![Audio: rbb24 Inforadio | 29.01.2025 | Sabine Loeprick | dpa/Settnik Archivbild: Ein Video-Journalist filmt im Landgericht Potsdam die sich schließende Tür des Saals. (Quelle: dpa/Settnik)](https://images.tagesschau.de/image/2dfd5f3b-7747-47e3-9bb1-55b58c2a0ed6/AAABlLJkEmE/AAABkZLrr6A/original/rbb-430918318-100.jpg?overlay=fed2b0f9-111a-4432-99ab-1c3fb121cf2f&overlayModificationDate=AAABjb04dkw)
Brandenburg Lunapharm-Geschäftsführerin zu Haftstrafe verurteilt
Lange zog sich der Prozess um illegalen Handel mit Krebsmedikamenten eines Großhändlers aus Teltow-Fläming. Nun hat das Gericht gegen die Geschäftsführerin ein Urteil gesprochen.
- Brandenburger Geschäftsführerin zu dreieinhalbjähriger Haftstrafe und Mitangeklagter zu Geldstrafe verurteilt
- 1,5 Millionen Euro aus unerlaubtem Arzneimittelhandel gerichtlich eingezogen
- Verfahren gegen dritten Angeklagten steht noch aus
Im Prozess zum Medikamenten-Skandal um den Brandenburger Pharma-Großhändler Lunapharm ist die Geschäftsführerin des Unternehmens zu einer Haftstrafe verurteilt worden.
Nach dem Urteil des Potsdamer Landgerichts muss die Frau für drei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Außerdem werden 1,16 Millionen Euro Firmenvermögen eingezogen, dazu 368.000 Euro Privatvermögen. Ein Mitangeklagter sei wegen Beihilfe zu den Taten zu einer Geldstrafe von 21.600 Euro verurteilt worden.
Das Landgericht Potsdam sprach die Angeklagte am Mittwochvormittag wegen des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz schuldig. Die Kammer sah es nach eigenen Angaben als erwiesen an, dass die Frau illegal mit Krebsmedikamenten gehandelt und mit der Hilfe eines Geschäftspartners über Monate die Vertriebswege der Medikamente verschleiert hat. Die Frau hatte die Vorwürfe stets bestritten.
Die beiden Angeklagten bekamen einen Abschlag auf die Strafe, weil das Gericht in dem lange andauernden Verfahren eine rechtsstaatswidrige Verzögerung annahm. Als Folge verkürzte es die Haftstrafe um vier Monate und die Geldstrafe um 30 Tagessätze zu 120 Euro, also 3.600 Euro.
![Audio: rbb Antenne Brandenburg | 29.01.2025 | Sabine Loeprick | dpa/Soeren Stache Die angeklagte Geschäftsführerin der Lunapharm Deutschland GmbH (M) kommt im Potsdamer Landgericht zum Prozess. (Quelle: dpa/Soeren Stache)](https://images.tagesschau.de/image/79c6a39c-a7e9-4ac1-84ad-99c40b9a6a28/AAABlLFGYss/AAABkZLngyM/1x1-256/rbb-429791497-100.jpg)
Teure Arzneimittel über griechische Apotheke bezogen
Die Lunapharm-Chefin aus Blankenfelde-Mahlow (Kreis Teltow-Fläming) war angeklagt, weil ihre Firma zwischen 2015 und 2018 teure Arzneimittel, darunter Krebsmedikamente, über eine griechische Apotheke bezogen haben soll. Diese Apotheke hatte aber keine Erlaubnis, einen Großhandel zu betreiben.
Zwar hatte das Landesgesundheitsamt im Mai 2017 diesen Handel verboten. Dennoch seien aus Sicht des Gerichts bis Juli 2018 weitere Lieferungen aus dieser Apotheke über Rechnungen eines Großhändlers aus Zypern verschleiert worden, wodurch die Frau und ihr Geschäftspartner das Verbot aus Sicht des Gerichts im Anschluss umgangen hatten. Demnach gelangten die Medikamente nach Deutschland, sollen hier umetikettiert und dann an deutsche Apotheken verkauft worden sein – offenbar mit einem Gewinn von rund 1,1 Millionen Euro.
An den Medikamenten selbst gab es laut Gericht keine Mängel oder Beanstandungen. Der für das Urteil maßgebliche Vorwurf des Inverkehrbringens gefälschter Medikamente ist den Angaben zufolge juristisch zu verstehen. Er bedeutet, dass die Dokumente zu den Arzneimittellieferungen falsche Angaben erhielten und der Vertriebsweg nicht nachvollziehbar war.
Vorgänge vom rbb aufgedeckt
Die Vorgänge waren seinerzeit vom ARD-Politikmagazin Kontraste des rbb aufgedeckt worden. 2018 musste die damalige Brandenburger Gesundheitsministerin Golze wegen des Medikamentenskandals zurücktreten, weil das ihr unterstellte Landesgesundheitsamt trotz frühzeitiger Hinweise auf die Vorfälle nicht rechtzeitig reagiert hatte.
Seit 2019 darf das Unternehmen Lunapharm keine Arzneimittel mehr herstellen oder damit handeln. Ein entsprechendes Verbot hatte das Landesgesundheitsamt als Reaktion auf den Medikamentenskandal erlassen. Ebenso hatte der Skandal Auswirkungen für die Branche im gesamten Bundesgebiet. Nach einer deutlichen Verschärfung der Arzneimittelgesetze haben unter anderem die Bundesbehörden mehr Rechte, um den Vertrieb zu überwachen.
Urteil dicht an Forderungen der Staatsanwaltschaft
Die Geschäftsführerin nahm das Urteil am Mittwoch äußerlich gefasst auf. Sie schüttelte zwar immer wieder den Kopf, blieb aber verhältnismäßig gelassen und machte sich gelegentlich Notizen.
Mit einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten bewegt sich das Urteil recht dicht an den Forderungen der Staatsanwaltschaft, die im Schlussplädoyer drei Jahre und zehn Monate gefordert hatte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
![Audio: rbb24 Inforadio | 11.10.2023 | Lisa Steger | dpa-Bildfunk/Soeren Stache Die angeklagte Geschäftsführerin der Lunapharm Deutschland GmbH (M) kommt am 11.10.2023 im Potsdamer Landgericht zum Prozess. (Quelle: dpa-Bildfunk/Soeren Stache)](https://images.tagesschau.de/image/9ee2854f-1499-4cfb-a256-a54b07bd3727/AAABlLHpoU8/AAABkZLngyM/1x1-256/rbb-audio-rbb24-inforadio-11-10-2023-lisa-steger-100.jpg)
Hintermann soll womöglich gesondert verfolgt werden
Der Prozess hatte bereits im Oktober 2023 begonnen. Neben der Geschäftsführerin war ein Rechtsanwalt aus Hessen wegen Beihilfe angeklagt. Dieser wurde nun zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 120 Euro verurteilt.
Der dritte Angeklagte - der Geschäftspartner der Frau - hatte mit einem Attest belegen wollen, dass er nicht verhandlungsfähig sei und war bei dem Prozess nicht erschienen. Ein Verfahren gegen ihn wird womöglich in Zukunft noch einmal getrennt aufgerollt werden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 29.01.2025, 14:40 Uhr