Bremen Wie eine ARD-Korrespondentin aus Bremen die Wahl in den USA erlebt
Endspurt im US-Wahlkampf: Radio Bremen-Reporterin Isabell Karras berichtet aus Washington, wie die Stimmung ist – und welche Folgen die Wahl für Bremen hat.
Die Welt schaut in diesen Tagen auf die USA – am 5. November wird dort gewählt. Für die Republikaner tritt Donald Trump an, für die Demokraten Kamala Harris – so wie ihre Politik könnten beide Kandidaten kaum unterschiedlicher sein. Das Ergebnis der Wahl wird nicht nur die Weichen für die Zukunft der USA stellen, sondern auch stark die internationale Politik beeinflussen.
Die Radio Bremen-Reporterin Isabell Karras berichtet derzeit als ARD-Korrespondentin aus den USA über die Wahl.
Isabell, wir staunen in Deutschland, was in den USA beim Wahlkampf abgeht. Wie erlebst Du als Bremerin den Wahlkampf?
Isabell Karras: Auch ich staune ehrlicherweise, für mich ist es spannend, welches Ausmaß dieser Wahlkampf annimmt. Zum Beispiel finanziell: Ich habe heute gelesen, dass die Demokraten und die Republikaner inzwischen mehr als zehn Milliarden Dollar für "campaign-ads", also allein für Wahlwerbespots, ausgegeben haben. Das sind absurde Summen, die aus deutscher und Bremer Sicht einfach unfassbar wirken.
Gleichzeitig ist es spannend zu erleben, was für eine Show aus Politik gemacht wird. Mit Wahlkampfveranstaltungen, zu denen Zehntausende Zuschauerinnen und Zuschauer kommen. Ich bin zum Beispiel Anfang der Woche bei Kamala Harris gewesen, die hier in Washington DC vor 75.000 Menschen aufgetreten ist.
Da werden Merchandising-Artikel verkauft: Harris-Mützen, Harris-T-Shirts, Harris-Tassen, – alles Mögliche bis hin zur Handtasche. So etwas haben wir von Herrn Bovenschulte auch noch nicht gesehen.
Und was ich auch sehr interessant finde, ist, wie öffentlich hier die politische Meinung vieler Leute zur Schau gestellt wird. Viele haben beispielsweise Trump- oder Harris-Schilder bei sich im Vorgarten stehen. Wenn ich Menschen gefragt habe: "Wen werdet ihr denn wählen?", dann sind die sehr bereit gewesen, ausführlich darüber zu sprechen – das kenne ich so aus Bremen auch noch nicht.
Worauf setzen die Kandidaten Donald Trump und Kamala Harris auf den letzten Metern?
Im Endspurt setzen sie besonders darauf, ihre Wählerbasis für sich zu mobilisieren. Harris versucht gleichzeitig auch noch unentschiedene und auch republikanische Wählerinnen und Wähler, denen vielleicht die Rhetorik von Donald Trump zu extrem ist, für sich zu gewinnen. Wir haben das bei dieser Veranstaltung Anfang der Woche ganz gut gesehen.
Einerseits hat sie versucht sich als Präsidentin für alle Amerikanerinnen und Amerikaner zu präsentieren, ganz unabhängig davon, wen die am Ende gewählt haben. Und sie hat eben auch gesagt, wie extrem Donald Trump aus ihrer Sicht als politischer Kandidat ist und wie die nächsten vier Jahre unter ihm in den USA aussähen.
Donald Trump und die Republikaner wiederum stellen eine andere Frage – sie fragen die Menschen: "Are you better off today than you were four years ago?" Also: Geht es euch heute tatsächlich besser als noch vor vier Jahren und vor der Biden-Harris-Regierung? Da sagen eben viele Menschen: Nein, uns geht es nicht besser. Objektiv betrachtet ist die wirtschaftliche Lage der USA zwar gut, gefühlt haben viele Menschen aber den Eindruck, sie zahlen mehr Geld, zum Beispiel für Benzin oder für Lebensmittel. Da sehen viele Donald Trump als den Kandidaten, der ihre wirtschaftliche Situation verbessern kann.
Je nachdem, wer jetzt das Rennen macht, was bekämen wir denn hier in Bremen zu spüren?
Ich glaube, in Bremen bekämen wir den Wahlausgang vor allem auf wirtschaftlicher Ebene zu spüren bekommen. Bremen ist ja traditionell eben ein Export-Standort. Wenn Donald Trump gewählt werden sollte, ist "America first" sein politischer Ansatz – also die USA kommen zuerst.
Er wird die heimische Wirtschaft in den USA schützen wollen, indem er eben hohe Einfuhrzölle ansetzt. Die hätten sicherlich auch Auswirkungen und könnten den Bremer Handel mit den USA einschränken. Unter Kamala Harris spielt das Thema Zölle sicherlich auch eine Rolle – aber mehr in Bezug auf China, weniger auf andere Länder.
Bei Trump können wir zudem davon ausgehen, dass internationale Kooperation und auch Abkommen viel weniger im Fokus ständen. Er hat beispielsweise schon angekündigt, dass er wieder aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aussteigen würde. Wir wissen auch, dass die Rolle der USA in der Nato unter Donald Trump als Präsident sicherlich eine andere sein könnte. Das sind aus meiner Sicht auch Punkte, die langfristig Auswirkungen aus Bremen haben könnten.
Wie verbringst Du als Korrespondentin denn den Wahltag?
Für mich wie für das ganze Team hier im Studio in Washington wird es besonders spannend. Ich werde nach Pennsylvania reisen, einer der entscheidenden Swing-States. Da wohnen eben sehr viele Menschen. Dementsprechend sind dort auch viele Wahlleute-Stimmen zu holen für Harris und für Trump. Es heißt: Wer Pennsylvania gewinnt, gewinnt die Wahl.
Ich bin sehr gespannt darauf von den Menschen zu hören, wie dort die Stimmung ist so kurz vor dem Wahltag. Ich werde dann in Philadelphia am Ende auch den Wahltag und die Wahlnacht verfolgen und darüber berichten.
Das Interview führte Kirsten Rademacher, aufgeschrieben hat es Jean-Pierre Fellmer.
Dieses Thema im Programm:
buten un binnen, 2. November 2024, 19:30 Uhr