Symbolbild: Verschiedene Antigentests liegen auf einem Haufen. (Quelle: dpa/Steinach)

Berlin Fall um millionenschweren Betrug mit Corona-Tests in Berlin wird neu aufgerollt

Stand: 05.12.2024 19:16 Uhr

Wegen des mutmaßlichen Betrugs bei der Abrechnung von Corona-Bürgertests wurde ein 47-Jähriger zu fast neun Jahren Haft verurteilt. Nun entschied der BGH: Das Verfahren muss wegen Rechtsfehlern teilweise neu aufgerollt werden.

Das Landgericht Berlin muss einen vielbeachteten Fall um den Betrug mit Corona-Tests teilweise neu aufrollen. Das entschied nun der Bundesgerichtshof (BGH). Wie er am Donnerstag mitteilte, sind bei dem Verfahren vor anderthalb Jahren Rechtsfehler gemacht worden. In Revision war die Staatsanwaltschaft gegangen.
 
Das Urteil war im März 2023 gesprochen worden, der Angeklagte wurde darin zu acht Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, seine Schwester zu einer Bewährungsstrafe wegen Beihilfe. Dem Mann wurde vorgeworfen, in insgesamt 67 Fällen Tests abgerechnet zu haben, die nie stattgefunden haben sollen. So soll er von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) rund 9,7 Millionen Euro erhalten haben.

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Staatsanwaltschaft war in Revision gegangen wegen Schadenssumme

Der Mann soll vor dreieinhalb Jahren 18 Spätis und Gaststätten, die er betrieb, als Corona-Testzentren angemeldet haben. Fast alle davon mit falschen Personalien, hieß es. Die Schwester soll beim Betrug geholfen haben, indem sie ihre Personalien und Daten zur Verfügung stellte. Ihr wurde die Beihilfe in 17 Fälle zulasten gelegt.
 
Das Landgericht setzte für die unter falschen Namen betriebenen Testzentren den gesamten Auszahlungsbetrag als Schaden an. Im Fall von Teststellen, die auf den tatsächlichen Namen betrieben wurde, zog sie vom entstandenen Schaden aber knapp 64.000 Euro ab. Nach Schätzung des Gerichts sind dies Auszahlungen für tatsächlich erbrachte Corona-Tests. Deshalb ging die Staatsanwaltschaft in Revision - Ziel war eine Korrektur des Einbeziehungsanspruchs.
 
Nach Prüfung stellte der BGH nun aber fest, das Landgericht habe sein Urteil "auf lückenhafte und widersprüchliche Feststellungen gestützt", wie es in einer Mitteilung heißt. Das Urteil wurde deshalb in den betreffenden Fällen und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.

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Neuverhandlung - auch wegen möglicher weiterer Täuschungen

Für den Angeklagten ist das aber alles andere als ein Freispruch - im Gegenteil. Der BGH stellte nämlich auch fest, dass das Landgericht Hinweise auf den Einsatz von ungeschultem Personal und zu kurze Wartezeiten bei der Abnahme von Tests nicht beachtet habe. Zudem habe der Angeklagte seine Dokumentationspflichten nicht eingehalten. Auch dabei könnte der Angeklagte getäuscht haben.
 
Der Fall muss nun von einer anderen Strafkammer des Berliner Landgerichts erneut verhandelt werden. Dabei soll auch geprüft werden, ob - wie von der Staatsanwaltschaft angestrebt - die gesamten über 9,7 Millionen Euro, die die KV an den Angeklagten ausgezahlt hatte, eingezogen werden müssen.