Brandenburg Berlin Wer im Ausland lebt, muss schnell wählen
Für die voraussichtlichen Neuwahlen im Februar werden Fristen wohl verkürzt. Für die Briefwahl bleibt weniger Zeit - wegen langer Postlaufzeiten eine Herausforderung für Auslandsdeutsche. Ihre Situation bessert sich mit dieser Wahl nur leicht. Von Julian von Bülow
Wegen knapper Fristen bleibt Auslandsdeutschen voraussichtlich nur ein knappes Zeitfenster, um an der Bundestagswahl teilzunehmen. Dreizehn Tage haben sie, um Briefwahlunterlagen zu erhalten, zwei Kreuzchen zu setzen und die Papiere zurück nach Deutschland zu schicken. Wer sich nicht bemüht, beeilt oder zuzahlt, könnte wegen langer Postlaufzeiten seine Stimme verlieren. Damit wäre der Grundsatz allgemeiner und gleicher Wahlen für sie infrage gestellt. Doch erstmals muss ein Großteil der Auslandsdeutschen einen Teil der Wahlbürokratie nicht mehr postalisch erledigen.
Nachdem der Bundestag Kanzler Olaf Scholz (SPD) das Vertrauen versagte, liegt es nun an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD), einen Termin für Neuwahlen anzusetzen. Er kündigte an, seine Entscheidung am 27. Dezember öffentlich zu machen. Der wahrscheinlichste Wahltermin ist damit der 23. Februar. Ausgehend davon hat das Bundesinnenministerium einen Entwurf vorgelegt, um einige Wahlfristen zu verkürzen. So soll möglichst schnell die Arbeitsfähigkeit des Parlaments gewährleistet werden. Auch die Bundeswahlleiterin, Ruth Brand, rechnet derzeit mit dem 23. Februar als Wahltermin [bundeswahlleiterin.de]. Bleibt es dabei, gelten die nachfolgenden Fristen.
Enge Fristen für die Bundestagswahl 2025
Die Fristverkürzung kommt den Parteien teils entgegen, weil sie so etwas mehr Vorlauf haben, bis die endgültigen Kandidatenlisten eingereicht werden müssen. Doch schon die regulären Fristen seien laut Auswärtigem Amt schwierig: "Aufgrund der gesetzlichen Fristen steht schon bei nicht vorgezogenen Wahlen die Stimmabgabe im Ausland wegen langer Postlaufzeiten und sehr unterschiedlichen lokalen Gegebenheiten vor Herausforderungen."
Angenommen, der fiktive Auslandsdeutsche Max Krawuppke lebt in Brasilien. Damit er bei der Bundestagswahl abstimmen kann, muss er im Wählerverzeichnis stehen. Inländer werden über die Meldebehörden automatisch darin aufgenommen, aber Auslandsdeutsche müssen erst einen Antrag stellen. Das geht schon jetzt und bis einschließlich 2. Februar. Das muss Krawuppke in der Gemeinde tun, in der er in der Bundesrepublik zuletzt gemeldet war.
Wie das Auswärtige Amt auf rbb|24-Anfrage mitteilte, sei es für die mögliche vorgezogene Bundestagswahl 2025 nun erstmals möglich, das Antragsformular digital einzureichen. Zuvor musste Krawuppke das Antragsformular im Original nach Deutschland schicken. Fax und E-Mail waren dabei laut Wahlrechtskommission des Bundestages keine Option. Wer seit er 14 Jahre alt ist, nicht mindestens drei Monate in Deutschland gewohnt hat oder das länger als 25 Jahre her ist, muss aber dennoch zur Post, um ein papierernes Antragsformular zu versenden.
Dreizehn Tage für Briefwahl
Wird dem Antrag stattgegeben, werden die Briefwahlunterlagen - wieder per Post - an Krawuppke in Brasilien zugeschickt. Am 28.01. ist der letzte Tag, an dem Beschwerden wegen Zulassung oder Zurückweisung von Kandidaten(-listen) eingehen können. Bis zum 31.01. muss darüber spätestens entschieden werden. Erst dann kann mit dem Druck von Wahlzetteln begonnen werden. Die Stimmzettel werden bundesweit ab dem 10. Februar versandt, wie ein Sprecher des Berliner Landeswahlleiters, Stephan Bröchler, rbb|24 mitteilte. Der Versand ins Ausland werde dabei priorisiert. Ähnlich äußerte sich der Brandenburgische Landeswahlleiter, Josef Nußbaum.
Somit bleiben dreizehn Tage, damit die Briefwahlunterlagen von Deutschland in die Welt gehen und von dort wieder zurück kommen müssen. Was bis zum 23. Februar um 18 Uhr nicht bei der zuständigen Briefwahlstelle eingegangen ist, wird nicht gezählt.
Per Luftpost ins Ausland
Die langen Postlaufzeiten bedrohen das Wahlrecht der Auslandsdeutschen. Die Deutsche Post gibt an, dass es 10 bis 17 Werktage dauern kann, bis ein Brief aus Deutschland in Brasilien zugestellt wurde. Für Aserbaidschan gelten 10 bis 15 Tage, Australien 10 bis 14 Tage, Griechenland 6 bis 8 Tage und für die Türkei 6 bis 10 Tage. Bis die Krawuppkes dieser Welt ihre Wahlzettel in den Händen halten, kann es also dauern - ebenso bis das Wahlamt die Unterlagen zurückbekommt. Laut Berliner Wahlleiter Bröchler werde die Deutsche Post die Briefwahlsendungen per Luftpost befördern. Doch im Zielland werde die dann an die inländische Post übergeben.
Diplomatenpost und private Kuriere als "Wahlhelfer"
Die Deutsche Vertretung in Uruguay [montevideo.diplo.de] warnt auf ihrer Webseite vor der langen Postlaufzeit im Gastland.
Deshalb bieten einige Deutsche Vertretungen im Ausland an, dass die Wahlunterlagen zwischen Antragssteller und Wahlamt in Deutschland zum Teil per Diplomatenpost zugestellt werden, etwa in Uruguay und Brasilien [brasil.diplo.de]. Das Auswärtige Amt teilt zudem auf rbb|24-Anfrage mit, es werde Sonderkuriere sowie "Express-Sonderschnellbriefe" für die Übersendung der Wahlunterlagen an und von den Auslandsvertretungen einsetzen, um soweit als möglich den rechtzeitigen Eingang der Wahlunterlagen zu unterstützen.
Die deutsche Botschaft in Brasilien warnt: "Möglicherweise werden zwischen dem Eintreffen der Briefwahlunterlagen und dem Wahltermin nur wenige Tage liegen." Dann müsse man notfalls sehr kurzfristig in der Botschaft oder dem Konsulat erscheinen, um die Kreuzchen zu setzen und den Rückversand in die Wege zu leiten.
Eine weitere Option sei, private Kurierdienste wie FedEx oder DHL nutzen.
in Wählerverzeichnis eingetragene Deutsche im Ausland
Zahl der Auslandsdeutschen unbekannt
Wie viele Auslandsdeutsche es genau gibt, ist nicht bekannt. Sie unterliegen keiner Meldepflicht wie Inländer, daher sind sie nicht auf dem Radar der Behörden. Deshalb können die Auslandsdeutschen, die nicht an der Wahl teilnahmen, obwohl sie dazu theoretisch in der Lage waren, im Wahlergebnis nicht als Nichtwähler ausgewiesen werden.
Bei der letzten Bundestagswahl 2021 stellten rund 129.000 Menschen einen Antrag für das Wahlverzeichnis [PDF, S. 37, bundeswahlleiterin.de]. Aus EU-Staaten kamen knapp 60.000 Anträge, aus Afrika rund 1.500, aus Amerika rund 10.600 und circa 5.300 aus Asien. Die weiteren Anträge stammen aus übrigen Staaten Europas, wie etwa der Schweiz, Albanien oder der Ukraine.
Weitere Informationen zur Bundestagswahl als Auslandsdeutsche(r) gibt es auf der Webseite der Bundeswahlleiterin.