Berlin Rund 280 Verdachtsfälle von Mietwucher in Berlin - starker Anstieg in einigen Bezirken
Teilweise über 20 Prozent mehr als die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen einige Vermieter - das gilt als Wuchermiete. Den Vermietern drohen in einem solchen Fall hohe Strafen, die Verfolgung von Mietwucher aber ist schwierig. Von Sebastian Schöbel
- Friedrichshain-Kreuzberg ist bei Mietwucher ganz vorn, gefolgt von Neuköllln und Pankow
- Im November startete "Mietwucherrechner", seit dem steigen die Zahlen deutlich an
- Bislang stellte dieser Rechner 10.000 Fälle von Mietwucher fest
- Oft scheitern die Berliner Ämter damit, Mietwucher nachzuweisen
In Berlin wurden in diesem Jahr bereits fast 280 Verdachtsfälle für Mietwucher an die Bezirksämter gemeldet. Das geht aus einer noch unveröffentlichten parlamentarischen Anfrage der Linken im Abgeordnetenhaus hervor.
Die meisten Verdachtsfälle wurden in Friedrichshain-Kreuzberg gemeldet, gefolgt von Neukölln und Pankow. Laut Wirtschaftsstrafgesetz spricht man von einer Wuchermiete, wenn die Forderung des Vermieters mindestens zwanzig Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Es drohen bis zu 50.000 Euro Strafe.
Verfolgung von Mietwucher in Berlin schwierig
Die Zahl der gemeldeten Fälle stieg seit November in einigen Bezirken stark an. Grund könnte ein von den Linken gestartetes Webportal sein, auf dem Menschen ihre Mieten auf möglichen Wucher prüfen lassen können. Laut dieses "Mietwucherrechners" wurde bei bislang rund 10.000 Berechnungen in 75 Prozent der Fälle ein Verdacht auf rechtswidrig hohe Mieten ermittelt. "Die zulässige Miete wird durchschnittlich um fast 60 Prozent überschritten", so der wohnungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Niklas Schenker. Er fordert den Senat auf, schleunigst ein einheitliches Verfahren zur Verfolgung von Mietwucher zu entwickeln und den Bezirken das benötigte Personal zur Verfügung zu stellen.
Tatsächlich gestaltet sich die Verfolgung von Mietwucher in Berlin bislang schwierig. Ein Grund ist die Gesetzeslage: Demnach muss erwiesen sein, dass ein Vermieter ein "geringes Angebot an vergleichbaren Räumen" auf dem Markt ausnutzt. Betroffene Mieter müssen dafür lückenlos nachweisen, dass ihre vorherige Wohnungssuche vergeblich war. "Dies gelingt in den allerwenigsten Fällen", kritisiert der Berliner Mieterverein, "so dass viele Mieter gar nicht erst versuchen, gegen die überhöhte Miete gerichtlich vorzugehen".
Die "Arbeitsgruppe Mietpreisüberhöhung" kommt
Der Bundesrat hatte zuletzt eine Verschärfung des Gesetzes beschlossen, die allerdings vom damaligen FDP-Bundesjustizminister Marco Buschmann blockiert wurde. Tatsächlich wurde bislang in keinem einzigen Berliner Bezirk ein Fall von Mietwucher nachgewiesen. Oft scheitern die Ämter nach eigenen Angaben schon daran, dass sich Mieter auf Nachfrage nicht zurückmelden. Auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung räumt ein: Weil es in Strafverfahren sehr schwer ist, nachzuweisen, dass Vermieter vorsätzlich gehandelt haben, "müssen die Erfolgsaussichten als sehr gering angesehen werden".
Der schwarz-rote Senat hat eine eigene "Arbeitsgruppe Mietpreisüberhöhung" eingerichtet, die mit den Bezirken zusammenarbeitet. Zurzeit wird noch ein einheitliches IT-Verfahren für die Bearbeitung der Fälle entwickelt. Eine spezielle Mietpreisprüfstelle ist im Aufbau.
Sendung: rbb24 Inforadio, 16.12.2024, 07:40 Uhr