Bremen Haben Sie es beim Kirchenasyl übertrieben, Frau Wendorf-von Blumröder?
Die Superintendentin der Evangelischen Kirchen in Bremerhaven spricht mit Felix Krömer über das Kirchenasyl. Und sie verrät, was sie für ihre Weihnachtspredigten plant.
Bremen ist spitze beim Kirchenasyl: In keinem anderen Bundesland wird es so häufig gewährt. Rund zehn Prozent der Fälle in ganz Deutschland spielen bislang hier. Ein Grund: Die evangelisch-lutherische Kirche in Bremerhaven mischt bei diesem Thema aktiv mit.
Dies hat jüngst sogar zum Streit zwischen Landesregierung und der Evangelischen Kirchen in Bremen geführt. Zwar wurde dieser Streit nun vorerst bis Ende Januar beigelegt. Im Grundsatz unterscheiden sich die Sichtweisen jedoch weiterhin.
Dies wird im Gespräch deutlich, dass Felix Krömer und Susanne Wendorf-von Blumröder, Superintendentin der Evangelischen Kirchen in Bremerhaven, kurz vor der Einigung geführt haben. Dies sind die wichtigsten Passagen.
1. Wieviel Fälle von Kirchenasyl gibt es?
Die offiziellen Zahlen zum gewährten Kirchenasyl schwanken. Wieviele es genau sind, will Felix Krömer ab Minute 2:39 wissen. Ganz einfach ist die Antwort nicht, wie ihm Susanne Wendorff-von Blumröder daraufhin erklärt. Auch zur vergleichsweise hohen Anzahl an Anfragen verrät die Superintendentin Zahlen. Und sagt zur bisherigen Situation: "Es war wirklich zuviel."
2. Wo kommen die Menschen her?
Warum so viele Menschen extra nach Bremerhaven kämen, um Kirchenasyl zu beantragen, fragt Krömer ab Minute 4:05. Viele stammten aus einem Dorf in Syrien, sagt die Superintendentin. Die Frage Krömers, ob Bremerhaven sich da "einen Ruf erarbeitet" habe, bejaht sie. Auch auf die Bundesländer, aus denen die Flüchtlinge nach Bremerhaven kommen, geht sie ein.
3. Warum geben gerade Bremerhavener Gemeinden Asyl?
In Bremerhaven haben sich vier der Gemeinden des Kirchenkreises Bremerhaven und die evangelisch-reformierte Gemeinde Bremerhaven zusammengetan, um Kirchenasyl zu gewähren. Die anderen Gemeinden in Bremerhaven tun dies nicht.
Auch bundesweit wird Kirchenasyl vergleichsweise selten gewährt. Warum das so ist, will Felix Krömer ab Minute 5:09 wissen. Susanne Wendorf-von Blumröder betont, dass bei diesen Entscheidungen immer "der einzelne Mensch" im Mittelpunkt stehe. Und sie betont, dass sie nicht glaube, dass massenweise Abschiebungen die Lösung seien.
"Vielleicht könnte man auch andere Lösung finden", sagt sie. Lösungen zum Beispiel, die mehr auf Integrationsmaßnahmen setzten.
4. Betreibt die Kirche Asylpolitik?
Nachdem Susanne Wendorf-von Blumröder noch einmal betont hat, dass die Kirche bei Asylfragen auch ein "Wächteramt" übernehme, hakt der Moderator ab Minute 9:08 nach. Denn ein Vorwurf sei, dass, selbst wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aufgrund dieser Wächterfunktion der Kirche noch einmal genauer hingeguckt hat, die Entscheidung trotzdem nicht akzeptiert werde.
Flüchtlinge liegen auf Matratzen in einer Kirche. (Symbolbild)
Woraufhin die Superintendentin darauf hinweist, dass durchaus auch solche vom BAMF zurückgewiesenen Fälle akzeptiert würden. Hier vertiefen sich beide Gesprächspartner auch noch einmal in Details zum Verlauf eines typischen Asylantrags und zum Zusammenspiel von Kirchen und BAMF.
Das Thema der "Wächterfunktion" wird im Interview im Übrigen wiederholt aufgegriffen. Unter anderem auch noch einmal in Minute 22:47, wo Felix Krömer den Umgang der Kirche am jüngsten Fall eines Somaliers kritisch hinterfragt.
5. Wie überprüft die Kirche selbst die Faktenlage?
Die Grundlage für ein Kirchenasyl seien Gespräche, sagt Susanne Wendorf-von Blumröder. Wie auf dieser Basis die Überprüfung von mitgeteilten Fakten funktioniere, will Felix Krömer daraufhin ab Minute 12:43 wissen. "Wir verlassen uns da einfach auf unsere Kenntnisse, wenn wir Lebensgeschichten hören", sagt die Superintendentin. Ob das nicht "naiv" sei, will der Moderator daraufhin wissen. Woraufhin ihm Wendorf-von Blumröder noch einmal ihren Standpunkt aus der Perspektive ihres Glaubens erläutert.
6. Wann wird ein Fall zum Härtefall?
Ab Minute 15:01 zitiert der Moderator Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte, der angesichts der Zahl von rund 100 Fällen nicht mehr von Einzelfällen sprechen mag. Dem jedoch widerspricht die Kirchenvertreterin. "Es sind einzelne Schicksale, die begutachtet und gehört werden", sagt sie. Auf Nachfrage erklärt sie dann noch einmal, wann die Kirche besonders häufig Härtefälle anerkenne.
7. Wen vertritt die evangelische Kirche noch?
Einen Themenschwenk nimmt Felix Krömer zum Ende des Talks vor, wobei der Moderator seinen Talk-Gast auf die schrumpfenden Mitgliederzahlen der Kirche anspricht. So vertrete die evangelische Kirche nur noch rund ein Viertel der Bevölkerung. Wie die Evangelischen Kirchen in Bremerhaven damit umgehen, erklärt ihm die Superintendentin ab Minute 30:06.
Sie spricht von rund tausend Mitgliedern im Jahr weniger, die jeweils hälftig durch Austritte und die "demografische Entwicklung" zustande kämen. Rund 35.000 Mitglieder seien es derzeit noch. Auch die Entwicklung seit den 1960er Jahren spricht sie an – und wie sie damit umgeht.
8. Was macht eine moderne Kirche aus?
Auch die Gründe für Kirchenaustritte und Mitgliederschwund spricht Felix Krömer an. Susanne Wendorf-von Blumröder nennt ab Minute 32:56 die Ursachen aus Ihrer Perspektive.
Außerdem erläutert sie, was ihre Kirchengemeinden tun, um modern und relevant zu bleiben. Dies reiche von Sommerfreizeitaktivitäten für Jugendliche bis zum Auftritt in den sozialen Medien. "Es reicht heute nicht mehr, zu sagen, wir machen Sonntagmorgen den Gottesdienst, kommt her", sagt sie.
9. Warum müssen die Gemeinden Kirchen verkaufen?
Lukas-Kirche in Leherheide, Matthäus-Kirche in Geestemünde, Martin-Luther-Kirche in Wulsdorf – Felix Krömer zählt gleich mehrere Kirchen in Bremerhaven auf, die inzwischen verkauft worden sind. Welche Gründe dahinterstecken, wie sie heute genutzt werden und was das für die Gemeinden, Mitglieder und sie selbst bedeutet, erzählt ihm Susanne Wendorf-von Blumröder ab Minute 34:52. Wichtig ist ihr, zu betonen: "Wir geben die Steine auf, wir geben aber nicht unseren Glauben auf."
10. Was ist Weihnachten wichtig?
Zum Abschluss des Gesprächs möchte der Moderator von Susanne Wendorf-von Blumröder noch wissen, was sie den Menschen so kurz vor Weihnachten mit auf den Weg geben wolle. Seine Gesprächspartnerin gibt ihm daraufhin ab Minute 38:50 einen kleinen Einblick in die Vorbereitung ihrer diesjährigen Weihnachtspredigten.
Dieses Thema im Programm:
buten un binnen, 21. Dezember 2024, 19:30 Uhr