Berlin Nach sieben Spielen ohne Sieg: Fünf Dinge, die Union Berlin jetzt besser machen muss
Seit sieben Pflichtspielen wartet Union Berlin nun schon auf einen Sieg. Was besser werden muss, damit es demnächst mal wieder klappt mit dem Gewinnen. Und was trotz der Pleiten zuletzt noch Mut macht. Von Ilja Behnisch
1. Mehr Effizienz
Dass Union Berlin mit nur zwölf erzielten Toren nach 13 Spieltagen ein Offensivproblem hat, liegt auf der Hand. Lediglich der VfL Bochum (zehn Tore) und der FC St. Pauli (elf Tore) sind noch schlechter. Schaut man etwas genauer, liegen die Gründe dafür vermeintlich auf der Hand. Union hat den geringsten Exptected-Goals-Wert der Liga (zwölf), also jenen Wert, der besagt, wieviele Tore angesichts der herausgespielten Chancen statistisch gesehen wahrscheinlich gewesen wären.
Auch bei den erwarteten Vorlagen (xA) ist Union mit 7,9 Letzter. Ebenso beim sogenannten raumgewinnenden Ballbesitz, also zum Beispiel Dribblings. Bei raumgewinnenden Pässen immerhin liegen die Berliner, Trommelwirbel, auf Rang 16. Wie auch in der Kategorie gespielte Pässe, von denen insgesamt nur 72,7 Prozent angekommen sind, was wiederum der zweitschlechteste Wert der Liga ist.
Diese Statistiken des Grauens ließen sich noch eine ganze Weile fortführen (Zweikämpfe im offensiven Drittel: 17.; Pässe ins letzte Drittel: 18.; Ballbesitz im offensiven Drittel: 15.), allerdings gibt es ein nahezu Köpenick großes Aber. Denn in der Saison 2022/23, die die Mannschaft unter dem damaligen Trainer Urs Fischer sensationell auf Rang vier beendete, sahen die Zahlen ähnlich bescheiden aus. Der Unterschied zur heurigen Saison: Damals brauchte Union für zwei Tore gefühlt nur eine Dreiviertel-Chance.
2. Vertrauen in Jordan setzen
Union war immer dann am besten, wenn es einen klaren Zielspieler in seinen Reihen wusste. Seit dem Abgang von Kevin Behrens zum VfL Wolfsburg klafft in dieser Hinsicht eine Lücke, die bisher keiner seiner nominellen Nachfolger zu schließen wusste. Aktuell stehen mit Jordan, Andrej Ilic und Ivan Pratjin zwar gleich drei dieser Spielertypen im Kader. Pratijin jedoch kam unter Svensson bisher auf schlanke fünf Minuten Einsatzzeit. Ilic wartet noch auf einen Einsatz. Jordan kam in zwölf Einsätzen auf null Tore und eine Vorlage. Allerdings: Der 1,91-Meter-Mann aus den USA kann Bälle behaupten und Gegner binden und so Räume schaffen für die schnellen Halb- und Flügelstürmer wie Benedict Hollerbach oder Yorbe Vertessen.
Mit Jordan in der Startelf (sechs Mal) kommt Union auf zehn Punkte. Ohne ihn in der Startelf (sechs Mal) auf nur sechs Punkte. Der 28-Jährige mag nicht die Ideallösung sein und abschlussschwächer als der zuletzt für ihn startende Tim Skarke. Aber für das Gesamtgefüge scheint ein Spielertyp wie Jordan besser zu Union zu passen.
3. Kräfte besser einteilen
Union habe "ganz, ganz viel richtig gemacht in der ersten Halbzeit", sagt Experte Christian Beeck im aktuellen "Hauptstadtderby"-Podcast von rbb|24 Inforadio über das Auswärtsspiel in Stuttgart. So wünsche man sich "eigentlich ein Auswärtsspiel", so Beeck weiter. Aber dann? Drehten die Stuttgarter die Partie. "Wahrscheinlich", sagt Beeck, sind "das nur Kleinigkeiten". Das Fehlen von Abwehrchef Kevin Vogt zum Beispiel.
Nur: Dieses Nachlassen im zweiten Durchgang hat durchaus Methode bei Union in dieser Saison. Denn schaut man nur auf die ersten 45 Minuten, stünde Union mit 21 Punkten auf Rang fünf. In der zweiten Halbzeit jedoch liegt die Mannschaft mit nur noch zehn Punkten auf Rang 17. Ein Erklärungsansatz: Die Spieler investieren derart viel zu Beginn, dass im späteren Spielverlauf die Kraft und somit die Konzentration nachlässt.
4. Fehleranzahl minimieren
Zum Beispiel beim 3:2-Siegtreffer der Stuttgarter. Über den sagt Beecks Pendant im "Hauptstadtderby", Axel Kruse: "In so einer Situation, da schießt du den Ball hinten raus, um das Momentum kaputt zu machen." Dem Treffer war ein katastrophaler Fehlpass von Unions Torhüter Frederik Rönnow in den Fuß des Torschützen Karazor vorausgegangen.
Union hat in dieser Saison überhaupt nur ein Bundesliga-Spiel mit mehr als einem Tor Unterschied verloren, beim 0:3 in München. Heißt auch: Die Mannschaft ist nah dran am Erfolgserlebnis, bringt sich durch einzelne Unkonzentriertheiten dann aber manchmal um den Lohn der ansonsten harten Arbeit.
5. Durchhalten
Lässt man die Pokal-Niederlage bei Drittligist Arminia Bielefeld außen vor, könnte man durchaus befinden, dass Union die Spiele gewonnen hat, die es zu gewinnen galt. In einer etwas besseren Verfassung hätte man womöglich gegen Freiburg gewonnen und in Wolfsburg, Gladbach und Stuttgart jeweils einen Punkt geholt. Im Großen und Ganzen aber bewegen sich die bisherigen Resultate im Bereich des Erwartbaren.
Umso entscheidender werden daher die nun folgenden Partien daheim gegen Bochum und in Bremen. Holt Union aus diesen Spielen mindestens vier Punkte, dürfte es um die Zuversicht während der Winterpause schon erheblich besser bestellt sein als zuletzt. Schafft man es dann, die Mängelliste abzuarbeiten, dürfte es im Auftakt-Programm nach dem Wiederbeginn im Januar für ordentlich Punkte gereichen. Mit Heidenheim (Auswärts), Augsburg (Heim), Mainz (Heim) und St. Pauli (Auswärts) stehen dann vier Spiele an, in denen Union jeweils durchaus als Favorit gelten dürfte.
Sendung: rbb24, 9.12.2024, 22 Uhr