Berlin WWF-Jahresbericht: Für den Igel wird's langsam gefährlich
Die Umweltstiftung WWF stuft in ihrem Jahrebericht über 46.000 Tier- und Pflanzenarten als bedroht ein. Hierzulande hat sich unter anderem die Situation für Igel deutlich verschlechtert. Bei Seeadlern und Luchsen sieht es dagegen besser aus.
Für Igel war 2024 kein gutes Jahr. Wie die Umweltstiftung WWF in ihrem Jahresbericht [wwf.de] schreibt, wird die in Berlin und Brandenburg heimische Igelart als "potenziell gefährdet" eingestuft. Die Zahl der Westeuropäischen Igel, auch Braunbrustigel genannt, gehe stark zurück, heißt es in dem Bericht.
Die Zerstörung ländlicher Lebensräume durch die Landwirtschaft, Straßen und Stadtentwicklung führe zu einem beständigen Rückgang. Dazu kommen tödliche Unfälle mit Autos. In einigen Ländern habe sich die Anzahl der Braunbrustigel in den vergangenen zehn Jahren um bis zu einem Drittel verringert, hieß es. Gesicherte Angaben über die Gesamtzahl der Igel gibt es allerdings nicht.
Seeadlern geht es wieder besser
Ein anderes einheimisches Tier dagegen erholt sich der Stiftung zufolge so langsam: Der Seeadler, vom Menschen schon um 1900 fast schon ausgerottet und bis in die 1980er Jahre nur noch in sehr kleiner Zahl vorhanden, ist inzwischen in Deutschland wieder deutlich verbreiteter. Über 1.000 Brutpaare gebe es hier bereits wieder, heißt es. Die größten Populationen leben in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in Brandenburg kann man Seeadler beobachten.
Der WWF hatte 1968 in Deutschland das "Projekt Seeadlerschutz" ins Leben gerufen. Das Comeback des "Königs der Lüfte" schreibt sich die Umweltstiftung deshalb auch selbst auf die Fahne.
Neben den Adlern zählen auch einige Luchsarten zu den "Gewinnern" des Jahresberichts. So sei beispielsweise der Iberische Luchs von der Kategorie "stark gefährdet" auf "gefährdet" herabgestuft worden. Noch vor rund 20 Jahren war der Iberische Luchs sogar als "vom Aussterben bedroht" eingestuft worden - eine Erholung solcher Arten ist also möglich.
Auch der Blauflossen-Thunfisch zeigt sich wieder in unserer Nähe: In der Nordsee tauchen vermehrt Tiere auf, wie es im Bericht heißt.
Ein Gewinner: Seeadler kann man auch in Berlin sichten.
WWF sorgt sich nach EU-Beschluss um den Wolf
Dagegen blicken die Umweltschützer besorgt auf den Wolf. Der Europarat hatte den Schutzstatus des Raubtiers im Dezember herabgestuft [tagesschau.de]. Zwar gelten weiterhin strenge Regeln für den Abschuss von Wölfen, auffällig gewordene Tiere können seitdem aber leichter zum Abschuss freigegeben werden. Hintergrund waren die steigenden Wolfsbestände.
In Brandenburg gibt es nach Angaben des Landesamts für Umwelt inzwischen 58 Wolfsrudel, jedes davon zählt fünf bis zehn Tiere. Dazu kommen weitere einzelne Wölfe oder Wolfspaare. Für Brandenburger Landwirte stellt das Comeback des Wolfs deshalb auch ein Problem dar. Immer wieder reißen Wölfe Nutztiere.
Die Population in Brandenburg ist allerdings auch besonders groß: In Deutschland insgesamt leben nach Angaben der Umweltorganisation nur rund 200 Rudel. Der Wolf sei deshalb noch nicht in einem sogenannten "günstigen Erhaltungszustand", so der WWF. Die Umweltstiftung plädiert für besseren Schutz von Nutztierherden anstelle des Abschusses von Wölfen.
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"Tier- und Pflanzenarten verschwinden im Zeitraffertempo"
Insgesamt zog der WWF eine durchwachsene Jahresbilanz. "Tier- und Pflanzenarten verschwinden im Zeitraffertempo für immer von unserem Planeten", sagte Vorständin Kathrin Samson. Dramatische Verschlechterungen sind vor allem bei Borneo-Elefanten und Brillenpinguinen zu beobachten. Beide gelten künftig als vom Aussterben bedroht.
Der Bestand der afrikanischen Pinguinart beispielsweise ist in den letzten rund 65 Jahren von etwa 140.000 Brutpaaren auf unter 10.000 geschrumpft. Verantwortlich für den Rückgang ist wahrscheinlich das fehlende Nahrungsangebot als Folge der kommerziellen Fischerei und der Klimawandel, in dessen Folge Fischbestände in andere Meeresregionen abwandern.
Besonders besorgniserregend habe sich die Situation der Korallen in diesem Jahr entwickelt, heißt es in der Mitteilung des WWF. Eine "Tragödie unermesslichen Ausmaßes" nennt die Organisation die Entwicklung der Korallenriffe im Jahr 2024. Durch die Erwärmung der Meere infolgen des Klimawandels drohen große Teile der Riffe abzusterben. Deshalb kritisierte der WWF die Ergebnisse der Weltklimakonferenz [tagesschau.de], die im vergangenen Monat in Baku stattfand. Dabei wurden keine weiteren Schritte zur Senkung von klimaschädlichen Treibhausgasen beschlossen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 27.12.2024, 10 Uhr