunkt seiner Rede gestellt und mehr Chancengerechtigkeit in Deutschland gefordert. Dafür gab es viel Applaus, ebenso wie für seine Aussage, das BSW wolle eine "echte Alternative" für die Menschen in Deutschland sein, keine "rechte Alternative". Im Bundestag werde das BSW als "starke Stimme für den Frieden" gebraucht, so Ruhnert, der mit Blick auf den Ukraine-Krieg "tatsächliche diplomatische Bemühungen zur Deeskalation" forderte.

Unions Profifußball-Geschäftsführer Oliver Ruhnert (links) bejubelt gemeinsam mit dem ehemaligen Trainer Urs Fischer den Aufstieg in die Bundesliga im Jahr 2019 (imago images/Matthias Koch)
Das Ende einer Union-Ära
Oliver Ruhnert verlässt Union Berlin. Mit seinem Wechsel in die Politik endet für die Eisernen eine sportliche Ära. Unter Ruhnert gelang dem Verein erst der Aufstieg und dann der Einzug in die Champions League. Von Till Oppermannmehr

Erst Linke, dann BSW

Oliver Ruhnert trat 2007 der Linkspartei bei und war Fraktionsvorsitzender im Stadtrat von Iserlohn. Ende Mai 2024 schloss er sich dann dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) an.

Seit 2007 arbeitete Ruhnert als Scout für Schalke 04, leitete später die Nachwuchsabteilung. Von 2017 bis 2024 war er für den 1. FC Union Berlin tätig, zunächst als Chefscout, dann als Geschäftsführer Profifußball, zuletzt wieder als Chefscout. Ruhnert lebt in Iserlohn im Sauerland, und pendelt von dort nach Berlin für seine beruflichen Verpflichtungen.

Viel Zustimmung auch für Dagdelen, Wolf und Thyrêt

Das von ihm am Sonntag betonte Thema Krieg und Frieden war auch zentral in den Bewerbungsreden für die Listenplätze zwei bis vier. Die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen, der Lichtenberger BSW-Fraktionschef Norman Wolf und die Berliner Co-Landeschefin Josephine Thyrêt übten scharfe Kritik an den Waffenlieferungen der Bundesregierung im Ukraine-Krieg. Thyrêt warnte vor einem drohenden "Atomweltkrieg", Wolf griff sowohl Bundesregierung auch Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz scharf an: "Sie führen uns kalkulierten Auges an den Rand eines Dritten Weltkriegs", sagte er. Ohne Frieden gebe es keine soziale Gerechtigkeit, betonte Dagdelen, die warnte: "Eine ganz große Koalition arbeitet auf die Zerstörung unseres Wohlstands hin."
 
Viel Zustimmung der Delegierten und gute Wahlergebnisse gab es auch für Dagdelen (89,6 Prozent Zustimmung), Wolf (87,6 Prozent) und Thyrêt (89,6 Prozent). Parteigründerin Sahra Wagenknecht schwor die Delegierten in einer kurzen Videobotschaft auf einen "harten und engagierten" Bundestagswahlkampf ein. Angesichts der "furchtbaren" Wahl zwischen einem Bundeskanzler Olaf Scholz oder Friedrich Merz werde das BSW gebraucht. Ihre Partei kümmere sich um Probleme wie Altersarmut, Sozialabbau und soziale Ungerechtigkeit.

Aktuelle Umfragen sehen BSW knapp über der Fünf-Prozent-Hürde

Das erst im Januar 2024 gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht war bei allen bisherigen Wahlteilnahmen sehr erfolgreich. In Thüringen und Brandenburg wird es in Zukunft mitregieren. Ein Einzug in den Bundestag ist allerdings kein Selbstläufer. Aktuelle Umfragen sehen die Partei bundesweit teilweise nur knapp über der Fünf-Prozent-Hürde.

Sendung: rbb24 Inforadio, 08.12.2024, 16 Uhr