Bremen Wie eine Genossenschaft die Zukunft der Kneipe Horner Eck rettet
Die Gruppe hat jetzt das Eckhaus gekauft. Zwei Jahre mussten sie dafür arbeiten, eine neue Genossenschaft gründen – und 620.000 Euro zusammensammeln.
Ein Haus kaufen – das ist der Traum von vielen jungen Menschen. Ein Traum, der oft sehr weit weg wirkt und den viele sich nicht leisten können. In Bremen ist eine Gruppe von Menschen dieses Problem anders angegangen: Es wurde eine Genossenschaft gegründet, um eine Kneipe zu kaufen. Zwei Jahre hat es gedauert, das Geld zusammenzutragen. Am Montag wurde der Vertrag unterzeichnet.
Das Haus am Eck gehört damit der Horner Eck Genossenschaft. Seit 2019 gibt es die Genossenschaft, die die Kneipe betreibt. 2022 hat sich eine neue gegründet, um das Haus zu kaufen – jetzt gibt es also die Genossenschaften “Horner Eck Kneipe” und “Horner Eck Haus”.
Seit 2022 hat die zweite Genossenschaft über 230 Genossenschaftsanteile und 70 Direktkredite gesammelt. Und somit 620.000 Euro zusammenbekommen. “580.000 Euro kostet das Haus und dann noch mit Kaufnebenkosten 620.000 Euro – und die haben wir”, sagt Leonie Schubert von der Genossenschaft.
Insgesamt stehen am Montagnachmittag fast 30 Menschen im Raum des Notariats, um bei der finalen Unterschrift dabei zu sein. Alle hören gespannt zu, wie die Notarin die letzten Zeilen vorliest. Nach der letzten Unterschrift knallen die Sektkorken, vor dem Notariat wird angestoßen. Und Joachim Großmann ist froh, endlich verkauft zu haben.
Ich habe ein sehr gutes Gefühl. Für mich ist das eine sehr große Erleichterung, dass es jetzt weiter geht und dass dieser Wechsel auch stattgefunden hat von Alt auf Jung.
(Joachim Großmann, Verkäufer des Hauses in der Horner Straße)
Weiter gefeiert wird in der Kneipe, wo der rote Teppich ausgerollt ist und der Raum mit Girlanden geschmückt. Viele der Menschen, die Geld gegeben haben, sind vor Ort, wollen mit feiern. So auch Hans Wilhelm Kaufmann, der mit seiner Frau investiert hat: “Meine Hauptmotivation war eigentlich die Idee, dass eine Genossenschaft das übernimmt und nicht ein privater Investor, der hier einen Mietskasten hinstellt. Unser Geld ist hier gut angelegt, ich freue mich, dass das klappt.”
Mehr als nur eine Kneipe
Genau darum ging es auch vielen Menschen der Genossenschaft, erklärt Kira Sackmann. Sie wünscht sich mehr solche Beispiele, bei denen sich Leute zusammentun, die alleine niemals ein Haus gekauft hätten.
Ich glaube, dass das dazu beitragen kann, diesen grausamen Immobilienmarkt, wie er nicht nur in Deutschland vorherrschend ist, umzukrempeln und ihm die Stirn zu bieten.
(Kira Sackmann, Genossin des Horner Eck Hauses)
Schon Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in der Eckkneipe Bier ausgeschenkt.
Und das Haus soll nicht nur eine Kneipe bleiben: Es werden Wohnungen ausgebaut, Künstlerförderungen sollen vergeben werden. Und natürlich soll die Kneipe bleiben. Die erste Schanklizenz gab es an dem Ort schon Anfang des 20. Jahrhunderts. So werden also alte Traditionen weitergeführt und Neues kommt dazu. Mit wie viel Engagement die Menschen dabei sind, das zeige auch die Größe der Gruppe, die im Notariat versammelt ist, sagt die Notarin Laura Adamietz.
Ich habe schon auch manchmal Beurkundungen, wo sehr viele Leute zuhören, die es betrifft. Aber dass so viele Leute zuhören, die es nicht betrifft, das ist natürlich was Neues.
(Laura Adamietz, Notarin)
Etwas Neues soll auch entstehen. Jetzt geht die Arbeit erst richtig los. Das wissen auch die beiden Vorstände Alessandra Milici und Lilja Girgensohn, die den Vertrag unterschrieben haben: "Wir haben so lange daran gearbeitet und in dem Moment, wo wir unterschreiben, dann wird aus dem Moment 'Wir machen das alles' ein 'Wir müssen das jetzt machen'." Denn mit der Unterschrift steht es dann da: Das eigene Haus.
Dieses Thema im Programm:
Bremen Zwei, Der Tag, 1. November 2024, 13:38 Uhr