Astrid Passin (2.v.l), Sprecherin für die Betroffenen, spricht neben einem Übersetzer (l) bei einem Gedenken zum 8. Jahrestag des Terror-Anschlags auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. (Quelle: dpa/Christoph Soeder)

Berlin Andacht und Glockenläuten: Berlin gedenkt der Opfer vom Breitscheidplatz-Anschlag 2016

Stand: 19.12.2024 21:37 Uhr

Vor acht Jahren steuerte der islamistische Attentäter Amri einen Sattelschlepper in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz. Viele Menschen starben. Am Donnerstag wurde ihrer in Berlin mit Andacht und Glockenläuten gedacht.

Auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz an der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ist am Donnerstag an die 13 Todesopfer des Terroranschlags von 2016 erinnert worden.

 
In der Gedächtniskirche fand eine Gedenkandacht statt. Bischof Christian Stäblein rief dabei dazu auf, gegen Terror zusammenzustehen. "Es darf kein Alleinlassen geben", sagte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. In seiner Predigt sagte er, der islamistische Terroranschlag vor acht Jahren stehe auch für "die entsetzliche Verkehrung und Pervertierung von Religion und Gott". Dies schaffe "eine besondere Verletzung, eine tiefe Angst, eine Finsternis, die anders ist".

Im Anschluss wurden wie in den Vorjahren die Namen der 13 Opfer am Mahnmal auf der Rückseite der Kirche, wo der Anschlag geschah, verlesen. Kerzen brannten auf den Stufen am Mahnmal. Vom Alten Turm der Gedächtniskirche waren um 20.02 Uhr, dem Zeitpunkt des Anschlags, 13 Glockenschläge zu hören. An dem abendlichen Gedenken nahm auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU), die Präsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses, Cornelia Seibeld (CDU) und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) teil.

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Faeser: Anschlag auf Breitscheidplatz "dauerhafte Mahnung"

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach zuvor den Betroffenen ihr Mitgefühl aus. "Der 19. Dezember ist ein Tag der Trauer: um Menschen, die getötet oder an Körper und Seele verletzt wurden und bis heute unter dem Erlebten leiden."

Faeser sieht in dem Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz eine dauerhafte Mahnung. Der 19. Dezember 2016 stehe dafür, dass der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus weiterhin mit aller Konsequenz geführt werden müsse, sagte Faeser am Mittwoch in Berlin.

Leidende Angehörige der Opfer vom Breitscheidplatz: "Das Herz bebt oft vor Schmerz"

Die Sprecherin der Betroffenen von 2016, Astrid Passin, rief vor rund 200 Menschen in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche das bis heute andauernde Leid der Angehörigen in Erinnerung: "Das Herz bebt oft vor Schmerz", sagte sie, "und es hört nicht auf." Passin sprach von einem "inneren und äußeren Kampf".

Der Vorsitzende des Schaustellerverbandes Berlin, Michael Roden, sagte: "Wir tragen das Geschehene in uns." Schausteller hätten im Dezember 2016 zu den Ersthelfern gezählt und den Opfern so gut es ging geholfen. Es grenze an ein Wunder, dass kein Schausteller selbst bei dem Attentat ums Leben gekommen sei.

Musikalisch gestaltet wurde die Gedenkandacht von der Sängerin Jocelyne B. Smith. Sie sang unter anderem die Hymne "Shine A light".

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Attentäter Amri auf der Flucht in Italien erschossen

Bei dem Terroranschlag hatte der aus Tunesien stammender Islamist Anis Amri am 19. Dezember 2016 einen Sattelschlepper in die Besuchermenge des Weihnachtsmarktes auf dem Breitscheidplatz gesteuert. Zuvor hatte Amri auch den Lkw-Fahrer des Sattelschleppers erschossen.
 
Dabei starben zwölf Menschen, mehr als 60 wurden verletzt. Das 13. Opfer erlag im Oktober 2021 den Folgen seiner schweren Verletzungen. Die Opfer kamen aus Deutschland, Polen, Israel, Italien, der Ukraine und Tschechien.
 
Amri gelang zuerst die Flucht. Die Sicherheitsbehörden wurden in Alarmbereitschaft versetzt. In Berlin waren Polizisten mit Maschinengewehren auf den Straßen zu sehen. Vier Tage später, am 23. Dezember 2016, wurde Amri in Mailand bei einem Schusswechsel mit der Polizei getötet.

Hinterbliebene kritisieren Behörden

Im Jahr nach dem Anschlag und den folgenden Jahren wurden zum Schutz vor weiteren Anschlägen Betonpoller auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz installiert. Am Ort des Terroranschlags wurde ein Mahnmal errichtet: der "Goldene Riss". Der Riss durchzieht einen Teil des Bodens auf dem Breitscheidplatz und wurde mit einer goldfarbenen Legierung aufgefüllt.

Das Mahnmal, auf dem auch die Namen der Opfer zu lesen sind, wurde am 19. Dezember 2017 am Breitscheidplatz eingeweiht. Betroffene des Attentats - Angehörige, Verletzte oder Ersthelfer - übten nach dem Attentat wiederholt Kritik. Zunächst empörten sie fehlende Unterstützung und schleppende, bürokratische Abläufe. Sie warfen den deutschen Sicherheitsbehörden aber auch vor, dass der Anschlag hätte verhindert werden können. Es habe sich gezeigt, dass Amri den Sicherheitsbehörden vor dem Anschlag als Drogendealer und gewaltbereiter "Gefährder" mit Kontakten zu radikalen Islamisten bekannt gewesen sei.

Sendung: rbb24, 19.12.2024, 13:00 Uhr

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