Polizistinnen auf der Deutzer Kirmes (Archivbild)
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Nordrhein-Westfalen Die Kirmes-Saison in NRW geht los: Was ist uns unsere Sicherheit wert?

Stand: 22.03.2025 09:06 Uhr

Die Frühjahrskirmes in Lage fällt aus. Die Anforderungen an die Sicherheit sind zu groß. Wie sieht's an anderen Orten in NRW aus?

Es ist eine Nachricht, die viele Menschen in Lage (Kreis Lippe) traurig gestimmt hat: In der Stadt fällt die für dieses Wochenende geplante Kirmes zum Frühjahrsmarkt aus. Grund sind die hohen Sicherheitsanforderungen, deren Kosten den Veranstaltern zu hoch waren. Gefordert waren unter anderem 30 LKW, um Zufahrtsstraßen zu versperren.

Ein Lkw sichert die Zufahrt zu einem Volksfest.

Mit Lkw sollen Zufahrten zu Volksfesten gesichert werden (Archiv).

Anstelle der Kirmes soll nun ein Frühlingsfest am verkaufsoffenen Sonntag stattfinden. Auch hier wird es Sicherheitsmaßnahmen, jedoch in kleinerer Dimension, geben: Der Marktplatz wird nach Angaben der Stadt während der Veranstaltung gegen ein Befahren mit Fahrzeugen gesichert.  

Weitere Kirmessen in NRW sollen voraussichtlich nicht ausfallen

Nach einer Umfrage des WDR unter Städten in NRW scheint die Kirmessaison in NRW insgesamt jedoch nicht in Gefahr zu sein - trotz gestiegener Kosten für die Sicherheit.

In Münster startet am Samstag der Frühjahrssend - ein großes Volksfest, zu dem 250.000 Besucher erwartet werden. Auch hier ist die Sicherheit ein großes Thema.

Wobei das Sicherheitskonzept schon seit Jahren einen Großteil der Vorbereitung einnimmt, wie der langjährige Send-Marktmeister Wolfgang Rölver dem WDR sagt. Sicherheitskonzepte müssten angepasst und mit Polizei, Ordnungsamt und Feuerwehr abgestimmt werden. Inzwischen gehe man jedoch das Thema nicht mehr so vergleichsweise unbekümmert an, wie das vielleicht früher einmal war. "Heute steckt schon viel mehr Planung darin", so Rölver.

Palmkirmes in Recklinghausen und Cranger Kirmes in Herne sollen stattfinden

Ebenso wie die Frühjahrssend in Münster geht nach derzeitigem Stand auch die für den 4. April geplante Palmkirmes in Recklinghausen wie geplant über die Bühne. Das Sicherheitskonzept sei, wie in der jüngeren Vergangenheit in anderen Städten auch, nach geschärft worden. Das betreffe etwa die Absicherung des Veranstaltungsgeländes bei gleichzeitigem Freihalten von Fluchtwegen.

Und auch bei der berühmten Cranger Kirmes in Herne, die in diesem Jahr am 31. Juli für zehn Tage startet, steht eine Absage derzeit nicht im Raum. Das Sicherheitskonzept der Cranger Kirmes werde "fortlaufend den sich ändernden Bedingungen" angepasst, hieß es von Veranstalterseite gegenüber dem WDR.

Vor allem die Absicherung des Veranstaltungsgeländes mit der mobilen Herner Truck Sperre (HTS) sei auf der Grundlage der vor Ort gesammelten Erfahrungen der Vorjahre optimiert worden. Unter dem Strich seien unlösbare Probleme bis jetzt nicht ersichtlich.

Kritik an Kosten für Schausteller

Albert Ritter ist Präsident des Deutschen Schaustellerbundes

Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes

Albert Ritter, der Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, kritisiert, dass die Kosten je nach Kommune von den Schaustellern getragen werden sollen. Terrorabwehr sei Sache der Städte und Gemeinden, weil die Kirmes-Veranstaltungen auf öffentlichem Grund stattfinden. Lobend erwähnt er die Stadt Bottrop, die für 380.000 Euro wiederverwendbare Sperren angeschafft hat. Ritter schlägt vor:

Es wäre doch eine gute Idee, wenn die Städte und Kommunen untereinander solche Dinge ausleihen könnten, dass man das gemeinschaftlich anschafft, um die Sicherheit zu garantieren.

Albert Ritter, Deutscher Schaustellerbund

Zahlen die Schausteller dafür, würden sich auch die Preise für Kirmesgäste erhöhen. Die Kosten für die Sicherheit von Volksfesten sind erheblich gestiegen: Bei der großen Cranger Kirmes in Herne zum Beispiel hätten sich die Ausgaben für Sicherheit in den letzten Jahren um einen sechsstelligen Betrag erhöht.

Auch beim Send in Münster wird groß aufgefahren: Ein Zaun, Taschenkontrollen am Eingang und Betonpöller. Hier trägt die Kosten aber die Stadt. 2023 gab es bereits einen tödlichen Messerangriff auf dem Send in Münster. Wegen diesem und diverser anderer Anschläge in der jüngeren Vergangenheit hat das Landesinnenministerium die Sicherheitsauflagen für öffentliche Veranstaltungen drastisch verschärft.

In Neuenrade fand die Frühlings-Kirmes "Gertrüdchen" bereits statt: Dort konnten in der vergangenen Woche die Sicherheitsvorgaben erfüllt werden. Die Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen trug das Stadtmarketing. Zusätzlich zu den Betonklötzen wurden die Rettungswege mit Schranken und Transportern abgesichert.

Zahlreiche Vorfälle haben Diskussionen über die Sicherheit auf Volksfesten ausgelöst

  • März 2023: Ein tödlicher Messerangriff auf dem Send in Münster. Ein 31-Jähriger gerät vor einem Fahrgeschäft in Streit mit einem 21-Jährigen - der sticht dem Mann ins Herz.
  • August 2024: Terroranschlag auf dem Stadtfest in Solingen. Drei Menschen sterben.
  • Dezember 2024: Auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg rast ein Auto in die Menschenmenge. Sechs Menschen sterben.

Unsere Quellen:

  • Interview mit Albert Ritter
  • Interview mit Wolfgang Rölver
  • Städte und Gemeinden in NRW