Nordrhein-Westfalen Urteil im Pélicot-Prozess: Ex-Ehemann wegen schwerer Vergewaltigung schuldig gesprochen
Der Hauptangeklagte im Missbrauchsprozess in Avignon ist wegen schwerer Vergewaltigung zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.
Gisèle Pélicot soll zwischen 2011 und 2020 von ihrem Ehemann Dominique Pélicot immer wieder mit Medikamenten betäubt und dann missbraucht worden sein. Er soll seine sedierte Fau mindestens 50 anderen Männern zur Vergewaltigung angeboten haben. Auch sie stehen vor Gericht.
"Die Scham muss die Seite wechseln"
Vor allem wegen ihres Muts vor Gericht ist Pélicot für viele in Frankreich zu einer feministischen Heldin geworden. Pélicot hatte sich für einen öffentlichen Prozess eingesetzt. Sie wollte anderen Frauen Mut machen und dass der Prozess der Gesellschaft einen Nutzen bringt. Und was daraus folgen muss, damit es nicht nochmal geschieht. Eine messbare Folge des Pélicot-Prozesses, wäre eine Gesetzesänderung. Viele fordern, dass es eine ausdrückliche Einwilligung zu Sexhandlungen qua Gesetz geben müsste. In Spanien gibt es diese „Nur ja heißt ja"-Lösung schon.
Dass Gisèle Pélicot den Opfern von Vergewaltigungen ein Gesicht geben wollte, hat ihr viele Sympathien beschert. Wenn sie morgens das Gerichtsgebäude betrat, wurde sie regelmäßig mit Applaus empfangen.
Täter oft nahestehende Personen
Der Fall zeigt auch, dass Missbrauch vor allem durch nahestehende Personen droht und nicht durch Fremde. Das betonen auch Experten in Deutschland immer wieder.
"Gewalt innerhalb von Beziehungen ist die viel größere Gefahr
Lena Löwen von der Frauenberatungsstelle Düsseldorf
Das werde aber in der Öffentlichkeit oft anders gesehen, sagt zum Beispiel Lena Löwen von der Frauenberatungsstelle Düsseldorf im Gespräch mit dem WDR.
Weißer Ring hofft auf Lerneffekte
Auch die Opferschutzorganisation Weißer Ring hofft auf Lerneffekte des Avignon-Prozesses. „Niemand muss sich schämen, Opfer einer Straftat geworden zu sein. Für Taten sind Täter verantwortlich, niemals die Opfer“, betont Geschäftsführerin Bianca Biwer. "Ich wünsche mir sehr, dass diese Erkenntnis endlich auch in Deutschland die letzten Zweifler erreicht, die immer noch meinen, die Kleidung eines Vergewaltigungsopfers oder der Trennungswunsch eines Femizidopfers hätten etwas mit dem Verbrechen zu tun."
Pélicot ist kein Einzelfall
Wie ernst und aktuell die Sorge ist, dass auch weitere Frauen unter der Gabe von Betäubungsmitteln missbraucht werden könnten, zeigt das erschütternde Ergebnis einer Recherche, die gestern bekannt wurde.
Das Rechercheteam des funk-Reportageformats STRG_F hat über ein Jahr lang Chatgruppen auf dem Messenger-Dienst Telegram beobachtet, Chatverläufe, Fotos und Videos dokumentiert. In Dutzenden Telegram-Gruppen tauschen Nutzer Anleitungen aus, wie man Menschen für sexuelle Übergriffe bis hin zu Vergewaltigungen unbemerkt betäuben kann.
In den Chats bieten sie ihre Partnerinnen anderen Nutzern zur Vergewaltigung an. Teilweise erfolgen die mutmaßlichen Vergewaltigungen in Echtzeit vor Online-Publikum.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Frauenberatungsstelle Düsseldorf
- funk-Reportageformats STRG_F