Szene aus der britischen Netflix-Serie "Adolescence": Junge in weißem T-Shirt sitzt an einem Tisch

Nordrhein-Westfalen "Adolescence" – Warum die Serie nun in britischen Schulen gezeigt wird

Stand: 01.04.2025 12:15 Uhr

In einer Netflix-Serie tötet ein 13-Jähriger im Sog von Incels ein Mädchen. Was sich hinter der Incel-Bewegung verbirgt. Und warum die britische Regierung die Serie jetzt zum Unterrichtsinhalt an weiterführenden Schulen gemacht hat.

Auf Netflix sorgt die Serie "Adolescence" für einen regelrechten Hype - sie führt dort aktuell die Charts an. Es geht um ein brisantes Thema, nämlich um die Online-Radikalisierung von Jungs und jungen Männern.

Im Zentrum der Serie steht der 13-jährige Jamie Miller (Owen Cooper), der eine Mitschülerin ermordet hat - weil er sich von ihr zurückgesetzt fühlte. Als die Polizei sein Kinderzimmer stürmt, stehen seine Eltern (Stephen Graham und Christine Tremarco) hilflos und fassungslos dabei. Rückblenden zeichnen Jamies Abstieg in die sogenannte Incel-Bewegung nach.

Beim britischen Premierminister Keir Starmer hinterließ die Serie so einen Eindruck, dass die britische Regierung eine Initiative von Netflix unterstützt, die Serie gratis an weiterführenden Schulen im ganzen Land zu zeigen, damit möglichst viele sie sehen könnten. Das könne den Schülerinnen und Schülern helfen, die Auswirkungen von Frauenfeindlichkeit, Gefahren der Online-Radikalisierung und die Bedeutung gesunder Beziehungen besser zu verstehen, teilte das Büro von Starmer am Montag mit.

Die Autoren der Netflix-Serie sagten, dass die Aufnahme der Serie ins Schulprogramm ihre Erwartungen überstiegen habe. "Wir hoffen, dass es dazu führt, dass die Lehrer mit den Schülern sprechen, aber was wir wirklich hoffen ist, dass es dazu führt, dass die Schüler untereinander sprechen", so der Serienautor Jack Thorne.

Fragen und Antworten zur Incel-Bewegung, um die es in "Adolescence" geht.

Wofür steht das Wort "Incel"?

"Incel" - das Wort setzt sich aus den beiden englischen Begriffen "involuntary" und "celibate" zusammen und bedeutet soviel wie "unfreiwillig sexuell enthaltsam/zölibatär". Betroffene Männer geben Frauen die Schuld für ihr Single-Dasein, das von ihnen nicht gewollt ist. Aus Frust wird Hass gegen Frauen. In Internetforen tauschen sie Videos, Gewaltfantasien, Demütigungen und menschenverachtende Kommentare aus.

In der Gedankenwelt der Incels gibt es drei Klassen von Männern:

  • Chads oder Alphas: Das sind besonders attraktive Männer
  • Normies: sogenannte normale Männer
  • Incels: Männer, die zur sogenannten Verlierergruppe gehören

Wie ist die sogenannte Incel-Bewegung zustande gekommen?

Ursprünglich war es eine kanadische Studentin, die eine Online-Selbsthilfegruppe für schüchterne Menschen aller sexuellen Orientierungen ins Leben gerufen hatte. Als sie ausstieg, entwickelte sich das Forum als Subkultur heterosexueller Männer, die meinen, dass sie mit einem männlichen Idealbild wenig gemeinsam haben. Frauen unterstellen sie, dass diese sie aufgrund von äußerlichen Merkmalen wie "zu klein" oder "zu unmännlich" ablehnen.

Gleichzeitig vertreten Incels den Standpunkt, dass sie wegen ihres Geschlechts Anspruch auf eine Liebesbeziehung und vor allem auf Sexualität mit Frauen hätten. Sie machen Frauen nieder, um sich selbst aufzuwerten. Die Incel-Bewegung wird immer wieder mit toxischer Männlichkeit und Maskulinismus in Verbindung gebracht. Nicht selten glauben Incels, es liege am Feminismus, dass sie bei Frauen nicht ankommen. So richtet sich der Hass oft gegen die Frauen, die Incels eigentlich toll finden.

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Wie groß ist die Incel-Bewegung?

Nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung haben die größten Incel-Foren in den USA zusammen rund 60.000 Mitglieder. Die Gruppe der 18- bis 21-Jährigen mache mit rund einem Drittel den größten Anteil aus. Wie viele Männer in Deutschland sich als Incel sehen, ist unklar. Wissenschaftler haben aber herausgefunden, dass der Ton in bestimmten Foren auf der Plattform Reddit rauer wird - und auch toxischer.

Bleibt es denn zumeist bei den Gewaltfantasien oder wird die Frauenfeindlichkeit auch im realen Leben umgesetzt?

Nein, nicht immer bleibt es bei Gewaltfantasien im Netz. Ihre Frauenfeindlichkeit haben Incel-Männer schon oft in der realen Welt ausgelebt. Fachleute gehen von mehr als 50 Todesopfern allein in den USA und Kanada seit dem Jahr 2014 aus.

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