Nordrhein-Westfalen Zum Mord verabredet: 16-jähriger Wuppertaler zu Jugendhaft verurteilt

Stand: 28.03.2025 13:48 Uhr

Das Wuppertaler Landgericht hat einen 16 Jahre alten Jugendlichen zu zweieinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilt.

Von Antonia Rüller

Das Gericht geht davon aus, dass sich der Jugendliche im Internet radikalisiert hat. Seine Chatverläufe hatten die Richter während des Prozesse überprüft. Danach war klar, der Jugendliche wollte gemeinsam mit anderen Mordanschläge auf jüdische Einrichtungen begehen und dabei viele Menschen töten. Während des Prozesses war die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Gerichtssprecherin  Dr. Salamon-Limberg zitierte aus dem mündlichen Urteil: "Der Jugendliche ist Rattenfängern zum Opfer gefallen, die ihr Handwerk als islamistische Anwerber verstehen."

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Urteil wegen Verabredung zum Mord | Aktuelle Stunde

Nach Angaben seines Rechtsanwaltes hatte der 16-Jährige die Tat gestanden. In Zukunft wolle er besser aufpassen, mit wem er im Internet "abhängt". In der Haft nimmt der Jugendliche danach an einem Aussteigerprogramm für Islamisten teil. Seit Ende September sitzt er in Untersuchungshaft. Erste Hinweise auf den damals 15-Jährigen waren bei den Sicherheitsbehörden direkt nach dem Messeranschlag mit drei Toten in Solingen Ende August eingegangen.

Ein direkter Zusammenhang mit der Tat in Solingen konnte jedoch nicht festgestellt werden, betont die Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf. Dennoch wurde der Jugendliche damals bis zum Ende der Solinger Gedenkfeier vorläufig in Gewahrsam genommen. Ein dringender Tatverdacht ergab sich erst drei Wochen später, nachdem die Ermittler sein Handy und seine Chatverläufe ausgewertet hatten. Die Anklage lautete "Verabredung zu einem Mord".

Islamistische Radikalisierung durch soziale Medien

Die Radikalisierung junger Menschen durch soziale Netzwerke wie TikTok, Instagram und YouTube ist für die Ermittlungsbehörden kein neues Phänomen. Islamistische Influencer locken Jugendliche mit einer vermeintlich rebellischen "Gegenkultur" an, die sich durch Gangster-Rap-Elemente und Kampfsportverweise ausdrückt. In ihren Videos propagieren sie extreme Ideologien und bieten einfache Lösungen für komplexe gesellschaftliche Probleme. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) warnte bereits im Mai 2024 bei der Präsentation des "Lagebilds Islamismus", dass sich zunehmend auch Einzelpersonen "im stillen Kämmerlein" radikalisieren und der Verfassungsschutz oft "im Dunkeln" tappe.

Anwalt Yalcin Geyhan im Interview

Yalcin Geyhan, der Verteidiger des Angeklagten

Auch der Verteidiger des Angeklagten Yalcin Geyhan sieht eine große Gefahr in den sozialen Netzwerken: "Die Frage ist doch: Wie einfach wird es Kindern und Jugendlichen gemacht, von diesen Rattenfängern, diesen Extremisten, gecatcht zu werden. Sie schauen ein paar Videos - der Algorithmus sorgt dafür, dass wirklich alles ungefiltert durch die Blase vor ihrer Nase erscheinen kann. Und im Gegensatz zu Erwachsenen, deren Charakter komplett ausgebildet ist, haben diese Extremisten leichte Hand".

Zunehmende Anschlagspläne durch Minderjährige

Die Ermittlungsbehörden verzeichnen immer häufiger Anschlagspläne durch minderjährige Verdächtige. Im Juni 2024 verurteilte das Landgericht Köln einen 15-Jährigen aus Burscheid zu vier Jahren Jugendhaft. Er hatte mit einem 17-jährigen Komplizen aus Brandenburg einen LKW-Anschlag auf den Weihnachtsmarkt von Leverkusen-Opladen geplant. Ihr Ziel war es, möglichst viele Besucher zu töten, die sie als "Ungläubige" betrachteten. Das Landgericht Neuruppin verurteilte den älteren Komplizen ebenfalls zu vier Jahren Haft.

Das Landgericht Düsseldorf hat drei Jugendliche wegen Terroranschlagsplänen zu jeweils drei Jahren Jugendhaft verurteilt. Laut Urteil haben sie mit der Terrorgruppe IS sympathisiert und Anschläge auf Hauptbahnhöfe, Gerichtssäle und Polizeistationen geplant - auch in NRW. Konkret gab es demnach Pläne, letztes Jahr unter anderem Kirchen und Synagogen mit Schusswaffen und Messern zu stürmen und anschließend die Kirchen in Brand zu setzen. Ihr mutmaßlicher Komplize, ein 16-Jähriger aus Baden-Württemberg, wurde bereits Ende Februar zu zwei Jahren Jugendhaft auf Bewährung verurteilt.

Forderungen nach verstärkter Überwachung sozialer Medien

Sicherheitsbehörden und Experten fordern verstärkte Maßnahmen gegen die islamistische Radikalisierung junger Menschen im Internet. Insbesondere soziale Medien sollen stärker überwacht und extremistische Inhalte konsequenter gelöscht werden.

Anschlagsziele und Radikalisierungsgrad

Was der Jugendliche aus Wuppertal konkret geplant hatte, ob es konkrete Anschlagsziele gab und wie weit seine Planungen bereits fortgeschritten waren, ist unbekannt. Aufgrund seines Alters nennen weder die Generalstaatsanwaltschaft noch das Landgericht weitere Details.

Unsere Quellen:

  • Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf
  • Landgericht Wuppertal
  • Nachrichtenmagazin "Der Spiegel"
  • Nachrichtenagentur dpa
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