Bremen Bremen streicht Arbeitsförder-Projekte wegen fehlender EU-Gelder
Bremen hat seine Mittel für Arbeitsförderung aus dem Topf des Europäischen Sozialfonds ESF weitgehend ausgegeben. Die zuständige Senatorin rechtfertigt nun das Vorgehen.
Worum geht es?
Bremen bekommt aus dem ESF-Programm für die Jahre 2021 bis 2027 insgesamt 60 Millionen Euro, muss allerdings noch 90 Millionen drauflegen. Mit den Geldern finanziert Bremen Projekte in der Arbeitsförderung.
Dem Vernehmen nach ist das meiste Geld davon schon ausgegeben: Auch für teure und langlaufende Projekte, die in Pandemie-Zeiten angeschoben wurden. Mit den Finanz-Problemen des Bremer Jobcenters im Sommer hat das Ganze übrigens nichts zu tun. Weil aber erhoffte Millionen aus einem anderen ESF-Topf jetzt ausgefallen sind, hat sich die Finanzlage nochmals verschärft.
Schon im August hatte das Bremer Arbeitsressort 14 Millionen Euro im Vorgriff auf das Jahr 2025 nehmen müssen, um die bremischen ESF-Programme erstmal weiter zu finanzieren. Das geht aus einer Vorlage der Arbeitsdeputation hervor.
Welche Projekte sind jetzt betroffen?
Von rund 50 Projekten, deren Finanzierung mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds nur bis zum Monatsende gesichert war, läuft wohl eine niedrige zweistellige Zahl aus.
Unter anderem sollen jetzt wegfallen: Deutschkurse für Flüchtlinge, Bewerbungstrainings für Behinderte, eine Mütterberatung und eine Alphabetisierungsinitiative.
Vielen weiteren Einrichtungen wurde vom Bremer Arbeitsressort mitgeteilt, dass sie im nächsten Jahr mit weniger Geld auskommen müssen. Manche bekommen dann dem Vernehmen nach nicht mal halb so viel wie bisher.
Der Dachverband der Träger – der Verbund beschäftigungspolitischer Dienstleister in Bremen (VaDiB) – fürchtet nun, dass einzelne Träger wegen der Kurzfristigkeit der Behördenentscheidung Insolvenz anmelden müssen. Weil sie z.B. Kündigungen nicht mehr rechtzeitig aussprechen konnten. Oder weil Verträge nicht auf die Schnelle beendet werden können. Auf lange Sicht könnten laut VaDiB mehr als 200 Stellen bei Beschäftigungsträgern in Gefahr sein. Häufig sind das Jobs zur Eingliederung ins Berufsleben wie Hausmeister, Küchenhilfen in Kantinen oder Helfer in Lagern und beim Recycling. Damit wären nicht nur die Strukturen der Projektträger betroffen. Sondern vor allem Jobs von Menschen in schwierigen Lebenslagen, denen man eigentlich den Weg in Arbeitsleben und Beruf erleichtern will.
Wie reagieren die betroffenen Träger?
Viele Beschäftigungsinitiativen in Bremen und Bremerhaven wurden von den Kürzungen eiskalt erwischt. Denn erst im Dezember hatte das Arbeitsressort den Projekten mitgeteilt, dass deren Arbeit nicht weiter gefördert wird oder Mittel fürs nächste Jahr gekürzt werden. Weil die Behörde erst so spät offenbarte, dass das Geld aus dem ESF-Topf quasi alle ist, konnten die Träger wirtschaftlich nicht mehr reagieren, kritisiert VaDiB.
Betroffene sprechen von Chaos und Durcheinander. Viele Träger sind wütend, dass die Behörde erst so spät Bescheid gesagt hat, dass Projekte enden oder gekürzt werden. In den vergangenen Jahren war es üblich, dass befristete ESF-Programme meist verlängert wurden. Diesmal ist nicht genug Geld da. Auch deswegen, weil Bremen aus dem Topf schon so viel ausgegeben hat. So fehlen jetzt Mittel für viele Maßnahmen, die hilfsbedürftige oder benachteiligte Menschen in Arbeit und Beruf bringen sollen.
Viele Träger sind wütend, dass die Behörde erst so spät Bescheid gesagt hat, dass Projekte enden oder gekürzt werden. Betroffene sprechen von "Chaos", "Durcheinander" und vor allem einem "Vertrauensbruch" der Behörden. In den vergangenen Jahren war es nämlich üblich, dass ESF-Programme meist verlängert wurden – auch wenn sie formal befristet waren. Diesmal ist aber nicht genug Geld da. So fehlen jetzt Mittel für viele Maßnahmen, die hilfsbedürftige oder benachteiligte Menschen in Arbeit und Beruf bringen sollen.
Warum ist der Topf mit ESF-Geldern leer?
Arbeitssenatorin Claudia Schilling möchte den betroffenen Projekten dennoch viel Sicherheit geben.
Eigentlich sollte das Geld aus dem Europäischen Sozialfonds bis 2027 reichen. Dass ein Großteil der Mittel schon ausgegeben ist, liegt laut Bremens Arbeitssenatorin Claudia Schilling (SPD) an der Corona-Pandemie. Damals – so die Erklärung des Arbeitsressorts – sei man früh große finanzielle Verpflichtungen bei den Geldern aus dem ESF eingegangen, die sich auf die übrige Laufzeit der Förderperiode auswirken.
Zum Beispiel habe man Ausbildungsverbünde in Bremen ins Leben gerufen, um die Herausforderungen für Auszubildende und Betriebe während der Pandemie abzufedern. Grundsätzlich, sagt Arbeitssenatorin Schilling, bleibe aber das Ziel, wichtigen sozial- und arbeitspolitischen Projekten möglichst viel Sicherheit zu geben.
Wie reagiert die Politik?
"Für die Betroffenen ist das ein Desaster", sagt die CDU-Sozialpolitikerin Sigrid Grönert. Denn gerade Projekte, die den Schwächsten in der Gesellschaft helfen sollten, würden gestrichen. Grönert fordert eine Überprüfung der Prioritäten im Bremer Haushalt.
Sofia Leonidakis von der Linken spricht von einer bitteren Nachricht für Träger und Betroffene. Es müsse schnell Klarheit her, wie die langfristigen Auswirkungen der fehlenden ESF-Mittel sein werden und ob es andere Fördermöglichkeiten für die Projekte gebe.
Dieses Thema im Programm:
Bremen Eins, Rundschau am Mittag, 19. Dezember 2024, 12 Uhr