Berlin Wie Union-Mitglieder mit der "Alte-Försterei-Aktie" einen Teil des Stadions besitzen können
Vereinsmitglieder des 1. FC Union können sich seit Dienstag Anteile am Stadion An der Alten Försterei sichern. Der Verein erhofft sich Einnahmen in Millionenhöhe, die in den Stadionumbau fließen sollen. Fragen und Antworten zur "Alte-Försterei-Aktie".
Warum verkauft der 1. FC Union Stadion-Aktien?
Auf der Jahreshauptversammlung seiner Stadionbetriebs-AG teilte der 1. FC Union Berlin im November mit, durch die Kapitalerhöhung mithilfe der Aktien bis zu 60 Millionen Euro einnehmen zu wollen. "Das ist der maximal mögliche Erlös", ordnet Pressesprecher Christian Arbeit im Gespräch mit Radioeins vom rbb ein.
Das Geld solle in die geplanten Baumaßnahmen des Vereins fließen, insbesondere in das Stadion An der Alten Försterei, dessen Kapazität bis zum Sommer 2027 erweitert werden soll. "Das Stadion wird auf 40.000 Plätze erweitert und das Bauvolumen beinhaltet natürlich eine Menge Geld. Das Geld wird nicht genommen, um irgendwelche Spieler zu kaufen", stellte Horst Heldt, Unions Geschäftsführer Profifußball, am Dienstag im Rahmen eines sogenannten "Zeichnungs-Frühstücks" klar, zu dem der Verein seine Mitglieder geladen hatte.
Und auch Arbeit betont: "Je besser eine Gesellschaft finanziell ausgestattet ist, je besser ihre Eigenkapital- und Bilanzstruktur ist, desto bessere Bedingungen gibt es für Finanzierungsmaßnahmen. Dafür dient dieses Geld."
Was ist die "Alte-Försterei-Aktie"?
Die Aktie ist "keine frei gehandelte Aktie, sondern eine sogenannte vinkulierte Namensaktie", wie Christian Arbeit klar stellt, "eine Schmuckaktie, die ihren Wert behält, aber nicht an der Börse gehandelt wird." Sie könne also weder an Wert zulegen noch ihn verlieren. "Darum geht es am Ende aber nicht. Es geht darum, dieses Stadion, das seit 1920 besteht und seitdem die Heimat von Union ist, zukunftssicher zu machen, weiterzuentwickeln und für zukünftige Generationen zu erhalten - das ist der größte Wert, den man aus dieser Aktie zieht", so Arbeit.
Schon im Jahr 2011 hatte Union seinen Mitgliedern eine Beteiligung an ihrem Stadion angeboten. Damals hatten mehr als 4.000 Unionerinnen und Unioner mehr als 5.400 Aktien im Wert von 2,72 Millionen Euro gezeichnet und so finanziell zum Ausbau der Haupttribüne beigetragen. Die Alt-Aktionäre konnten bereits ab Ende November für jede bestehende Aktie neun neue kaufen. Seit Dienstagmorgen und noch bis zum 31. Dezember können nun auch alle übrigen Vereinsmitglieder Stadion-Aktien erwerben.
Schlange stehen für die "Alte-Försterei-Aktie": Union-Fans beim "Zeichnungs-Frühstück" am Dienstagmorgen.
Dabei gehe der Wert der Aktien "über einen symbolischen Wert hinaus", sagt Sportökonom Christoph Breuer, der als Professor für Sportmanagement an der Deutschen Sporthochschule Köln tätig ist. Aktionäre werden beispielsweise das Recht bekommen, an der jährlichen Hauptversammlung der Stadionbetriebs-AG teilzunehmen. "Dort werden wichtige Entscheidungen getroffen und mit jeder Aktie, die man hält, hat man eine Stimme", betont auch Union-Präsident Dirk Zingler.
Aber: "Es gibt eine klare Limitation, wie viele Aktien ein Aktionär erwerben kann und vor allem, weil Union Berlin darauf geachtet hat, dass die Aktien sogenannte vinkulierte Namensaktien sind", sagt Breuer. "Das bedeutet: Der Aktionär kann die Aktie nicht einfach weiterverkaufen. Es bedarf immer der Zustimmung durch die Aktiengesellschaft. So kann auch verhindert werden, dass über einen Weiterverkauf auch Nicht-Mitglieder Aktionär werden könnten."
Was kostet eine Aktie und wie viele können von jedem Mitglied erworben werden?
Vereinsangaben zufolge sollen 120.000 Aktien zu je 500 Euro herausgegeben werden. Maximal zehn Aktien können pro Käufer erworben werden. "Das dient dazu, um zu verhindern, dass sich jemand mit sehr viel Geld sehr viel Einfluss kaufen kann", sagt Dirk Zingler, "wir wollen, dass es ein breiter Streubesitz ist und dass die Aktien so vielen Menschen wie möglich gehört."
Es gibt keine Dividenden und die Papiere werden nicht frei handelbar sein.
Wer kann eine Aktie zeichnen?
Aktuell hat Union rund 68.000 Mitglieder. Etwa 60.000 von ihnen sind derzeit zeichnungsberechtigt. Voraussetzung ist eine Vereinsmitgliedschaft, die spätestens bis Ende November abgeschlossen wurde. "Wir sind ein eingetragener Verein. Die Mitgliedschaft ist die wichtigste Form der Zugehörigkeit, die man ausdrücken kann", so Zingler. Zudem können auch Partner und Sponsoren Aktien zeichnen.
Sportökonom Breuer sagt, der Verein habe es gut gemacht: "Man geht vor Weihnachten auf den Markt, fokussiert primär Schmuckaktien, die typischerweise zu einem nur geringen Anteil nochmal zurückgefordert werden. Das ist quasi eine Schenkung für den Verein. Es besteht zwar die Möglichkeit eines Eintauschs, der Fall tritt bei Schmuckaktien aber kaum ein."
Dass nur Mitglieder zeichnen können, sei auch eine gute Strategie. Indirekt könnten dadurch noch weitere Mitglieder dazukommen, da diese Form der Teilhabe den Verein attraktiver mache. Bei ähnlichen Vorhaben in der Zukunft könnten die neu dazugewonnen Mitglieder dann ebenfalls teilhaben. "Insgesamt ist das ein sehr durchdachtes Konzept, das den Besonderheiten eines Profifußball-Klubs gerecht wird", schätzt Breuer ein.
Birgt der Aktienverkauf Risiken?
"Sehr große Risiken sehe ich nicht", sagt Sportökonom Christoph Breuer. "In Anbetracht der doch stark gestiegenen Mitgliederzahl von Union Berlin und in Anbetracht dessen, wie die ganze Maßnahme auch marketingtechnisch an den Start geht, bin ich optimistisch, dass die finanziellen Ziele zu großen Teilen erreicht werden."
Dabei hätten die "Eisernen" einen sehr interessanten Weg gefunden. "Weil man sich nicht nur Kapital beschafft, sondern gleichzeitig darauf achtet, dass Mitbestimmung, Identität und das Zusammengehörigkeitsgefühl nicht beeinträchtigt werden, vielleicht sogar noch gefördert werden", so Breuer.
Offen sei dagegen eine Frage, die Ökonom Breuer zufolge noch nicht klar vom 1. FC Union beantwortet wurde: Nämlich "wie der Verein, der momentan 55 Prozent der Anteile an der Stadion-AG hält und somit Mehrheitsaktionär ist, diesen Status halten will", sagt Breuer.
"Die Logik ist klar: Man will die Aktionärsstruktur beibehalten und nun bekommt jedes Mitglied die Möglichkeit, bis zu zehn Aktien zu erwerben. Das bedeutet aber auch, dass der e.V. pro gezeichneter Aktie ebenfalls eine neue Aktie erwerben muss, damit es bei den bisherigen Anteilsverhältnissen bleibt. Die Frage ist: Wie macht man das als Verein mit klammen Taschen?"
Sendung: rbb Antenne Brandenburg, 10.12.2024, 14:40 Uhr