Blick von der Straße auf mehrere beschädigte Hochhaus-Balkone.

Bremen Maroder Wohnblock in Bremer City: Stadt sperrt 100 Balkone

Stand: 07.01.2025 20:45 Uhr

Das Hochhaus an der Discomeile ist derart marode, dass die Bauaufsicht die Balkone bis auf Weiteres sperren ließ. In dem Gebäude am Rembertiring leben mehr als hundert Menschen.

Von Sebastian Manz

Der Eigentümer der Immobilie wurde zudem verpflichtet, Teile des Hauses mit einem Bauzaun abzuschirmen, um Passanten vor möglicherweise herabfallenden Fassadenteilen zu schützen. Denn an der Gebäudefront sind mehrere, teils metergroße Abrisse der Verkleidung erkennbar. Auch der Putz hat sich an zahlreichen Stellen gelöst.

Bewohner berichten davon, dass Unwetter in den vergangenen Jahren immer wieder Bauteile losgerissen hätten. Diese seien teilweise Dutzende Meter in die Tiefe gestürzt. Im August hatte die Baubehörde schließlich eingegriffen und die Sperrungen veranlasst.

Die akute Gefahr vor Ort wurde durch Zwangsmaßnahmen temporär beseitigt.
(Ein Sprecher der Baubehörde)

Mieter beklagen Probleme bei Strom und Heizung

Blick aus der Vogelperspektive auf ein Hochhaus am Bremer Breitenweg.

Die Immobilie an der Discomeile gehört dem Schweizer Unternehmen Peach Property.

Für die baupolitische Sprecherin der Bremer Linken, Sofia Leonidakis, ist die Situation rund um das Gebäude damit aber noch nicht im Lot. "Die Baubehörde hat nach der ersten Beschwerde relativ schnell reagiert. Passiert ist dann aber seitens der Eigentümer relativ lange nichts", kritisiert die Politikerin. So seien etwa die Balkone nur sehr zögerlich abgeriegelt worden. Erst ein behördlich verordnetes Zwangsgeld habe Bewegung gebracht.

Zudem sei das Gebäude nach wie vor in keinem guten Zustand. Das bestätigen gegenüber buten un binnen auch zahlreiche Mieterinnen und Mieter des Hauses. Sie berichten von einem immer wieder defekten Fahrstuhl in dem zehnstöckigen Gebäude, einer störungsanfälligen Stromversorgung oder ausgefallenen Heizungen. Die Hausverwaltung reagiere oft monatelang nicht auf entsprechende Hinweise.

Immobilie gehört einer Schweizer Firma

Viele Mieter klagen außerdem über untragbare Zustände in Fluren und Treppenhäusern des Gebäudes. Drogenabhängige quartierten sich dort häufig ein und hinterließen Müll, Drogenbestecke und Fäkalien.

Ein Mann spricht während eines Interviews mit einem Reporter.

Norman Werner erachtet die Miete für seine Wohnung angesichts der Zustände als zu hoch.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sei auch die Höhe der Miete alles andere als angemessen, beklagen viele Bewohner. "Meine Wohnfläche sind 37 Quadratmeter und ich bezahle 690 Euro — das ist viel, aber daran kann man wohl nichts ändern", sagt etwa Norman Werner, der nach eigenen Angaben seit einem halben Jahr in dem Gebäude lebt.

Linken-Politikerin Sofia Leonidakis hält die Miete für Wucher und will überprüfen lassen, ob es dagegen rechtliche Handhabe gibt.

Eigentümer der Immobilie ist das Schweizer Immobilienunternehmen Peach Property. Die in Zürich ansässige Gesellschaft lässt auf Anfrage mitteilen, dass man sich an den üblichen Mieten orientiere.

Baubehörde setzt auf Kooperation des Eigentümers

Auf einem Balkon hat sich Moos breitgemacht.

Nicht nur die Balkone sind in einem offensichtlich schlechten Zustand.

Zum Zustand des Gebäudes erklärt Peach Property, dass bereits ein großer Sanierungsbedarf geherrscht habe, als man das Gebäude vor wenigen Jahren erworben habe. "Wir arbeiten intensiv daran, die Situation vor Ort zu verbessern — leider gehen diese Veränderungen nicht über Nacht", schreibt ein Sprecher. Das Unternehmen wolle einen siebenstelligen Betrag in Fassadensanierung stecken. Einen konkreten Zeitplan nennt das Unternehmen allerdings nicht.

Die Linke hält das für eine Hinhaltetaktik und fordert, eine Enteignung zu prüfen. Die SPD-geführte Baubehörde dagegen setzt darauf, dass der Eigentümer der Problemimmobilie seine Versprechen hält. Die Bauaufsichtsbehörde arbeite seit 2022 mit Peach Property aktiv an einer nachhaltigen Lösung.

Das Bremische Wohnungsaufsichtsgesetz und das Wohnraumschutzgesetz
Das Bremische Wohnungsaufsichtsgesetz gilt in Bremen und in Bremerhaven. Es soll Mieter schützen, deren Wohnungen vom Vermieter nicht richtig in Stand gehalten werden. Zwar gibt es dieses Gesetz schon lange in Bremen, die Bremische Bürgerschaft hat es aber Ende April um zwei wesentliche Aspekte erweitert. Zum einen kann die Stadt jetzt, wenn ein Vermieter seinen Pflichten nicht nachkommt, einen Treuhänder (einen Zwangsverwalter) einsetzen, der die Aufgaben des Vermieters übernimmt. Dazu kann es beispielsweise kommen, wenn ein Vermieter Zahlungen der Mieter über Heizkosten nicht an den Versorger weiterleitet und dieser in der Folge die Heizung abzustellen droht. Zum anderen verpflichtet das Gesetz in seiner neuen Fassung Energie- und Wasserversorger, das Ordnungsamt zu informieren, ehe es Mietern eine Sperre ankündigt. Auf diese Weise kann das Ordnungsamt Energiesperren verhindern, indem es einen Treuhänder einsetzt. Das Bremische Wohnraumschutzgesetz gilt ausschließlich in der Stadt Bremen. Es ist im Juli 2021 in Kraft getreten und besagt im Kern, dass Wohnungen nicht länger als sechs Monate leerstehen dürfen, andernfalls droht dem Eigentümer eine Geldbuße. Vor dem Hintergrund des Wohnungsmangels soll es Leerständen entgegenwirken und außerdem verhindern, dass Wohnungen etwa als Büroräume oder Ferienwohnungen zweckentfremdet werden.

Dieses Thema im Programm:
Buten un binnen, 7. Januar 2025, 19:30 Uhr