Archivbild: Ein Student geht in Berlin zum Haus Neun des Studentendorfs Schlachtensee. Das Studentendorf war in den 1950er Jahren von der amerikanischen Regierung gestiftet worden. (Quelle: dpa/Gabbert)

Berlin Wie eine Genossenschaft erfolglos versucht, ein Azubi-Wohnheim zu bauen

Stand: 17.03.2025 11:50 Uhr

5.000 neue Wohnheimplätze für Azubis und Studierende hatte die Berliner Koalition versprochen. Knapp 200 wollte eine Genossenschaft bauen und dafür ein spezielles Förderprogramm nutzen. Doch ihr Antrag wurde abgelehnt. Von Ute Barthel

  • Trotz hohen Bedarfs genehmigt Berliner Senat ein Wohnheim-Projekt für Azubis in Pankow nicht
  • Genossenschaft beklagt zu strenge Richtlinien
  • bisher erst wenige Förderanträge für Programm "Junges Wohnen" bewilligt

Noch parken Autos auf dem Grundstück in der Lessingstraße in Pankow, auf dem die Genossenschaft "Studentendorf Schlachtensee" ein Wohnheim mit Platz für 190 Auszubildende bauen wollte. Die Warmmiete sollte 380 Euro pro Zimmer betragen.
 
"Wir brauchen circa zwei Jahre," schätzt Arian Freund vom Architekturbüro "AFLPMW Architekten", das das Wohnheim entworfen hat. "Wir könnten kostengünstig und nachhaltig bauen mit Holzmodulen aus einem Werk aus Eberswalde und so die Bauzeit auch noch einmal verkürzen."

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Fünf Minuten zu Fuß statt zwei Stunden mit der Bahn

Der Standort ist ideal, denn gleich gegenüber befindet sich das ABB-Ausbildungszentrum. Zu Fuß bräuchten die Azubis maximal fünf Minuten dorthin. Hier lernen sie in der Werkstatt die Grundlagen im Bereich der Metall- und Elektrotechnik.
 
Lukas Holger Vodisch (22) ist im zweiten Lehrjahr zum Industriemechaniker und kommt aus Brieselang. Jeden Morgen ist er eineinhalb Stunden unterwegs bis zum Ausbildungszentrum. "Allerdings kann es auch schon mal zwei Stunden dauern, wenn die Bahn mal wieder Verspätung hat", berichtet er. Insgesamt ist er täglich drei bis vier Stunden unterwegs.
 
Ähnlich ergeht es auch den anderen Azubis. André Hoinkis (20) aus Spandau steht jeden Tag um kurz vor vier Uhr morgens auf, um pünktlich um 6:30 Uhr in der Werkstatt zu sein. Er würde sich freuen, wenn es hier direkt ein Wohnheim geben würde. "Das wäre superpraktisch. Ich würde auf jeden Fall mehr über den Tag schaffen, weil ich mehr Freizeit hätte und ich könnte auch meine Hobbys weiter betreiben", sagt er.
 
Bruno Eggert (21), der Elektrotechnik studiert und gleichzeitig eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik absolviert, hat zwar einen kürzeren Anfahrtsweg aus Prenzlauer Berg, doch die Miete für seine Einzimmer-Wohnung kostet 700 Euro warm. Das ist mehr als die Hälfte seiner Ausbildungsvergütung. "So ein Wohnheimplatz würde mich finanziell schon sehr entlasten", sagt er.

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Keine Förderung vom Land wegen strenger Richtlinien

Das ABB-Ausbildungszentrum bildet Azubis für 150 Betriebe der Metall -und Elektrobranche in der Region aus. Ausbildungsleiter Gerd Woweries erzählt, dass die Betriebe händeringend nach Nachwuchs suchen. "Wir hören aber leider immer wieder von den Betrieben, dass sie viele Absagen von den Jugendlichen bekommen, weil sie hier keinen preiswerten Wohnraum finden", sagt er.
 
Deshalb wollte das Unternehmen ABB für das firmeneigene Grundstück mit der Genossenschaft "Studentendorf Schlachtensee" einen Erbbaurechts-Vertrag für 99 Jahre abschließen, um dort das Wohnheim zu bauen. Doch genau da beginnt das Problem. Denn die Genossenschaft hatte einen Antrag auf Wohnraumförderung für das Programm "Junges Wohnen" beim Land Berlin gestellt.
 
Mit dem Fördergeld wollte sie den Bau finanzieren und im Gegenzug bezahlbare Mieten garantieren. Doch der Antrag wurde abgelehnt. "Wir haben einen Brief von der Senatsverwaltung für Bauen bekommen und da stand in drei Sätze drin, dass Erbbaurechtsgrundstücke nicht als Eigenkapital anerkannt werden", berichtet Andreas Barz, der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft.
 
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung verweist in ihrer Antwort an rbb24 Recherche auf das Wohnraumförderungsgesetz: "Im Rahmen der Berliner Wohnraumförderprogramme für den Neubau wird in der Regel ein Eigenkapitalanteil von mindestens 20 Prozent gefordert. Dieser wird praktisch durch Geldmittel und/oder das eigene Grundstück (soweit es nicht durch Fremdfinanzierungen belastet ist) erbracht." Erbbaurechts-Grundstücke zählen den Richtlinien zufolge nicht dazu.

Genossenschaft hofft auf Kompromiss-Lösung

"Das Land Berlin möchte, dass wir ein paar Millionen als Sicherheit auf dem Konto lagern", berichtet Andreas Barz. Doch das das Land könne auch eine Ausnahme machen, schließlich würde die Genossenschaft dauerhaft preiswerten Wohnraum für Auszubildende schaffen.
 
Die Genossenschaft "Studentendorf Schlachtensee" ist nicht sehr finanzstark, sie hat nur wenig Eigenkapital und ihre Wohnheime mit insgesamt 1.400 Plätzen stehen überwiegend auf Erbbaurechts-Grundstücken. Vor zwanzig Jahren hat sie das Studentendorf in Schlachtensee vor dem Abriss gerettet und die Häuser ohne Fördermittel saniert.
 
Zwar macht die Genossenschaft keinen großen Gewinn, trotzdem konnte sie in den vergangenen Jahren sogar neu bauen – in Adlershof entstand 2014 ein weiteres Studentendorf.

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Erst Fördermittel für rund 400 Wohnheimplätze bewilligt

Das Projekt für das Azubi-Wohnheim fand viel Zustimmung von den Politikern im Bezirk Pankow und passt auch zu den Plänen der schwarz-roten Landesregierung. Sie will bis zum Ende der Legislatur 5.000 neue Wohnheimplätze für Studierende und Azubis schaffen. Bisher sind rund 1.800 fertiggestellt worden. Bis Ende 2026 könnten es 4.000 werden.
 
Damit würde Berlin das Angebot dann auf insgesamt 17.000 Plätze erhöhen. Doch damit wäre der Bedarf noch immer nicht gedeckt. In Berlin gibt es aktuell 35.000 Azubis und 200.000 Studenten. Das Förderprogramm "Junges Wohnen" könnte dazu beitragen, die Situation zu verbessern.
 
Nach Recherchen von rbb24 Recherche sind 27 Förderanträge für 2.257 Wohnheimplätze beim Land Berlin gestellt worden. Doch bisher wurden nur zwei Anträge für 418 Plätze bewilligt, wie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mitteilt. Eine Begründung dafür nannte sie nicht. Der Studentendorf-Chef Andreas Barz zeigt daher wenig Verständnis dafür, dass das Land Berlin an den strengen Förderrichtlinien festhält. "Wir wünschen uns eine Kooperationsbereitschaft und lösungsorientierte Gespräche, in denen gesagt wird: Wir wollen das gemeinsam schaffen."