In einem Stahlwerk in Hennigsdorf wird Baustahl mit einem Kran transportiert. Ministerpräsident Woidke besucht Unternehmen in Brandenburg und informiert sich zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Betriebe. (Quelle: dpa/Christophe Gateau)

Brandenburg Stahlwerk in Hennigsdorf stoppt ab Januar die Produktion

Stand: 18.12.2024 16:40 Uhr

Angesichts der Krise in der Stahlindustrie legt das Hennigsdorfer Stahlwerk (Oberhavel) ab Januar die Produktion auf Eis. Rund 680 Mitarbeiter - und damit fast die gesamte Belegschaft - seien von Kurzarbeit für zunächst drei Monate betroffen, teilte ein Sprecher der Hennigsdorfer Elektrostahlwerke GmbH mit. Das Unternehmen gehört zum Konzern Riva Stahl.
 
Der brandenburgische Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) sagte auf Anfrage, sein Ministerium sei in Gesprächen mit Betriebsrat und Werkleitung.
 
Die Stahlindustrie in Deutschland steckt in Schwierigkeiten. Dumpingpreise vor allem aus Fernost, hohe Energiekosten und ein nötiger Umbau hin zu mehr Klimafreundlichkeit belasten die Branche.

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Unternehmen: Dauer des Stillstands von Konjunkturentwicklung abhängig

Der Sprecher der Hennigsdorfer Elektrostahlwerke GmbH teilte mit, das Unternehmen sehe sich aufgrund der anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Lage gezwungen, ab dem 1. Januar 2025 Kurzarbeit einzuführen. Zunächst erstrecke sich die Planung auf drei Monate, verbunden mit der Hoffnung, die Anlagen so schnell wie möglich wieder in Betrieb zu nehmen.
 
Aufgrund einer Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit könnten Entlassungen oder Betriebsschließungen vermieden werden. Wie lange der Produktionsstillstand ab Januar dauern werde, hänge sehr stark von der weiteren konjunkturellen Entwicklung ab, hieß es.

"Es ist ein riesiges Warnsignal - und zwar für die gesamte Stadt", sagte Bürgermeister Thomas Günther (SPD) dem rbb am Mittwoch: "Wir sind eine Industriestadt seit über 100 Jahren, wir leben mit Stahl - da hängen viele Arbeitsplätze dran und auch unser Wohlstand." Die Landesregierung sei gefordert, zu dem Standort zu stehen. Das Unternehmen tue das: "Wir haben große Hoffnung, dass es nach drei Monaten hier weitergehen kann", so Günther. Dafür werde der Industriestrompreis schnellstmöglich gebraucht: "Das ist ein entscheidendes Kriterium. Da ist man derzeit europaweit nicht konkurrenzfähig."
 
"In diesem Land wird nicht mehr gebaut - es ist zu teuer geworden. Und: Wo nicht gebaut wird, wird kein Baustahl gebraucht. Das ist unser Produkt", erklärte Steffen Lange am Mittwoch im Gespräch mit dem rbb. Er ist der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende des Werks: "Wir machen hier seit über 100 Jahren Stahl und jetzt kämpfen wir um unseren Standort. Wir haben hier eine Verantwortung für die Region."

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BSW-Landtagsabgeordnete besuchten Werk

Am Montag besuchten Landtagsabgeordnete des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) das Stahlwerk. Verantwortlich für die Probleme machen sie die "desaströse Wirtschafts- und Energiepolitik der Ampel", wie es in einer Mitteilung hieß. Das BSW regiert in Bandenburg seit vergangener Woche mit den Sozialdemokraten.
 
Das BSW werde sich für den Erhalt der Arbeitsplätze in Hennigsdorf und eine schnelle Genehmigung für den Werksausbau einsetzen, teilte der BSW-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Niels-Olaf Lüders, mit. Er erhob unter anderem den Vorwurf, dass die Energiepreise wegen der "selbst verhängten Wirtschaftssanktionen" gestiegen seien. Das SPD-geführte Wirtschaftsministerium Potsdam teilt mit: "Wir haben als Koalition in Brandenburg die Aufgabe, die märkische Wirtschaft in Zeiten schwieriger Rahmenbedingungen zu stabilisieren."

Verband: Stahlindustrie kämpft ums Überleben

"Die gesamte deutsche Stahlindustrie kämpft derzeit um ihr Überleben und ihre Zukunft", sagte die Hauptgeschäftsführerin des Branchenverbandes Wirtschaftsvereinigung Stahl, Kerstin Maria Rippel. Zu hohe Energiekosten und unfair subventionierte Konkurrenzprodukte aus China drohten, den Unternehmen die Luft abzuschnüren. Zudem steht die Stahlindustrie vor einem tiefgreifenden und teuren Umbau Richtung Klimaneutralität.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.12.2024, 17:20 Uhr