Ein Mann von einem Sicherheitsdienst steht im Freibad an einer Wasserrutsche.

Bremen "Ton ist rauer geworden": Wieso Sicherheitsdienste so gefragt sind

Stand: 24.07.2024 06:35 Uhr

Sicherheitsdienste sind gefragt wie nie zuvor, auch in Bremen. Die Branche erzielt Rekordumsätze, gibt den Menschen das Gefühl von Sicherheit. Aber warum ist das nötig?

Von Alexander Schnackenburg

Ob in der Notaufnahme, im Einkaufszentrum, im Schwimmbad, beim Fußball oder beim Konzert: Sicherheitskräfte sieht man inzwischen fast überall. Sie gehören zum Stadtbild Bremens und Bremerhavens ebenso wie in fast allen deutschen Städten. Auch die Zahlen des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft (BDSW) belegen: Die Branche boomt. So haben sich die jährlichen Umsätze der Wach- und Sicherheitsdienste sowie der Detekteien von 2014 bis 2023 mehr als verdoppelt: auf 13,4 Milliarden Euro. Das steckt dahinter:

Wachstum der Wach- und Sicherheitsdienste sowie Detekteien in Deutschland

Weshalb ist die Nachfrage nach Sicherheitsdiensten gestiegen?

Ein wesentlicher Grund dafür, den auch Sicherheitsdienste immer wieder anführen, lässt sich im ARD-Deutschlandtrend vom Juli 2024 ablesen. Darin heißt es: "(…) gestiegen ist auch das subjektive Unsicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger. Nach 23 Prozent vor sieben Jahren signalisieren mittlerweile 40 Prozent, sich im öffentlichen Raum unsicher zu fühlen."

Noch 2017 haben laut ARD-Deutschlandtrend drei Viertel der Bundesbürger angegeben, dass sie sich auf öffentlichen Plätzen, Straßen oder in Verkehrsmitteln sicher fühlen. Das gilt heute nur noch für etwa die Hälfte der Befragten. Insbesondere vor verbalen Attacken und Diebstählen hätten die Leute Angst, heißt es im ARD-Deutschlandtrend weiter.

Worauf lässt sich die gestiegene Nachfrage nach Sicherheitskräften außerdem zurückführen?

Berthold Stoppelkamp, Geschäftsführer des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft, betont, dass die privaten Sicherheitsdienste seit 2016 viele Sicherheitskräfte zum Schutz von Flüchtlingsunterkünften abstellten, meist im Auftrag der Kommunen oder anderer öffentlicher Auftraggeber. Stoppelkamps Kollegin Cornelia Okpara, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Sicherheitswirtschaft Bremen, erklärt die hohe Nachfrage nach Sicherheitsdiensten zudem damit, dass sie inzwischen immer öfter Aufgaben übernähmen, die zuvor das eigene Personal der Unternehmen ausgefüllt hätten.

So hätten viele Fabriken noch vor einigen Jahren eigene Werkssicherheitsdienste beschäftigt. Inzwischen würden diese Aufgaben oft aus Kostengründen ausgelagert und externen Wachdiensten übertragen.

Beschäftigte bei Wach- und Sicherheitsdiensten sowie Detekteien in Bremen

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Man sieht auch in Bahnhöfen, Krankenhäusern und in Freibädern immer mehr Sicherheitskräfte. Woran liegt das?

"Der politische Diskurs, der Ton in der Gesellschaft insgesamt, ist rauer geworden", sagt Stoppelkamp dazu. Zugleich seien die Unsicherheit in der Bevölkerung und das Sicherheitsbedürfnis der Menschen gewachsen. Auch, weil es immer wieder zu Übergriffen komme.

Das gilt nicht zuletzt für die Schwimmbäder. Nicht nur in Bremen, sondern bundesweit setzen öffentliche Bäder inzwischen verstärkt auf private Sicherheitsdienste. Den Grund dafür beschreibt die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen in einem Konzept vom Mai dieses Jahres mit dem Titel "Sicherheit in Freibädern". Darin kritisiert die Gesellschaft Fälle aus der jüngeren Vergangenheit von "Gewalt gegen Besucher, aber auch gegen das Personal der Bäder, was teilweise über das übliche Maß jugendlicher Selbstprofilierung deutlich hinaus ging."

Die Gesellschaft empfiehlt daher: "Um insbesondere an Tagen mit hohem Besucheraufkommen den ordnungsgemäßen und sicheren Badebetrieb zu gewährleisten, ist die Unterstützung durch einen externen Sicherheitsdienst sinnvoll."

Viele Sicherheitsdienste suchen Personal. Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, wenn man für einen Sicherheitsdienst arbeiten möchte?

Der Zugang zu Berufen im Wachdienst sei sehr niedrigschwellig, betont Stoppelkamp. Allerdings gebe es, je nach konkreter Aufgabe, Unterschiede. Grundsätzlich müsse jeder, der in der Branche arbeiten wolle, nachweisen können, dass er an einer so genannten "Unterrichtung" der zuständigen Industrie- und Handelskammer teilgenommen hat. Wichtig dabei sei, dass er die deutsche Sprache zumindest auf B1-Niveau beherrscht.

Die Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven – schreibt dazu auf Ihrer Website, dass die Unterrichtung für das Bewachungspersonal etwa 40 Stunden umfasse. Zu den Themen zählen unter anderem das Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, das Bürgerliche Gesetzbuch, der Umgang mit Menschen in Gefahrensituationen sowie Deeskalationstechniken in Konfliktsituationen. Einen anschließenden Test oder eine klassische Prüfung gibt es nicht. Die Dozenten prüfen lediglich, ob die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sprachlich alles verstanden haben.

Wer aber beispielsweise auch im öffentlichen Verkehrsraum als Sicherheitskraft arbeiten möchte oder in leitender Funktion Flüchtlingsunterkünfte bewachen möchte – der muss eine Sachkundeprüfung bei der IHK ablegen. Die Sachkundeprüfung besteht aus einer schriftlichen Prüfung von 120 Minuten und einer mündlichen Prüfung von etwa 15 Minuten. Die Themen ähneln jenen der Unterrichtung. Der Schwerpunkt der mündlichen Prüfung liegt laut Handelskammer unter anderem auf dem Umgang mit Menschen.

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Dieses Thema im Programm:
Bremen Eins, Nachrichten, 24. Juli 2024, 8 Uhr