Pamela Busse arbeitet seit mehr als 14 Jahren als Straßenreinigerin bei der BSR. (Quelle: rbb)

Berlin BSR-Straßenreinigerin über Arbeitsalltag: "Es ist schon respektloser geworden"

Stand: 23.01.2025 15:05 Uhr

Pamela Busse arbeitet seit mehr als 14 Jahren als Straßenreinigerin bei der BSR. Der Job macht ihr Spaß, sollte aber besser bezahlt werden, sagt sie. Zumal die Anforderungen gestiegen sind. Ein Gesprächsprotokoll

In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
 
Mal entfernt sie Laub, mal befreit sie die Straßen von Eis und Müll: Pamela Busse arbeitet seit 2010 bei der Berliner Stadtreinigung. Steigende Lebensmittel- und Benzinpreise machen ihr und ihren Kollegen zu schaffen. Die 42-Jährige fände es fair, wenn die Gehälter steigen.

Bei mir klingelt morgens in der Regel um 3:40 Uhr der Wecker. Das Aufstehen ist gar nicht so schlimm, ich bin zwar ein bisschen platt, aber ich bin daran gewöhnt. Ich mache das ja schon eine ganze Weile. Wir starten jeden Morgen von unserem BSR-Hof in der Rollbergstraße in Neukölln.
 
Einsätze im Winter sind immer besonders heftig. Aber im Grunde habe ich es noch gut: Die Kraftfahrer müssen bei glatten Straßen sogar schon um drei Uhr anfangen.

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Da wir uns im Moment noch am Ende der Laub-Zeit befinden, sind wir noch mit Pustern unterwegs und machen die Bürgersteige frei.
 
Nasses Laub schieben ist definitiv anstrengend. Ich persönlich finde aber den Hochsommer noch anstrengender, wenn wir so 35 Grad haben und dann unsere Tourenreinigung machen, also mit unseren kleinen Karren die Bürgersteige entlang fegen.
 
Mir macht der Job eigentlich Spaß. Trotzdem finde ich, dass sich was ändern muss. Es muss attraktiver werden, hier zu arbeiten, weil es schwierig ist, Personal zu finden. Am Wochenende müssen manchmal Touren liegen bleiben, weil kein Personal da ist.

Ich selbst bin seit 2010 dabei und verdiene 2.300 Euro netto. Eigentlich ist das schon ein ordentliches Gehalt. Allerdings merke ich, dass vieles teurer geworden ist. Meine Miete zum Beispiel. Es ist immer noch dieselbe Wohnung, dieselbe Gegend, aber sie ist eben fast 200 Euro teurer. Und Tanken tut wirklich weh im Portemonnaie. Ich bin auf das Auto angewiesen, ich muss ja morgens um halb fünf von Steglitz nach Neukölln zur Arbeit fahren.

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Es sind auch alltägliche Sachen, die teurer geworden sind. Standard-Dinge, die jeder braucht. Getränke, Brot, Butter, Toilettenpapier, Waschmittel. Jedesmal wenn ich einkaufen gehe, ist es gefühlt noch ein bisschen teurer als das Mal davor. Da bleibt eben nicht so viel übrig von dem Gehalt.

Meine Haupttätigkeit ist die Straßenreinigung. Ich war auch mal für drei Monate im Büro, aber das war nichts für mich, ich wollte dann lieber wieder draußen arbeiten. Von Hauswand zu Hauswand saubermachen, die Kante, den Bürgersteig. Ich mag das. Man hat auch seine Ruhe, weil der Chef ja nicht hinter einem steht, wie das in manchen anderen Jobs ist. Man ist mit seinen Kollegen unterwegs. Bei uns ist es immer lustig. Ein guter Job eigentlich.
 
Aber es wird auch immer herausfordernder. Mehr Menschen, mehr Müll, und viel mehr illegale Ablagerungen als früher. Überall liegt Sperrmüll rum, vor allem in Neukölln. Und solche Dreck-Ecken ziehen dann auch immer normalen Müll an. Ich bin seit 2010 auf demselben Hof und damit fast immer im selben Gebiet, da kann ich schon ganz gut beurteilen, dass es sich wirklich verändert hat.

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Das Gehalt passt sich irgendwie nicht in dem Maß an, wie sich die Anforderungen verändern. Die wichtigste Forderung bei den Tarifverhandlungen finde ich, dass die Schicht-Zulage erhöht wird. Zum Teil ist es unglaublich schwierig, noch Kollegen für die Wechselschicht zu motivieren, also eine Woche früh, eine Woche spät. Kollegen, die nach 2006 dazukamen, bekommen für besondere Schichten 40 Euro zusätzlich. Die älteren Kollegen über 100 Euro. Und das für dieselbe Arbeit.
 
Schade ist immer zu sehen, wenn gerade die Kollegen, die sich für bessere Arbeitsbedingungen engagieren, kündigen oder woanders hingehen. Manche wechseln zum Beispiel zur Müllabfuhr, einfach weil es da keine Spätschicht gibt und keine Wochenenddienste. Eine bessere Bezahlung würde schon helfen, um diese Kollegen zu halten.
 
Es gibt Leute, die freuen sich, uns zu sehen, oder Ladenbesitzer, die, wenn es kalt ist, mal einen Tee rausbringen. Aber es gibt auch Leute, die eine Mülltüte aus dem Fenster schmeißen, wenn man eigentlich dort gerade durch war. Oder sie schmeißen mit Absicht ihren Müll vor unsere Karre. Es ist schon respektloser geworden.
 
Gesprächsprotokoll: Anja Herr

Sendung: rbb24 Abendschau, 23.01.2025, 19:30 Uhr