Berlin Nach Pokal-Aus: Hertha BSC will Wiedergutmachung gegen gebeutelte Fürther
Nach dem kräftezehrenden Pokal-Aus in Köln wartet in Fürth der Zweitliga-Alltag auf die Herthaner. Die Franken stecken zwar mitten in einer Ergebniskrise, aber Trainer Christian Fiél warnt vor allem vor zwei Routiniers der Kleeblättler.
Fakten zum Spiel
- Hertha ist aktuell auf dem 9. Platz (21 Punkte), Fürth auf Rang 13 (14 Punkte)
- Hertha hat vier Auswärtssiege in dieser Saison feiern können (Platz 3 in der Auswärtstabelle)
- Die Berliner haben in der 2. Liga die letzten vier Partien gegen Fürth gewonnen
- Jonjoe Kenny und Pascal Klemens droht jeweils die 5. Gelbe Karte
- Fragezeichen hinter Kevin Sessa und Linus Gechter
So ist die sportliche Situation in Fürth
In Fürth läuft es nicht gut in dieser Saison. Nach einem ordentlichen Saisonstart mit acht Punkten aus vier Spielen folgte die deutliche Derby-Pleite gegen den 1. FC Nürnberg (0:4). Trainer Alexander Zorniger musste gehen, Interimstrainer Leo Haas übernahm, doch der sportliche Absturz setzte sich fort.
Dass der bis dato erfolgreiche sportliche Leiter Rachid Azzouzi ebenfalls entlassen wurde, stieß laut Fürth-Experte Joshua Leykam bei einigen Fans auf Kritik: "Azzouzi war eine Person, die den Verein immer gut nach außen vertreten hat." Intern herrsche aktuell "ein sportliches Vakuum", so Leykam. Dem neuen Sportdirektor Stefan Fürstner fehle es noch an Erfahrung und im Aufsichtsrat der Kleeblättler gebe es laut seiner Einschätzung "wenig sportliche Kompetenz".
Jan Siewert (42) wurde Ende November als neuer Trainer vorgestellt, doch auch er konnte die Fürther bislang nicht zurück in die Erfolgsspur bringen. "Er ist recht unerfahren, kann noch keine Erfolge vorweisen, was vielen hier in Fürth nicht gefällt", sagt Leykam.
Die Greuther holten aus den letzten vier Partien nur einen Punkt, flogen zudem Ende Oktober aus dem DFB-Pokal bei Zweitliga-Schlusslicht Regensburg. Der Fokus liegt aktuell auf dem neuen Ziel Klassenerhalt, wobei der Kader aufgrund seines Potentials eigentlich ins Mittelfeld der Liga gehört.
Das bewegt die Fans
Die Derby-Niederlage gegen Nürnberg ist laut Leykam abgehakt, vielmehr kämpften viele Kleeblatt-Fans intensiv um die Rückbenennung ihres Vereins. Hintergrund ist, dass die SpVgg Fürth im Oktober 1995 mit dem Dorfverein TSV Vestenbergsgreuth fusioniert hatte. Der Bayern-Schreck aus dem DFB-Pokal und damaliger Regionalligist stellte den finanzkräftigen Hauptsponsor, einen Kräuter-Fabrikanten, für die damals notorisch klamme Spielvereinigung. Der Verein SpVgg Greuther Fürth war geboren – unter großer Mithilfe des späteren Präsidenten Helmut Hack. Die Fusion aus "Teeblatt" und "Kleeblatt" war allerdings keine Liebes-, sondern eher eine Vernunftehe, um gemeinsam in den Profifußball zu gelangen. Dieses Ziel wurde bereits zwei Jahre später verwirklicht.
Mittlerweile ist die SpVgg Greuther Fürth ein fester Bestandteil der 2. Bundesliga, belegt in der ewigen Tabelle sogar den Spitzenplatz. Eine Fan-Initiative möchte nun das "Greuther" aus dem Vereinsnamen wieder herauslöschen, um wieder mehr Identifikation herbeizuführen. Denn entgegen dem Trend an anderen Bundesligastandorten, wo nahezu überall die Zuschauer- und Vereinsmitgliederzahlen boomen, stagnieren diese Werte in Fürth seit Jahren.
Auf diese Fürther Spieler sollte Hertha achten
Momentan gibt es nicht viele Spieler, die bei Greuther Fürth überzeugen können. "Gut drauf ist aktuell fast keiner", so Leykam. Einzig auf Routinier Julian Green ist Verlass. Der 29-jährige Mittelfeldspieler hat bislang alle Zweitliga-Spiele bestritten, übernimmt Verantwortung und kommt bereits auf respektable fünf Saisontore. Zusammen mit Branimir Hrgota bildet Green die Fürther Mittelfeldachse, über die viele Angriffe eingeleitet werden.
Das größte Talent im Kader der Spielvereinigung ist Torhüter Nahuel Noll. Der 21-Jährige ist ausgeliehen von der TSG Hoffenheim "und hat gerade mit dem Ball am Fuß große Qualitäten", sagt Leykam, wobei Noll auch bereits einige Patzer passiert sind. Das enorme Potential sei aber sichtbar.
Das sagen die Trainer
Jan Siewert (SpVgg Greuther Fürth): "Hertha ist eine spielstarke Mannschaft. Wir müssen versuchen, viel Ballkontrolle zu bekommen und gute Lösungen im letzten Drittel finden. Dann können wir auch Dominanz ausstrahlen."
Cristian Fiél (Hertha BSC): "Der Gegner hat viel individuelle Qualität. Hrgota und Green sind beides Ausnahmespieler. Wir dürfen sie nicht zum Spielen kommen lassen, müssen Geduld aufbringen und auf unsere Momente warten. Vielleicht ist der Körper noch müde vom Pokalspiel, aber sobald wir auf den Platz gehen, müssen wir bereit sein. Dann gibt es keine Ausreden."
So könnte Hertha spielen
Offen ist, ob der in Köln verletzt ausgewechselte Kevin Sessa überhaupt die Reise am Samstag nach Fürth (Anstoß 13 Uhr) antreten kann. Hinter dem angeschlagenen Innenverteidiger Linus Gechter steht ebenfalls ein dickes Fragezeichen. Während Deyovaisio Zeefuik aufgrund seiner Roten Karte in Köln eine Drei-Spiele-Pokalsperre aufgebrummt bekommen hat, wird er in Fürth wohl von Beginn an auflaufen dürfen. Für Hertha-Trainer Christian Fiél stellt sich zu diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht "die Frage nach Alternativen", sagte er auf der Spieltags-Pressekonferenz.
Herthas Schlüsselspieler Fabian Reese und Diego Demme bekamen nach ihren Einwechslungen in Köln durch die Verlängerung mehr Spielminuten als eigentlich geplant. Beide sind aber wohl aufgrund von fehlender Spielpraxis noch keine Kandidaten für die Startelf. Zumal Reese-Vertreter Derry Scherhant mit hoher Laufbereitschaft und Torgefährlichkeit überzeugen konnte. Der 22-Jährige ist aufgrund solcher Leistungen momentan auf dem linken, offensiven Flügel gesetzt.
Herthas mögliche Startelf: Ernst - Kenny, Leistner, M. Dardai, Zeefuik – Klemens, Bouchalakis – Maza – Cuisance, Niederlechner, Scherhant
Die Prognose
Tipp des Gegner-Experten: Joshua Leykam ist zwar nach wie vor nicht von der Stärke des eigenen Teams überzeugt, glaubt aber dennoch an den Heimsieg: "Es ist zwar unrealistisch, aber ich tippe auf einen 2:1-Sieg für Fürth."
Der Redaktionstipp: Hertha leistet in Fürth, trotz des kräftezehrenden Auftritts im Pokal, Wiedergutmachung für das unglückliche Ausscheiden. Die Berliner bleiben auswärts eine Macht und gewinnen mit 3:1.
Sendung: rbb24, 05.12.2024, 21:45 Uhr